Die Brandrede von Stürmerstar Andrej Kramaric hat bei 1899 Hoffenheim offenbar Wirkung gezeigt. Der Krisenclub gewann das Kellerduell bei Holstein Kiel mit 3:1 (2:0) und beendete dadurch eine Negativserie von neun Pflichtspielen ohne Sieg.
Im Falle einer weiteren Niederlage hätten die Hoffenheimer sogar auf einen direkten Abstiegsplatz in der Fußball-Bundesliga zurückfallen können. Doch das verhinderten am Samstag die Tore von Adam Hlozek (26./56. Minute) und Kramaric (45.+1) selbst. Der Ex-Hoffenheimer Andu Kelati verkürzte in der 84. Minute nur noch auf 1:3.
Der kroatische Nationalspieler Kramaric hatte noch am Mittwochabend nach der 0:5-Packung beim FC Bayern München in einem ESPN-Interview gewütet: «Ich fühle eine große Scheiße im Club. Wir haben so viel Geld für nichts investiert.»
Großer Qualitätsunterschied
Der Rundumschlag des 33-Jährigen kam nicht von Ungefähr. Denn bis auf die tabellarische Nähe im Abstiegskampf verbindet Holstein und Hoffenheim nicht viel. Die Kieler mussten vor 13.923 Zuschauern auf ihren einzigen Spieler mit mehrjähriger Bundesliga-Erfahrung verzichten: Lewis Holtby fehlte nach seiner Roten Karte beim Überraschungssieg gegen Borussia Dortmund gesperrt.
Die TSG dagegen steckte vor und während dieser Alptraum-Saison mehr als 60 Millionen Euro in einen Kader mit acht EM-Spielern, einem künftigen Bayern-Profi (Tom Bischof) und dem aktuellen deutschen Nationaltorwart (Oliver Baumann).
Wenigstens zahlten sich die 18 Millionen Euro Ablöse für den Tschechen Hlozek diesmal aus, denn der teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte traf zum ersten Mal doppelt für seinen neuen Club. Das 1:0 belohnte eine starke Anfangsphase der Gäste. Das 3:0 machte die Kieler Hoffnungen auf eine Wende in diesem Spiel zunichte.
Schiedsrichter muss ausgewechselt werden
Der Aufsteiger wirkte in der ersten Halbzeit wie ausgelaugt nach dem Dortmund-Triumph vier Tage zuvor und wartete lediglich am eigenen Strafraum auf Kontergelegenheiten. So dominierte Hoffenheim dieses Spiel von Beginn an und hatte nur einmal Glück: Einen Kopfball von Marko Ivezic kratzte Torwart Baumann in der 18. Minute gerade noch von der Linie.
Die Kieler wollten nach der Pause sichtbar mehr gegen die Hoffenheimer Überlegenheit tun. Ein Schuss des Japaners Shuto Machino (48.) flog nur knapp über das Tor.
Dass der ehemalige Leverkusener Hlozek kurz darauf aus vergleichbarer Position zum 0:3 traf, zeigte den Qualitätsunterschied zwischen beiden Teams. Der Aufsteiger kann in dieser Liga nur etwas holen, wenn er sein Leistungslimit erreicht. Bei der TSG ist eher die Frage, warum sie ihr Potenzial nur so selten zeigt.
Erst eine der ungewöhnlichsten Spielunterbrechungen dieser Saison leitete noch einmal so etwas wie eine Kieler Schlussoffensive ein. Denn Schiedsrichter Felix Brych musste in der 66. Minute verletzt ausgewechselt werden. Der 49 Jahre alte FIFA-Referee aus München zeigte auf seine linke Wade und verließ das Spielfeld. Nach vier Minuten ging es unter der Leitung seines Assistenten Sven Jablonski weiter.
Erst jetzt machten die Kieler so viel Druck, wie sich die Holstein-Fans das schon in der ersten Stunde gewünscht hätten. Doch mehr als ein Tor sprang dabei trotz einer elfminütigen Nachspielzeit nicht heraus.