Elektrisch statt exzentrisch

Der Nissan Juke sticht aus der Masse der kleinen Crossover heraus. Nicht nur optisch, sondern auch beim Antrieb.

SP-X/Köln. Der Nissan Juke ist der freche kleine Bruder des Qashqai: Nichts für die bodenständige Familie, eher was für freigeistige Großstadtbewohner-Paare oder -Singles. Die können den kleinen Crossover seit kurzem auch als sparsamem Hybrid wählen. Kann der Öko-Antrieb überzeugen?

Der Juke gibt gar nicht vor, ein besonders praktisches Auto zu sein. Beim ihm kommt die Form ganz klar vor der Funktion, was in der zweiten Generation aber nicht mehr ganz so stark polarisiert wie bei der Erstauflage. Dafür sind einstige Gestaltungs-Extreme wie das reptilienhafte Vier-Augen-Gesicht und der stämmig-coupéhafte Zuschnitt mittlerweile viel zu sehr in den Kanon des Kleinwagen-Designs eingegangen. Dass der Nissan auf den vorderen Plätzen eher eng und hinten noch dazu recht dunkel ist, kennt man ebenfalls von der Erstauflage. Ebenso die schlechte Sicht Richtung Heck. Der Kofferraum immerhin ist trotz des platzraubenden Akkus für diese Klasse angemessen groß, beim Einladen muss aber die in dieser Klasse typische hohe Ladekante überwunden werden. Auch bei der Variabilität setzt der Juke keine besonderen Akzente, bietet lediglich einen doppelten Ladeboden und Haken für die Einkaufstasche. Komfortabel hingegen sind der Einstieg durch die großen, weit öffnenden Türen sowie die erhabene Sitzposition für Fahrer und Beifahrer.

Das dynamische Aussehen findet seine Entsprechung in der Fahrwerks-Abstimmung, die straff bis leicht ruppig ausfällt. Ausgesprochen komfortorientierte Naturen dürfte das stören, andere Geschmäcker könnte der zackige Charakter des Crossovers durchaus erfreuen. Ein Sportwagen ist der Juke aber wie fast alle seine Segments-Kollegen schon wegen des zu hohen Schwerpunkts nicht. Und auch der Hybridantrieb mag es lieber ruhig. Wer ihn fordert, wird mit unangenehm brummigem Motorsound eingebremst, bei überschaubaren 166 km/h ist aus technischen Gründen eh Schluss. Weil das Zusammenspiel der Antriebsquellen untereinander sowie mit dem stufenlosen Getriebe teilweise recht erratisch läuft, kommt es immer wieder mal zu kurzen Zugkraftunterbrechungen. Gelegentlich schaltet sich auch der Verbrenner plötzlich und dröhnend zu, um für Stromnachschub im Akku zu sorgen. Gut gelungen ist hingegen der akustische Komfort bei zurückgenommener Fahrweise – den gefürchteten Gummibandeffekt gibt es bei der aufwändigen, von Allianzpartner Renault übernommenen, Kombination aus zwei E-Motoren, Verbrenner und speziell konstruierter Multimodal-Automatik.

Im Stadtverkehr hingegen geben sich die 105 kW/143 PS Systemleistung quirlig und munter. Der flotte Antritt und ein guter Durchzug auf den ersten Metern passen gut zum frechen Auftritt. Zudem lässt sich dort der Verbrauch des frontgetriebenen Crossovers mit etwas Mühe unter die Fünf-Liter-Marke drücken. Im Mix sind es eher sechs bis sieben, bei höherem Reisetempo auch mal knapp acht. Insgesamt keine Traumwerte angesichts des erheblichen technischen Aufwands.

Rund 31.000 Euro will Nissan für das kleine SUV – ein Gutteil davon geht auf das Konto des Hybridantriebs. Im Ausgleich bietet der kleine Crossover überschaubare Unterhaltskosten und eine ordentliche Ausstattung. Vor allem das Programm an Assistenten überzeugt, umfasst unter anderem Spurverlassenswarner, Notbremssystem mit Fußgängererkennung, Verkehrszeichenerkennung und Einparksensoren. Die Posten auf der Optionsliste sind fair eingepreist, so dass man für rund 35.000 Euro einen nahezu voll ausgestatteten Kleinwagen erhält.

Die Klasse der kleinen SUV ist hart umkämpft. Der Juke tritt weniger gegen rational geprägte Modelle wie den VW T-Cross, sondern eher gegen kleine Jungdynamiker wie den Ford Puma an. Dem kann er zwar in Sachen Sportlichkeit nicht das Wasser reichen, dafür bietet er mit seinem Hybridantrieb eine Besonderheit, die sonst nur wenige Wettbewerber wie der Toyota Yaris Cross im Programm haben.

Der Nissan Juke bleibt wie schon in der ersten Generation Geschmackssache. Wer dem Charme des immer noch leicht schrägen Designs verfällt, erhält einen solide gemachten Crossover mit ordentlicher Ausstattung und ohne böse Schwächen. Sparen kann man sich im Zweifel den teuren Hybridantrieb, der nur für absolute Stadtverkehrs-Vielfahrer eine Empfehlung ist. Den alternativ angebotenen Dreizylinderbenziner mit 84 kW/114 PS gibt es ab 21.500 Euro. Der bietet zwar nur sehr überschaubare Fahrleistungen, für den Stadtverkehr dürften die aber in der Regel reichen.

Technische Daten:

Fünftüriger, fünfsitziger Kompakt-Crossover; Länge: 4,21 Meter, Breite: 1,80 Meter, Höhe: 1,60 Meter, Radstand: 2,64 Meter, Kofferraumvolumen: 354 bis 1.237 Liter

1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner, 69 kW/94 PS, max. Drehmoment: 148 Nm, Elektromotor 36 kW/49 PS, max. Drehmoment 205 Nm, Startergenerator 15 kW/20 PS, Systemleistung 105 kW/143 PS, Viergang-Multimodal-Automatikgetriebe, Frontantrieb, 0-100 km/h: 10,1 s, Vmax: 166 km/h, Normverbrauch: 5,0 Liter/100 Kilometer (WLTP), CO2-Ausstoß: 114 g/km (WLTP), Abgasnorm: Euro 6d, Effizienzklasse: k.A., Testverbrach: 6,2 Liter/100 Kilometer: ab 31.090 Euro.

Kurzcharakteristik:

Warum: im Stadtverkehr sparsam, gute Ausstattung

Warum nicht: hoher Aufpreis für den Hybrid

Was sonst: Toyota Yaris Cross, Renault Captur, Honda HR-V  

© Spot Press Services GmbH
Das könnte Dich auch interessieren
Empfehlungen der Redaktion
Formel 1
Sport: Formel 1: Alle Rennen live mitverfolgen
Internet news & surftipps
Software: Twitter veröffentlicht in Teilen Empfehlungs-Algorithmen
People news
Leute: Grönemeyer: Wir sollten uns mit uns beschäftigen
Tv & kino
Fernsehen: Eine Erfolgsgeschichte - Das ZDF wird 60
Reise
Wandern im Elbsandsteingebirge: Trekkingsaison in der Sächsischen Schweiz beginnt
Musik news
Heiter bis wolkig: Tim Bendzkos neues Album «April» ist wechselhaft
Auto news
Saurier unter Strom: Mercedes-Klassiker G-Klasse kommt 2024 als E-Version
Internet news & surftipps
Digitaler Wandel: Scholz: Unverständnis für mangelnde Behörden-Digitalisierung