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Ausflugsziel Friedhof: Diese Ruhestätten lohnen einen Besuch

Für die einen sind sie Orte der Erinnerung, für die anderen grüne Oasen oder touristisches Ziel: Friedhöfe. Die bekanntesten sind zugleich so etwas wie das kulturelle Gedächtnis einer Stadt.
Ohlsdorfer Friedhof
Französischer Teil im Dorotheenstädtischen Friedhof
Sensemann im Melaten-Friedhof
Jüdischer Friedhof Weißensee
Pfarrkirche St. Georg in München-Bogenhausen

Friedhöfe sind nicht nur Orte der Trauer, sondern für manche auch Orte der Erholung. Deswegen klingt die Ruhestätte im Großstadtrubel auch für den ein oder anderen Touristen interessant - es muss ja nicht gleich die letzte sein. Dabei könnten Friedhöfe nicht unterschiedlicher sein - manche gleichen Parkanlagen, andere sind kaum größer als ein Fußballfeld. Fünf Beispiele aus Deutschland, die zugleich einen Spaziergang zu den Grabstätten berühmter Persönlichkeiten erlauben.

17 Kilometer Straßennetz: Ohlsdorfer Friedhof, Hamburg

Der größte Parkfriedhof der Welt ist zugleich Hamburgs größte Grünanlage. Eingeweiht wurde er 1877, gerade erst hatte wieder eine Choleraepidemie die Stadt heimgesucht.

Das, was auf ehemaligem Bauernland am Rande der Stadt nach dem Vorbild englischer Landschaftsgärten entstand, war von Beginn an viel mehr als nur ein Friedhof. Die Anlage in Ohlsdorf wurde zu einer Art Naherholungsgebiet, gerade auch für kulturinteressierte Menschen.

Und die kämen am besten mit dem Fahrrad, sagt Hedda Scherres, die für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Denn der viertgrößte Friedhof der Welt misst 389 Hektar, sein Straßennetz ist 17 Kilometer lang.

Wer also die Gräber von Loki und Helmut Schmidt, Hans Albers, Heinz Erhard, Uwe Seeler, Roger Cicero, Roger Willemsen oder Jan Vedder besuchen möchte, um nur einige zu nennen, braucht Zeit und einen guten Plan. Fast ist es, als würde man durch ein Geschichtsbuch radeln.

Auf dem Ohlsdorfer Friedhof gibt es viele Sonderanlagen: Hier ist der Althamburgische Gedächtnisfriedhof für verdiente Hansestädter, dort der Friedhof für die Revolutionsgefallenen von 1918 bis 1920. Ein Areal bleibt Widerstandskämpfern vorbehalten, ein anderes den Toten des Hamburger Feuersturms von 1943.

Und auch für die Opfer der Sturmflut von 1962 gibt es eine Ehrenanlage. Ein Tipp für Fußgänger: Die Busse der Linien 170 und 270, die im Halbstundentakt zwischen den Eingängen pendeln, halten an zentralen Punkten auf dem Friedhof.

Info: friedhof-hamburg.de

Große Namen: Dorotheenstädtischer Friedhof, Berlin

Der bekannteste Berliner Friedhof ist ein Friedhof der kurzen Wege. Es gibt nur rund 2.400 Gräber, knapp 50 davon sind «Ehrengräber» des Landes Berlin.

Vom großstädtischen Leben umtost, ruhen hier unter anderem die Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Johann Gottlieb Fichte und Herbert Marcuse, die Schriftsteller Heinrich Mann, Arnold Zweig und Anna Seghers, der Regisseur Heiner Müller, der Baumeister Karl Friedrich Schinkel und der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau.

Zwischen dem Grab des Unternehmers August Borsig und dem des Dramatikers Bertold Brecht liegen nur wenige Meter und doch Welten, was die Gestaltung betrifft. Vor dem eher schlichten Grab von Brecht versammelt sich auch internationales Publikum. Ähnlich viel Anziehungskraft hat wohl nur noch Hegel.

Ansonsten führt, wenn es um Grabstätten deutscher Geistesgrößen geht, kaum ein Weg am Historischen Friedhof Weimar vorbei, drei Autostunden von Berlin entfernt. Dort ruhen die «Dichterfürsten» Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller.

Info: berlin.de

Der mit dem Sensenmann: Melaten-Friedhof, Köln

Kölns berühmtester Friedhof ist knapp 44 Hektar oder rund 60 Fußballfelder groß. Er wurde 1810 außerhalb der Stadt angelegt, so wollten es die Franzosen unter Napoleon. Im Mittelalter gab es dort, an der Straße nach Aachen, bereits ein Heim für Leprakranke und eine Hinrichtungsstätte.

Gestaltet wurde der Friedhof von Ferdinand Franz Wallraf, der dabei den Pariser Friedhof Père Lachaise vor Augen hatte und zugleich eine Grünanlage schaffen wollte. Das ist ihm gelungen.

