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Viele stecken im Job in Abwärtsspirale

Viele Berufstätige stehen häufig unter Strom - zu häufig. Doch bei Stress im Job heißt die Devise laut einer neuen Studie oft noch: Da kann man noch etwas oben draufpacken. Mit dramatischen Folgen.
Junge Arbeitnehmer leiden häufiger an Depression
Yasmin Fahimi

Für Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und seinen Wirtschaftskollegen Robert Habeck (Grüne) hat der Kampf gegen den Fachkräftemangel in Deutschland hohe Priorität. Das haben die beiden in der Regierung verbliebenen Minister oft genug deutlich gemacht. Auch betroffene Unternehmen lassen sich oft einiges einfallen, um die Lücken in ihren Belegschaften zu schließen. Doch wie wirken sich Engpässe im Kolleginnen- und Kollegenkreis auf die Beschäftigten in den Betrieben aus?

Wo sind die Engpässe am größten?

Laut einer neuen Erhebung aus der Studienreihe «DGB-Index Gute Arbeit» liegt der Anteil der in sehr hohem oder hohem Maß Betroffenen bei Lehrkräften, Beschäftigten in der Alten- und Krankenpflege, Fahrzeugführerinnen und -führern sowie Erzieherinnen und Erziehern zwischen 60 und 70 Prozent. Insgesamt berichten 46 Prozent aller Beschäftigten von Personalmangel. Die entsprechenden Probleme gibt es übrigens nicht nur in Arbeitsbereichen bei typischen Engpassberufen, sondern – in etwas geringerem Umfang – auch zum Beispiel in einem sehr verantwortungsvollen Bereich wie der Organisation in einem Unternehmen (37 Prozent).

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Was sind die typischen Folgen von Personalmangel?

Natürlich sind Engpässe ein Problem für Unternehmen. Aber - so der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) - auch für die Beschäftigten sind die Auswirkungen oft verheerend. Die Studie stellt fest: «Der Druck auf die verbliebenen Beschäftigten wird erhöht.» So zumindest berichten es viele Betroffene. Drei Viertel (76 Prozent) der Befragten, die über großen Personalmangel in ihrem Arbeitsbereich berichten, müssen wegen des fehlenden Personals zusätzliche Aufgaben übernehmen. 60 Prozent berichten über erhöhtes Arbeitstempo zum Ausgleich der Folgen des Personalmangels - mit allen möglichen Folgen für die Gesundheit.

Was ist bei den Betroffenen noch typisch?

Der Einfluss der Beschäftigten auf die eigene Arbeitsgestaltung sinkt. Jeweils 57 Prozent geben an, dass sie aufgrund des Personalmangels Überstunden machen beziehungsweise ihre Arbeitszeiten an die betrieblichen Erfordernisse anpassen müssen. Für 30 Prozent führt der Personalmangel laut der Erhebung dazu, dass sie Aufgaben übernehmen müssen, für die sie nicht qualifiziert sind. Der Gewerkschaftsbund warnt vor Auswirkungen auf die Qualität der Leistungen für betroffene Schülerinnen und Schüler, Patientinnen und Patienten oder Fahrgäste etwa von Bussen.

Ist bei den Betroffenen wenigstens Land in Sicht?

Meist nicht - im Gegenteil. Von den Beschäftigten, die in (sehr) hohem Maß von Personalmangel betroffen sind, berichten 72 Prozent, dass aufgrund dieser Situation weitere Kolleginnen und Kollegen den Arbeitsbereich verlassen hätten. Bei 39 Prozent der Betroffenen war dies sogar in hohem Maß der Fall, so der DGB. «Personalmangel und die damit verbundenen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen können eine Abwärtsspirale in Gang setzen», schlussfolgern die Studienautorinnen und -autoren. «Je länger der Personalmangel andauert, desto häufiger wird davon berichtet, dass Kolleg*innen den Arbeitsbereich verlassen.» 

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Auch das wurden die Studienteilnehmenden gefragt. Sind die Arbeitsbedingungen in Ordnung, würden laut der Erhebung 96 Prozent eine Empfehlung ihres Arbeitgebers gegenüber einem Freund oder einer Freundin aussprechen. Wenig überraschend: «Je schlechter die Arbeitsqualität ist, desto seltener ist das der Fall», so der DGB. Bei schlechten Arbeitsbedingungen würden gut drei Viertel der Befragten davon abraten, bei diesem Arbeitgeber zu arbeiten.

Kann man der Lage auch etwas Positives abgewinnen?

Schon. Yasmin Fahimi, die DGB-Vorsitzende, meint: «Der Bedarf an Fachkräften rückt diejenigen Personengruppen stärker in den Fokus, die am Arbeitsmarkt bislang benachteiligt sind: Frauen in Teilzeitbeschäftigung, Beschäftigte mit Migrationshintergrund, Menschen mit Behinderungen, Geringqualifizierte und ältere Beschäftigte.» 

Seitens der Politik und der Firmen bestehe die Aufgabe nun darin, die Hürden anzugehen, die einer stärkeren Arbeitsbeteiligung dieser Gruppen entgegenstehen. Fahimi meint damit fehlende Unterstützung bei Kinderbetreuung und Pflege, Hindernisse beim Zugang zu Aus- und Weiterbildung, Arbeitsüberlastung - «und Arbeitszeiten, die nicht zum Leben passen», so die frühere SPD-Politikerin. 

Wie wurde die Studie überhaupt erstellt?

Die Qualität der Arbeitsbedingungen wurde anhand von 42 Fragen zur konkreten Arbeitssituation ermittelt. Die Beschäftigten bewerteten die verfügbaren Ressourcen, die auftretenden Belastungen sowie das Einkommen und die Beschäftigungssicherheit. Auf dieser Basis ordneten die Studienmacher die Ergebnisse in vier Stufen von schlechter bis guter Arbeit ein. Der Report basiert dabei auf einer Zufallsstichprobe von 6985 abhängig Beschäftigten, die in Deutschland arbeiten.

© dpa ⁄ Basil Wegener, dpa
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