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US-Regierung lädt Journalist aus Versehen in Geheim-Chat ein

Eine peinliche - und bedeutsame - Panne im Weißen Haus: Ein Chefredakteur wird unbeabsichtigt einem Gruppenchat von Trumps Kabinett hinzugefügt. Er liest live mit, wie Bombenangriffe geplant werden.
Kabinettssitzung in Washington
Trump zwischen seinen Ministern Rubio (links) und Hegseth (rechts). © Pool/AP/dpa

Ein geplanter Luftschlag im Nahen Osten, ein Gruppenchat der Regierung und ein Journalist, der alles mitliest - eine brisante Sicherheitspanne sorgt in den USA für Aufregung. Der Chefredakteur des US-Magazins «The Atlantic» wurde nach eigenen Angaben versehentlich in einen geheimen Gruppenchat der US-Regierung aufgenommen, in dem offenbar hochsensible Militärpläne erörtert wurden. 

Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Brian Hughes, bestätigte, dass der Chatverlauf höchstwahrscheinlich authentisch sei. Er kündigte eine interne Prüfung an. 

In einem erst jetzt veröffentlichten Artikel schildert «Atlantic»-Chefredakteur Jeffrey Goldberg ausführlich, wie er Mitte März über die verschlüsselte Messenger-App Signal stiller Zeuge einer brisanten Unterhaltung wurde: In dem Gruppenchat besprachen offenbar führende Mitglieder der Regierung von US-Präsident Donald Trump konkrete Angriffspläne gegen die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz im Jemen.

Sicherheitsberater schickt Einladung

Den ersten Kontakt gab es Goldberg zufolge am 11. März: Ein Signal-Nutzer mit dem Namen von Trumps Nationalem Sicherheitsberater, Michael Waltz, habe ihm eine Kontaktanfrage geschickt, schreibt der Journalist. Zunächst sei er misstrauisch gewesen. Er habe vermutet, dass es sich nicht wirklich um den Regierungsvertreter handele. In der Hoffnung, es tatsächlich mit Waltz zu tun zu haben, habe er die Anfrage dennoch angenommen. 

Zwei Tage später folgte dann die Einladung in den besagten Gruppenchat. Diesem traten nach und nach weitere Nutzer bei: einige unter Klarnamen, andere mit Kürzeln, die auf Mitglieder der US-Regierung schließen ließen. 

Chefredakteur zweifelt zunächst Echtheit an

Zu diesem Zeitpunkt war Goldberg nach eigenen Angaben weiterhin alles andere als überzeugt, dass es sich um eine echte Regierungskommunikation handelte. Die Vorstellung, dass der Nationale Sicherheitsberater der Vereinigten Staaten ausgerechnet ihn – den Chefredakteur eines US-Magazins – in einen solchen Chat einladen würde, erschien ihm absurd. «Ich hatte starke Zweifel an der Echtheit dieses Gruppenchats», schreibt Goldberg. Er habe außerdem nicht glauben können, «dass die führende Sicherheitsriege der Vereinigten Staaten ihre bevorstehenden Kriegspläne über Signal kommunizieren würde».

Er hielt es eher für möglich, dass es sich um eine gezielte Täuschungsaktion eines ausländischen Geheimdienstes handeln könnte. Während Goldberg noch über die Herkunft der Nachrichten rätselte, entwickelten sich die Dinge auf seinem Handy-Bildschirm jedoch weiter: Die Mitglieder der Gruppe begannen, offen über einen geplanten Militärschlag im Jemen zu sprechen.

Im Chat mit Vance und Hegseth

Goldberg beschreibt in seinem Artikel detailliert den Austausch zwischen den Beteiligten – mit exakten Uhrzeiten, Originalzitaten und teils informellem Ton. So habe etwa Waltz Emojis eingesetzt, um Zustimmung und Kampfgeist zu signalisieren: eine geballte Faust, eine US-Flagge und ein Flammen-Symbol.

Unter den Gruppenmitgliedern befanden sich demnach unter anderem Vizepräsident J.D. Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth, Außenminister Marco Rubio sowie weitere Kabinettsmitglieder und hochrangige Regierungsbeamte. Diskutiert wurden sowohl die militärische Taktik als auch die politische Kommunikation rund um den geplanten Schlag gegen die Huthi.

Details kurz vor Angriffen

Besonders brisant: Zwei Stunden vor dem Start der Angriffe am 15. März postete Hegseth selbst in den Chat detaillierte Angaben zu Zielen, Waffensystemen und dem zeitlichen Ablauf der Operation. Kurz darauf begannen tatsächlich Luftschläge gegen Huthi-Stellungen im Jemen. Die USA hatten die Miliz kurz zuvor wieder als ausländische Terrororganisation eingestuft.

Als die ersten Explosionen gemeldet wurden, war Goldberg eigenen Angaben zufolge schließlich überzeugt, dass die Unterhaltung real war – und doch kein Fake. Er verließ sie wenig später unaufgefordert. Rückfragen zu seiner Anwesenheit gab es seinem Bericht zufolge nicht. 

Viele Fragen offen

Der Fall wirft jede Menge Fragen auf. Wie kann so eine dramatische Panne überhaupt passieren? Wie kann es sein, dass die oberste Riege der Regierung - noch dazu die Führungsmannschaft der nationalen Sicherheit - aus Versehen einen Journalisten in einen internen Gruppenchat einlädt? Wie kann es sein, dass das über Tage niemand merkt? Wie aber kommt diese Führungsriege überhaupt auf die Idee, aktive militärische Planungen auf diesem Wege zu diskutieren?

Üblicherweise gibt es strenge Regularien dazu, wie die Regierung mit vertraulichen und streng geheimen Informationen umzugehen hat, die die nationale Sicherheit betreffen. Das gilt umso mehr, wenn es sich um aktive Planungen für einen Militärschlag im Ausland handelt. Die Signal-App ist laut «Atlantic» von der US-Regierung generell überhaupt nicht für den Austausch vertraulicher Informationen zugelassen. Und für Informationen zu konkreten Plänen für militärische Aktionen gelten besonders strikte Vorgaben. 

Sorge wegen hochsensibler Informationen

Haben sich Kabinettsmitglieder durch ihr Vorgehen womöglich sogar strafbar gemacht? Trump selbst hat die strengen Vorgaben bei dem Thema zu spüren bekommen: Er wurde strafrechtlich verfolgt und angeklagt, weil er geheime Regierungsunterlagen nach seiner ersten Amtszeit unsachgemäß in seinem privaten Anwesen aufbewahrte - das Verfahren wurde später eingestellt. 

Und was sagt der Fall insgesamt über den Umgang mit hochsensiblen Informationen in der Trump-Regierung? Die Aufregung jedenfalls ist groß, und einiger Spott - auch aus dem Ausland - dürfte Trumps Team sicher sein. Der US-Präsident selbst erklärte zunächst, nichts von der Sache zu wissen. Angesprochen auf den Bericht entgegnete der Republikaner, es sei das erste Mal, dass er davon höre - und er «kein großer Fan» des Magazins sei. 

Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Hughes, versuchte, die Panne umzudeuten, und argumentierte, der Vorfall sei ein «Beleg für die intensive und durchdachte politische Koordinierung zwischen hochrangigen Regierungsvertretern». Dass sich diese Lesart durchsetzen wird, ist eher unwahrscheinlich.

© dpa ⁄ Christiane Jacke, dpa
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