Dreckige Socken und ein Ballkleid, ein grüner Lichtkegel voller Rauch und sonst nur Schwärze: So präsentiert sich Madeline Follin auf dem Cover des neuen Cults-Albums. Passend zu der mädchenhaft-gespenstischen Atmosphäre heißt das fünfte Studioalbum des Duos «To The Ghosts». Und auch musikalisch können Fans sich auf die charakteristische Mischung aus düster-verträumtem Indie und Follins heller Stimme freuen.
Wer die Musik von Follins und Brian Oblivion hört, sieht sofort eng umschlungene Paare über die Tanzfläche wiegen, Freunde im Cabrio durch warmen Augustnächte fahren und Teenager heimlich ihre Zigarettenstummel wegschnipsen. Kein Wunder, dass die Musik von Cults als Soundkulisse für Filme wie «The Sitter» diente. Auch auf der offiziellen Spotify-Playlist «end credits» (deutsch: «Abspann») ist Cults neben Künstlerinnen wie Mitski und Suki Waterhouse vertreten.
«Emotionen schaffen, die wir fühlen wollen»
«Unbewusst haben wir unsere ganze Karriere damit verbracht, eine eigene Welt aufzubauen», sagt Oblivion in einem Interview zu dem neuen Album. «Wir versuchen einfach, die Emotion zu schaffen, die wir fühlen wollen.» Angefangen habe sie mit den ersten Ideen für «To The Ghosts» bereits während der Pandemie. Damals arbeiteten sie jeden Tag von 10 bis 17 Uhr in der Wohnung von Oblivion an ihrer Musik, ohne sich jedoch eine konkrete Deadline zu setzen.
Eine Sache haben die beiden diesmal jedoch anders gemacht als bei den vorherigen Alben. Während sie früher teilweise monatelang an Songs getüftelt haben, bevor die Vocals dazukamen, haben sie den Gesang nun in den Vordergrund gestellt.
«Dies ist das erste Album, bei dem ich das Mikrofon genommen und einfach gesungen habe, was ich fühlte», erinnert sich Follin. «Die Vocals und die Texte haben die Richtung wirklich beeinflusst, anstatt umgekehrt.»
Erwachsenwerden und Zwiebelschneiden
«Left My Keys» ist etwa ein Liebesbrief an die Unbeschwertheit der High-School-Tage. «Es geht darum, erwachsen zu werden und das Gefühl zu haben, zurückgelassen zu werden», sagt Follin. Am Ende merke man jedoch, dass man zufrieden sein kann mit dem, was man hat. «Es ist befreiend, das Gefühl loszulassen.» Ums Erwachsenwerden geht es auch in dem 5.30 Minuten langen «Hung The Moon», was vorab bereits als Single veröffentlicht worden ist.
Besonders hervorzuheben ist auch der Song «Onions», in dem Follins singt: «Ich schneide Zwiebeln, dann weine ich. Lustig, dass einem niemand sagt, warum. Wir essen seit langem Dinge, die uns verletzen können.» Oblivion kommentiert, das Duo habe entdeckt, dass es nicht immer ernst sein müsse. «Es ist der Höhepunkt von Madeline, die das Mikrofon aufnimmt und singt, was ihr durch den Kopf geht», sagt er.
Untermalt werden Lyrics wie diese von wabernden Klangschichten aus Chören, Synthesizern und prägnantem Bass. Die Songs entfalten sich Schicht für Schicht mit immer neuen Arrangements und Harmonien. Die Melodien bohren sich klebrig-süß in den Kopf und bleiben dort schnell hängen, wie etwa bei der Single-Auskopplung «Cry Baby» oder bei «Knots».
Live zu hören sind die Lieder bei der kommenden Tour, die die Band für zwei Konzerte auch nach Deutschland bringt: am 12. November in Köln und am 13. November in Berlin. Und wer weiß: Vielleicht tritt Madeline Follin ja sogar in einem Ballkleid mit dreckigen Socken auf, während sie in einem grünen Lichtkegel steht, der von der Nebelmaschine langsam mit Kunstnebel gefüllt wird.