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Fehlstart für Ukraine: «Einfach nur bei allen entschuldigen»

Die Ukrainer erleben einen EM-Auftakt voller Emotionen. Mudryk & Co. wollen ihre Landsleute daheim zumindest kurz positiv ablenken. Das misslingt. Nach dem 0:3 gegen Rumänien fallen klare Worte.
Torjubel
Nicolae Stanciu
Zweikampf
Razvan Marin
Rumänien-Fans

Als die ukrainischen Fans versuchten, ihren Fußballern Trost zu spenden, saß Stürmerstar Mychajlo Mudryk noch völlig perplex und enttäuscht auf dem Rasen.

Der 100-Millionen-Euro-Stürmer vom FC Chelsea schien den bitteren EM-Fehlstart mit dem 0:3 (0:1) gegen Rumänien nicht fassen zu können. Teamkollege Olexander Sintschenko schilderte, was er in dem Moment am Montagabend vor den eigenen Anhängern in der Münchner Arena fühlte: «Es ist peinlich, in die Augen der Fans zu schauen, die gekommen sind, um uns zu sehen. Es ist eine Schande.»

Dabei war der Auswahl aus dem kriegsgebeutelten Land schon ein unermessliches Extra-Gewicht aufgeladen worden: Sie sollte nicht nur Fußball spielen, sondern auch noch die Menschen daheim in der Ukraine von dem unfassbaren Leid ablenken, das sie durch mehr als zwei Jahre russischen Angriffskrieg bereits erfahren. Noch kurz vor Anpfiff berichteten Spieler, wie sehr die Situation eine psychische Belastung sei. «Wir haben seit mehr als zwei Jahren mit diesem mentalen Druck zu tun, und trotzdem sind wir hier, wir haben das verstanden», sagte Trainer Serhij Rebrow.

Untröstlicher Real-Torwart

Gegen spielerisch keinesfalls überragende, aber im Abschluss glücklichere Rumänen setzte es dennoch den herben Dämpfer. Dass just Torhüter Andrij Lunin von Real Madrid, der in der Champions League in der Saison teils noch herausragend gehalten hatte, mit zwei Patzern die Niederlage mitverantwortete, machte es nicht besser. «Ich möchte mich einfach nur bei allen entschuldigen. Denn das war mein Fehler und damit fing alles an», sagte Lunin, sonst Ersatztorwart in Spanien, über seinen ersten Patzer und die Folgen.

Rumäniens Kapitän Nicolae Stanciu (29. Minute), Razvan Marin (53.) und Denis Dragus (57.) erzielten vor 61 591 Zuschauern die Tore. Rumänien feierte den erst zweiten Sieg seiner EM-Historie und machte einen Schritt Richtung Achtelfinale.

Coach fordert: Krieg versuchen auszublenden

Die Ukraine steht dagegen nun auch sportlich unter immensem Druck. Coach Rebrow forderte seine Schützlinge nach der Niederlage auf, zumindest zu versuchen, den Krieg irgendwie auszublenden. «Wir müssen vergessen, was zuhause passiert», sagte der frühere Stürmerstar. Er schilderte auf der Pressekonferenz, dass seine Spieler ihn aus der Kabine raus schickten, um unter sich die Niederlage zu besprechen.

Zuvor hatten die Profis, die alle in ukrainische Flaggen vor Anpfiff auf das Feld gekommen waren, ihre Anhänger noch um Verzeihung gebeten, als sie in die Fankurve gingen. «Wir repräsentieren eine große Nation. Das wissen die Spieler», sagte Rebrow. «Und heute waren wir nicht gut genug. Deswegen bitten die Spieler um Entschuldigung.»

Der traurigste Mann auf dem Platz war Lunin. Zunächst leitete er das erste Gegentor durch einen Fehlpass ein, beim zweiten Treffer ließ er einen Schuss von Marin durchrutschen. Dragus' 3:0 war der frühe Schlusspunkt gegen orientierungslose Ukrainer. Von einer «Horror-Show» für Lunin schrieb die englische Zeitung «Daily Mail».

Rumänen verzückt nach «historischem Sieg»

Vor den Augen von Stürmer-Legende und Verbandsboss Andrij Schewtschenko klappte auch im Sturm nichts. Mudryk zeigte zwar Ansätze seiner Klasse, wurde von seinem Teamkollegen aber viel zu selten in Szene gesetzt. Selbst ein Ehrentreffer blieb der Ukraine verwehrt, als Roman Jaremtschuk kurz vor dem Abpfiff nur die Latte traf.

Die Rumänen dagegen schienen ihr Glück kaum fassen zu können. Nach dem Schlusspfiff weinten noch auf dem Feld etliche Akteure, zigtausende Fans feierten ihre Fußball-Helden lautstark. «Es war unglaublich, was die Leute uns gegeben haben. So etwas habe ich zum ersten Mal erlebt», berichtete Coach Edward Iordanescu. «Das ist ein historischer Sieg für Rumänien.»

© dpa ⁄ Martin Moravec, Manuel Schwarz, Andreas Stein und David Joram, dpa
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