Die japanische Anti-Atomwaffen-Organisation Nihon Hidankyo ist mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Ihre drei Co-Vorsitzenden Terumi Tanaka, Shigemitsu Tanaka und Toshiyuki Mimaki nahmen die Nobelmedaille und das dazugehörige Diplom bei einer Zeremonie im Rathaus von Oslo entgegen. Alle weiteren Nobelpreisträger, darunter Literaturnobelpreisträgerin Han Kang, erhielten ihre Auszeichnungen später bei einer weiteren Veranstaltung in Stockholm.
Nihon Hidankyo ist eine Graswurzelbewegung von Überlebenden der Atomwaffenabwürfe auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Das norwegische Nobelkomitee hatte im Oktober bekanntgegeben, die 1956 gegründete Organisation für ihre Bemühungen um eine atomwaffenfreie Welt sowie dafür zu ehren, durch Zeitzeugenaussagen zu demonstrieren, dass Atomwaffen nie wieder eingesetzt werden sollten.
Angesichts von Drohungen zum Einsatz von Atomwaffen etwa durch Russland warnte Terumi Tanaka im Nobelvortrag im Namen seiner Organisation, dass ein Bruch des «nuklearen Tabus» drohe. Man müsse sich vergegenwärtigen, dass es heute 4.000 sofort einsatzbereite nukleare Sprengköpfe in der Welt gebe. Sie könnten sofort Schäden anrichten, die diejenigen von Hiroshima oder Nagasaki um das Hundert- oder Tausendfache übertreffen könnten.
Preisträger: Koexistenz von Atomwaffen und Menschen nicht möglich
Tanaka brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass sich die Überzeugung unter den Bürgern in den Atomwaffenstaaten und bei ihren Verbündeten verfestige, dass Atomwaffen und die Menschheit nicht nebeneinander existieren könnten und dürften. «Lasst die Menschheit sich nicht selbst mit Atomwaffen zerstören», sagte er. «Lasst uns gemeinsam an einer menschlichen Gesellschaft in einer Welt frei von Atomwaffen und frei von Kriegen arbeiten!»
Die USA hatten die vernichtenden Waffen im August 1945 über Hiroshima und Nagasaki abgeworfen. Schätzungsweise 120.000 Einwohner wurden bei den beiden Abwürfen getötet, eine ähnlich hohe Zahl starb außerdem in den Folgemonaten und -jahren an Verbrennungen und Strahlungsverletzungen. Bis heute sind es die einzigen Atomwaffeneinsätze in einem Krieg gewesen.
Nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri sind die neun Atommächte der Erde allerdings seit längerem dabei, ihre Atomwaffenarsenale zu modernisieren und aufzurüsten. Dabei beschleunigt sich demnach der Trend, dass Atomsprengköpfe einsatzbereit gehalten werden: Von den schätzungsweise rund 12.100 atomaren Sprengköpfen in der Welt befanden sich laut Sipri Anfang des Jahres mehr als 9.500 in militärischen Lagerbeständen für den potenziellen Einsatz. Rund 3.900 dieser Sprengköpfe waren auf Raketen und Flugzeugen befestigt - etwa 60 mehr als ein Jahr zuvor.
Weitere Preisträger in Stockholm gekürt
Während der Friedensnobelpreis traditionell als einziges in Oslo überreicht wird, wurden alle anderen Preisträger später auf einer weiteren prunkvollen Zeremonie in Stockholm vom schwedischen König Carl XVI. Gustaf ausgezeichnet. Darunter waren diesmal zehn männliche Forscher sowie die südkoreanische Schriftstellerin Han Kang als einzige Frau: Die 54-Jährige erhielt den Literaturnobelpreis «für ihre intensive poetische Prosa, die sich historischen Traumata stellt und die Zerbrechlichkeit des menschlichen Lebens offenlegt», wie es in der offiziellen Preisbegründung heißt. Sie ist damit die erste Literaturnobelpreisträgerin aus Südkorea überhaupt.
Von den Preisträgern in den Wissenschaftskategorien wurden zunächst die KI-Grundlagenforscher John Hopfield und Geoffrey Hinton in der Preiskategorie Physik geehrt. Ihnen folgten die Proteinforscher David Baker, Demis Hassabis und John Jumper in der Kategorie Chemie sowie die Medizin-Nobelpreisträger Victor Ambros und Gary Ruvkun, die für die Entdeckung der microRNA und ihrer Rolle bei der Genregulierung ausgezeichnet wurden. Nach Han bekamen schließlich die Wohlstandsforscher Daron Acemoglu, Simon Johnson und James Robinson den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften überreicht.
Dass die im Oktober verkündeten Nobelpreisträger ihre Auszeichnungen am 10. Dezember erhalten, ist in Oslo und Stockholm Tradition: Es handelt sich dabei um den Todestag des Preisstifters und Dynamit-Erfinders Alfred Nobel (1833-1896). Pro Kategorie sind die Ehrungen in diesem Jahr erneut mit einem Preisgeld in Höhe von elf Millionen schwedischen Kronen (rund 950.000 Euro) verbunden.