Die Deutsche Industrie- und Handelskammer rechnet auch im kommenden Jahr nicht mit einer Erholung der Wirtschaft. Im Gegenteil: Die Rückmeldungen der Unternehmen ließen befürchten, dass es noch schlechter kommen könnte, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben bei der Vorstellung einer neuen Konjunkturumfrage in Berlin. Nach einer Stagnation im laufenden Jahr rechnet die DIHK auch für das kommende Jahr lediglich mit einem Null-Wachstum. Dies wäre dann das dritte Jahr in Folge ohne realen Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt.
Die DIHK ist damit deutlich pessimistischer als die Bundesregierung. Diese erwartet im kommenden Jahr ein Plus des Bruttoinlandsprodukts von 1,1 Prozent. Zum einen hofft sie, dass dann der private Konsum wieder anzieht und auch mehr Industrieprodukte im Ausland gekauft werden. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erwartet auch positive Effekte einer geplanten, aber noch nicht umgesetzten Wachstumsinitiative.
Die DIHK-Zahlen kommen kurz vor separaten Wirtschaftsgipfeln der Ampel. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kommt am Nachmittag mit Vertretern von Industrieverbänden, Gewerkschaften und großen Unternehmen zusammen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner sind nicht ins Kanzleramt eingeladen. Lindners FDP-Fraktion veranstaltet am Vormittag einen eigenen Wirtschaftsgipfel im Reichstag, bei dem auch das Handwerk und der Mittelstand berücksichtigt sind. Daran nimmt auch Wansleben teil.
DIHK: Dramatische Zahlen
Nach einer Umfrage unter rund 25.000 Unternehmen in Deutschland hat sich die Geschäftslage weiter verschlechtert. Nur 26 Prozent der Firmen melden demnach eine gute Lage. Der Saldo aus positiven und negativen Lagebewertungen sinke auf lediglich einen Punkt, nach fünf Punkten im Frühsommer.
Der Anteil der Unternehmen mit negativen Geschäftserwartungen steige auf 31 Prozent, nach 26 Prozent bei der vorherigen Umfrage. Häufigste Geschäftsrisiken seien die schwache Inlandsnachfrage, gefolgt von wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und Arbeitskosten.
Die Zahlen seien dramatisch, so Wansleben. «Die negative Entwicklung muss gestoppt werden. Dazu brauchen wir schnelle und zielgerichtete Maßnahmen, mit denen vor allem die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessert werden.»
Deutschland hinkt hinterher
Deutschland verliere international den Anschluss. «Zu wenig Investitionen, zu viel Bürokratie, zu hohe Standortkosten - die deutsche Wirtschaft steckt fest», so Wansleben. «Wir haben es nicht nur mit einer konjunkturellen, sondern einer hartnäckigen strukturellen Krise am Standort Deutschland zu tun.» Am schlechtesten sei die Lage in der Industrie. Die Anzeichen einer Deindustrialisierung erhärteten sich. «Die schlechten Investitionen zeigen, dass die industrielle Wertschöpfungsbasis sinkt.»
Einen besonders dramatischen Einbruch bei der Geschäftslage verzeichnet lauf DIHK der Kraftfahrzeugbau. Aktuell für Schlagzeilen sorgen vor allem Pläne von Volkswagen. Der Autobauer will nach Angaben des Betriebsrats in Deutschland mindestens drei Werke schließen und Zehntausende Arbeitsplätze abbauen.