Höchst umstrittene Pläne des US-Präsidenten Donald Trump zur Zukunft des Gazastreifens und seiner Bewohner sind international auf teils heftige Kritik gestoßen. Zustimmung gab es für den Republikaner und sein vages Vorhaben dagegen aus den eigenen Reihen, regelrechte Euphorie löste es bei rechtsorientierten Israelis aus.
Trump hatte in Washington nach einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu gesagt, der vom Gaza-Krieg stark zerstörte Küstenstreifen am Mittelmeer solle in den «Besitz» der USA übergehen. Unter deren Führung könne er eine «Riviera des Nahen Ostens» werden. Außerdem will Trump eine dauerhafte Umsiedlung der rund zwei Millionen palästinensischen Einwohner bewirken. Dies verstößt aus Sicht von Experten gegen das Völkerrecht. Trump schloss nicht aus, zur Absicherung dieser Pläne im Zweifel auch US-Truppen dorthin zu schicken.
Abbas: werden die Rechte der Palästinenser nicht aufgeben
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sagte nach Angaben seines Büros, man werde nach Jahrzehnten des Kampfes und der Opfer die Rechte des palästinensischen Volkes nicht aufgeben. Der Gazastreifen sei «ein integraler Teil des Landes des Staates Palästina, einschließlich des Westjordanlands und Ost-Jerusalems, die seit 1967 besetzt sind».
Auf eine Zweistaatenlösung pochte Hussein al-Scheich, Generalsekretär des Exekutivkomitees der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO. «Alle Aufrufe zur Vertreibung des palästinensischen Volkes aus seinem Heimatland» weise man zurück. «Wir sind hier geboren, wir haben hier gelebt, und wir werden hier bleiben.» Saudi-Arabien bekräftigte erneut seine Unterstützung für die Palästinenser.
Jordanien und Ägypten lehnten den Vorstoß ab, weil sie ihn als Ende der langen Bemühungen um einen Palästinenserstaat betrachten. Die islamistische Hamas, die 2007 die Kontrolle über den Gazastreifen übernommen hatte, warf Trump Rassismus vor und einen unverhohlenen Versuch, den Palästinensern ihre unveräußerlichen nationalen Rechte zu verweigern.
Steinmeier: Höre nur Bedenken in der Region
Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock betonte: «Gaza gehört – ebenso wie die Westbank und Ostjerusalem – den Palästinenserinnen und Palästinensern.» Eine Vertreibung nannte sie «inakzeptabel und völkerrechtswidrig». Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier äußerte sich skeptisch zu Trumps Überlegungen. «Ich höre hier in der Region nur Bedenken», sagte er bei einem Treffen mit Jordaniens König Abdullah II. in Amman.
Kritisch äußerte sich auch Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft: «Trumps disruptiver Plan für Gaza ignoriert das Völkerrecht.» Zugleich sagte er aber auch: «Ob die Absicht mehr war, als alle Gewissheiten im Nahen Osten infrage zu stellen, wird sich zeigen.»
Frankreichs Außenministerium teilte mit, der Gazastreifen dürfe nicht unter fremde Kontrolle geraten. Auch Spaniens Außenminister José Manuel Albares sagte: «Gaza gehört den Palästinensern, die dort leben.» Auch das chinesische Außenministerium lehnte Trumps Pläne als Zwangsumsiedlungen ab.
Heftige Kritik von Demokraten: «ethnische Säuberung»
Der demokratische US-Senator Chris Van Hollen wertete das Vorhaben als schweren Völkerrechtsbruch und sprach von «ethnischer Säuberung». Er sagte dem US-Sender MSNBC, der Plan sei «in vielerlei Hinsicht verabscheuungswürdig». Die palästinensisch-amerikanische US-Abgeordnete Rashida Tlaib zeigte sich auf X entrüstet: «Dieser Präsident ruft offen zu ethnischer Säuberung auf, während er neben einem völkermordenden Kriegsverbrecher sitzt.» Als keinen ernsthaften Vorschlag bewertete Dan Shapiro, der unter Präsident Barack Obama US-Botschafter in Israel war, die Aussagen Trumps. Senator Chris Murphy schrieb auf X: «Er hat völlig den Verstand verloren.»
Trumps Außenminister Marco Rubio unterstützte die Vorschläge des Präsidenten. Die USA seien bereit, «Gaza wieder schön zu machen», schrieb Rubio auf X. Das Ziel sei ein dauerhafter Frieden für alle Menschen in der Region. Aus Trumps republikanischem Lager wurde aber auch Skepsis laut. Senator Lindsey Graham nannte den Vorschlag «problematisch», wie US-Medien übereinstimmend berichteten. Er habe Zweifel daran, dass seine Wähler sich über eine Entsendung von US-Soldaten in den Gazastreifen freuen würden.
Netanjahu begeistert von Trumps «frischen Ideen»
Unterstützung bekommt Trump vom israelischen Ministerpräsidenten. «Er sieht eine andere Zukunft für dieses Stück Land, das der Ursprung von so viel Terrorismus war», sagte Netanjahu bei dem gemeinsamen Auftritt mit dem US-Präsidenten. Er schwärmte generell über Trumps Abkehr von «konventionellen Denkweisen» und dessen «frische Ideen».
Auch bei rechtsorientierten Israelis sorgen Trumps Pläne für Begeisterung. Der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich etwa dankte Trump auf X und kommentierte, es werde «noch besser und noch besser». Neben einer israelischen und einer US-Flagge schrieb er: «Gemeinsam werden wir die Welt wieder großartig machen.»
Recht: Zwangsweise Umsiedlung von Zivilisten nicht erlaubt
Eine zwangsweise Umsiedlung ist mit internationalem Recht nicht vereinbar. Es gibt Ausnahmen - die allerdings in Bezug auf den Gazastreifen kaum zutreffen dürften. Relevant ist Regel 129 des internationalen Völkergewohnheitsrechts. In einer Übersetzung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz aus dem Englischen heißt es: «Die an einem internationalen bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien dürfen die Zivilbevölkerung eines besetzten Gebiets, in ihrer Gesamtheit oder teilweise, nicht verschleppen oder zwangsweise überführen, sofern dies nicht im Hinblick auf die Sicherheit der betroffenen Zivilpersonen oder aus zwingenden militärischen Gründen geboten ist.»