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Wie sich Chicago gegen Trumps Abschiebepolitik stemmt

Die Trump-Regierung will rigoroser abschieben, doch eine Metropole im Mittleren Westen stellt sich quer. Während Washington den Druck erhöht, sorgt Chicago dafür, dass jeder seine Rechte kennt.
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«¡Conozca sus derechos!» - «Kennen Sie Ihre Rechte!» steht auf Zetteln, die an Laternenmasten in Little Village in Chicago kleben. Sie erklären, was zu tun ist, wenn Beamte der US-Polizei- und Einwanderungsbehörde (ICE) vor der Tür stehen: kein Zutritt ohne richterlichen Beschluss. Schweigen. Filmen. Nichts unterschreiben. 

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Das Viertel ist das Herz der mexikanisch-stämmigen Gemeinde der Millionenstadt im Bundesstaat Illinois. Obwohl großangelegte Razzien bisher ausblieben, ist die Angst seit der Vereidigung von US-Präsident Donald Trump an Orten wie diesem deutlich spürbar. Viele befürchten, dass die Regierung nur Zeit benötigt, um die im Wahlkampf angekündigten Massenabschiebungen vorzubereiten. In der Zwischenzeit inszeniert das Weiße Haus medienwirksam einzelne Einsätze.

Eine Verkäuferin, die anonym bleiben will, lebt seit 37 Jahren ohne Aufenthaltserlaubnis in Chicago. Sie hat hier vier Kinder, sieben Enkel – und täglich Angst, auf dem Weg zur Arbeit von ICE angehalten zu werden. Etlichen Kunden gehe es ähnlich, sagt sie. Wer könne, bleibe momentan zu Hause. 

Unverzichtbar - und unerwünscht

Geschätzt rund elf Millionen Menschen leben wie sie ohne gültige Papiere in den USA. Viele leisten unverzichtbare Arbeit in der Landwirtschaft oder Gastronomie und zahlen sogar Steuern. Eine bürokratische Besonderheit macht das möglich. Zwar schoben auch frühere US-Regierungen Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis ab, doch der Fokus lag in der Regel auf Straftätern. 

Trump fährt einen härteren Kurs: Der Republikaner stempelt Migranten aus ärmeren Ländern pauschal als Kriminelle ab. Seine Regierung argumentiert, schon mit dem unerlaubten Aufenthalt allein fielen Menschen in diese Kategorie und müssten schnellstmöglich abgeschoben werden. Kaum im Amt wies Trump ICE an, Razzien auch in Schulen, Krankenhäusern und Kirchen durchzuführen – ein drastischer Bruch mit langjähriger Praxis.

Ein besonderer Dorn im Auge sind ihm «Sanctuary Cities», also Städte, die sich auf unterschiedliche Weise weigern, mit ICE zu kooperieren. Chicago verfolgt diese Politik bereits seit den 1980er Jahren und gibt zum Beispiel keine migrationsbezogenen Daten an ICE weiter. Die Idee dahinter: Wer fürchten muss, dass jede Kontrolle zur Abschiebung führt, meldet Straftaten vielleicht nicht der Polizei - was die öffentliche Sicherheit gefährdet.

Schutz oder Rechtsbruch?

Trumps zweiter Amtszeit begegnet Chicago mit trotziger Entschlossenheit. Eine Informationskampagne klärt Betroffene in verschiedenen Sprachen über ihre Rechte auf – nicht nur in Vierteln wie Little Village, sondern in der ganzen Stadt, auf Bildschirmen in Bussen und Bahnen.

Tom Homan – der Mann, der Trumps Abschiebepolitik durchsetzen soll – zeigte sich darüber sichtlich verärgert. Chicago sei «hervorragend instruiert», sagte er Ende Januar bei CNN. Kurz darauf verklagte das Justizministerium die Stadt mit dem Vorwurf, sie behindere die Durchsetzung von Bundesrecht. Auch Illinois und New York gerieten ins Visier. Chicagos Bürgermeister Brandon Johnson stellte klar: Die Stadt werde an ihren Werten festhalten.

Glaube statt Nullsummenspiel

Am Eingang der Augustana Lutheran Church im Süden Chicagos sind diese Werte ausformuliert: «Kirchen sind Orte der Zuflucht», steht dort. Ohne richterlichen Beschluss muss ICE es hier gar nicht erst versuchen. Für Pastorin Nancy Goede ist das eine Glaubensfrage. 

