Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens kritisiert die Gewalt gegen Frauen bei dem umstrittenen Nikolausbrauch «Klaasohm» auf der Nordseeinsel Borkum. «Brauchtum und Tradition können und dürfen niemals Rechtfertigung für Gewalt an Frauen sein», sagte die SPD-Politikerin in einer Mitteilung.
«Die Berichterstattung über das Klaasohm-Fest auf Borkum zeigt, dass längst nicht alle betroffenen Frauen mit diesem gewalttätigen Brauch einverstanden waren und es ihnen dennoch nicht leichtgefallen ist, das auch so zu artikulieren», sagte die Ministerin weiter. Es sei daher «folgerichtig und überfällig», dass die Veranstalter angekündigt hätten, diesen Teil des Festes abschaffen zu wollen.
Die Polizei kündigte unterdessen an, bei dem umstrittenen Nikolausbrauch von Donnerstag auf Freitag mit mehr Kräften im Einsatz zu sein. «Wir werden alles tun, um Straftaten zu verhindern. Keiner muss Angst vor Übergriffen haben - dafür werden wir sorgen», sagte der Leiter der Polizeiinspektion, Thomas Memering, in einer Mitteilung. Dazu werde die örtliche Polizeidienststelle auf der Insel am Tag der Veranstaltung personell «deutlich verstärkter präsent sein», um einen friedlichen Verlauf zu gewährleisten. «Sollten der Polizei etwaige Straftaten bekannt werden, werden diese wie in der Vergangenheit konsequent und ganzheitlich verfolgt», hieß es weiter.
ARD-Bericht über gewalttätige Übergriffe
Ein Bericht des ARD-Magazins «Panorama» über die Tradition, deren Bestandteil auch das Schlagen von Frauen mit Kuhhörnern ist, hatte bundesweit für Empörung gesorgt. In dem Beitrag berichten Borkumerinnen und Borkumer anonym von aggressiven Übergriffen. Ein Team filmte im vergangenen Jahr, wie Frauen bei dem Fest auf der Straße von «Fängern» festgehalten werden und ihnen die sogenannten Klaasohms mit einem Kuhhorn auf den Hintern schlugen.
Nach heftiger Kritik hatten die Veranstalter angekündigt, den «Brauch des Schlagens» dieses Jahr abschaffen zu wollen. Das Schlagen mit Kuhhörnern sei in der Vergangenheit «und in Einzelfällen auch in den letzten Jahren» Teil des Brauches gewesen, hieß es in der Stellungnahme. «Wir distanzieren uns ausdrücklich von jeder Form der Gewalt gegen Frauen und entschuldigen uns für die historisch gewachsenen Handlungen vergangener Jahre», hatte der Verein Borkumer Jungens mitgeteilt.
Landtagsabgeordnete: Nein gegen Gewalt war überfällig
Die Landtagsabgeordnete, Meta Janssen-Kucz, die selbst auf Borkum lebt, begrüßte in einer Mitteilung, dass der Verein das Schlagen abschaffen wolle. «Dieses klare Nein zu Gewalt gegen Frauen war überfällig», sagte die Grünen-Politikerin. Traditionen und Brauchtum unterlägen dem Wandel der Zeit. «Dort, wo Gewaltausübung noch immer Teil von Bräuchen ist, müssen Menschen dagegen vorgehen.» Die Tradition des Klaasohms werde fortbestehen, sagte sie weiter. «Gerade dann, wenn künftig keine Gewalt mehr angewandt wird.»
Auf Borkum wird sich erzählt, dass der Brauch auf die Zeit der Walfänger auf der Insel zurückgeht. Die Männer seien traditionell am Jahresende nach einigen Monaten auf See zurück auf die Insel gekommen und hätten mit dem Brauch klargemacht, dass nun wieder sie - und nicht die Frauen - das Sagen hätten.