Nahe der «Millionenallee», wie die Ost-West-Achse im Volksmund genannt wird, liegen die teuersten Gräber, aber auch einige schlichte, etwa das der Familie Millowitsch oder das von Guido Westerwelle.

Eher in zweiter Reihe befindet sich das Grab des Schauspielers, Komikers und Moderators Dirk Bach, vielbesucht und besonders bunt. Pink sieht man auf einem Friedhof schließlich auch nicht alle Tage.

Am häufigsten fotografiert wird vermutlich eine Skulptur: der Sensenmann, der das Grab eines 1902 gestorbenen wohlhabenden Kaufmanns ziert. Auch dieses Grab wird, wie viele andere, von einem Paten gepflegt, der dadurch das Recht erwirbt, auf Melaten kostenlos bestattet zu werden.

Info: stadt-koeln.de

Bitte mit Kippa: Jüdischer Friedhof Weißensee, Berlin

«Ohne Kopfbedeckung kein Besuch», sagt ebenso freundlich wie bestimmt ein Mitarbeiter des Jüdischen Friedhofs Weißensee. Das jedenfalls gilt für Männer, für sie liegen rechts vom Eingang schwarze Kippas aus.

Weißensee ist mit rund 116.000 Grabstellen der größte noch bestehende jüdische Friedhof in Europa (der älteste ist der in Worms). Eröffnet wurde er 1880, die Mitgliederzahl der Jüdischen Gemeinde zu Berlin war nach der Reichsgründung stark angestiegen.

Im Zweiten Weltkrieg wurden zwar etliche Gräber durch Bomben zerstört oder beschädigt, der Friedhof überstand die NS-Zeit ansonsten jedoch weitgehend unbeschadet und wurde nicht, wie so viele andere, geschändet. Ein Buch, das für sechs Euro bei der Friedhofsverwaltung vor Ort erworben werden kann, erlaubt einen «Rundgang zu ausgewählten Grabstätten». Er beginnt im Eingangsbereich beim Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus.

Außerdem werden knapp 80 Grabstätten von prominenten Berlinern beschrieben, auf die meisten würde man zwischen den historischen Alleen wohl kaum zufällig stoßen. Die Gründer vertrauter Berliner Einrichtungen wie Kempinski und KaDeWe fanden hier ebenso ihre letzte Ruhestätte wie Herbert Baum, der einer Gruppe von jungen Widerstandskämpfern den Namen gab. Die Grabsteine werden bis zum heutigen Tage durchnummeriert, die «1» trägt der Grabstein von Louis Grünbaum, ein Handwerker, der sonst sicher längst vergessen wäre.

Info: berlin.de

Top-Lage ohne Pomp: Friedhof Bogenhausen, München

So etwas nennt man eine 1A-Lage: Keine 300 Meter von der Isar entfernt, am nördlichen Ende der Maximiliansanlagen, umgibt eine gut zwei Meter hohe, von Efeu bewachsene Mauer den kleinen Friedhof in München-Bogenhausen. Rings um die barocke Pfarrkirche St. Georg, die jedem bayerischen Dorf zur Ehre gereichen würde, liegen lauter gepflegte Gräber, viele mit schmiedeeisernen Kreuzen.

Es gibt keine Mausoleen, keinen Pomp, aber ganz viel Prominenz. Denn die rund 250 Grabplätze sind Verstorbenen vorbehalten, die mindestens 30 Jahre in nahen Stadtvierteln gewohnt oder aber sich besondere Verdienste um die Landeshauptstadt München und deren Kultur erworben haben.

Letztere werden von der Stadt bestimmt, eine Ehre, die unter anderem den Schriftstellern Erich Kästner und Oskar Maria Graf, den Filmemachern Rainer Werner Fassbinder und Bernd Eichinger und dem ehemaligen Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel zuteilwurde. Wobei einem Gärtner, den man zufällig bei der Pflege eines Grabes trifft, zuerst Liesl Karlstadt in den Sinn kommt, die Schauspielerin an der Seite des legendären Komikers Karl Valentin. 

Info: muenchen.de

Links, Tipps, Praktisches:

Anreise: Die beschriebenen Friedhöfe lassen sich allesamt gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Ab Hauptbahnhof sind es jeweils rund 30 bis 45 Minuten, zum Dorotheenstädtischen Friedhof sogar weniger als zehn Minuten.

Weitere Auskünfte: Hilfreich beim Erkunden von gut 50 deutschen Friedhöfen ist die Internetseite www.wo-sie-ruhen.de der Stiftung Historische Kirchhöfe und Friedhöfe in Berlin-Brandenburg. Die zugehörige App bietet von Historikern, Architekten und anderen Experten recherchierte Texte und Audioguides zu mehr als 1.400 historischen Grabstellen bedeutender Persönlichkeiten in 33 Städten.

© dpa ⁄ Wolfgang Stelljes, dpa
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