Konservative in den USA missbrauchten Religion für politische Zwecke und stellten die Welt als Nullsummenspiel dar, sagt sie. Dabei lehre das Christentum, dass mehr für alle da sei, wenn Menschen nicht gegeneinander aufgebracht würden.

Ein deutsches Vorbild für Chicago

In der Kirche hat das «Hyde Park Refugee Project» sein Zuhause. Gründerin Dorothy Pytel fand die Inspiration dazu im deutschen Hannover. Vor rund zehn Jahren saß sie dort auf dem Balkon ihrer Schwägerin, las beim Frühstücksbrötchen über ein Flüchtlingsprojekt in Bayern und fragte sich: warum nicht auch in Chicago? Ihr ursprüngliches Ziel war es, wenigen Familien nachhaltig die Integration zu erleichtern.

Doch als 2023 mit dem Ende pandemiebedingter Beschränkungen die Zahl der Migranten rasant anstieg, wurde aus der langfristigen Vision plötzlich akute Nothilfe. Unterkünfte waren überfüllt, viele Menschen strandeten vor Polizeiwachen. Die Gemeinschaft reagierte, erzählt Pytel. Freiwillige organisierten sich über WhatsApp und halfen, wo sie konnten. 

Die Willkommenskultur blieb nicht ungetrübt. Besonders in ärmeren Vierteln kam es zu Spannungen. «Es gab echten Unmut», erinnert sich Pytel. Ihrer Meinung nach war dies weniger Ausdruck von Feindseligkeit als das Ergebnis tief sitzender Frustration. Manche Einheimische fühlen sich von der Politik übergangen. Das bleibt ein Reibungspunkt, auch wenn die Stadt einige Abläufe verbessert hat.

Begegnungen im «Free Store»

Pastor Jonathan kennt diese Konflikte. Er bittet darum, seinen Nachnamen und den Namen der Kirche nicht zu nennen, in deren Keller er einen «Free Store» eingerichtet hat - eine wöchentliche Anlaufstelle für kostenlose Kleidung und Haushaltswaren. Jeden Donnerstag kommen Dutzende Menschen.

Neben Sachspenden bieten der Pastor und sein Freiwilligenteam praktische Hilfe an, etwa bei Asylverfahren. Viele Klienten, wie er sie nennt, stammen aus Kolumbien, Mexiko, dem Kongo, Sierra Leone. Besonders berührt hat ihn das Schicksal eines jungen Paares aus Venezuela, das vorübergehend bei ihm Unterschlupf fand. Auf der gefährlichen Flucht nach Norden starb ihr Baby. 

Der Gratis-Laden ist ein Ort, der Menschen unterschiedlichster Herkunft Halt bietet, erzählt Jonathan. Auch viele Einheimische nutzen das Angebot. Dabei entstehen Brücken: Eine Frau aus der Nachbarschaft kam zunächst als Kundin, dann als Ehrenamtliche. Heute arbeitet sie an der Rezeption und knüpft Freundschaften mit den vorwiegend lateinamerikanischen Frauen, die neu in der Stadt sind.

Der Laden bleibt offen – trotz Angst

Mit der Rückkehr Trumps machte sich Unsicherheit breit – selbst bei jenen, die eigentlich keinen Grund zur Sorge haben müssen. «Soll der Laden offen bleiben? Wie können wir unsere Leute schützen?», fragte sich Jonathan. Schnell sei klar gewesen: «Wir lassen uns nicht von der Angst lähmen.» Am ersten Donnerstag nach Amtsantritt des Republikaners war der Laden wieder voll.

Veränderungen gab es durchaus: Die Kirchentür bleibt nun routinemäßig abgeschlossen. Sollte ICE anklopfen, wissen die Freiwilligen, was zu tun ist. Für den Pastor zählt aber etwas anderes. «Die Menschen trinken Kaffee, lernen Englisch, bringen ihre Kinder mit, suchen Kleidung und Dinge für ihr Zuhause aus. All das hat Wert», sagt er. «Gerade jetzt muss man seinen Werten treu bleiben. Es hilft, von Leuten umgeben zu sein, die das genauso sehen.»

© dpa ⁄ Luzia Geier, dpa
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