Im Endspurt des US-Wahlkampfs sucht die demokratische Kandidatin Kamala Harris das ganz große Publikum - mit einem Mini-Auftritt in der quotenstarken Comedyshow «Saturday Night Live». Die 60-Jährige bewies dabei, dass sie durchaus über sich selbst lachen kann, sparte aber auch nicht mit Spott über ihren Konkurrenten Donald Trump.
Harris stand quasi als Spiegelbild der Schauspielerin Maya Rudolph gegenüber, die in der Show immer wieder in die Rolle der Demokratin schlüpft. «Lache ich wirklich so?», fragte Harris in dem etwa eineinhalb Minuten langen Sketch. Dann nahmen die beiden typische Wahlkampf-Sätze aufs Korn und riefen etwa gleichzeitig «Glaubt an das Versprechen Amerikas».
Auch Trump musste sich Spott gefallen lassen: «Du kannst etwas, das dein Gegner nicht kann: Du kannst Türen öffnen», sagte Harris zu ihrem Spiegelbild. Dabei bezog sie sich offensichtlich auf eine Szene aus Trumps Wahlkampf: Der 78-Jährige war in Anspielung auf eine umstrittene Aussage von Präsident Joe Biden mit einem Müllwagen aufgetreten - und hatte beim Einsteigen ins Fahrerhaus mehrfach am Türgriff vorbei gegriffen.
Wahlkampf in den «Swing States»
Zuvor waren beide Kandidaten im umkämpften Swing State North Carolina aufgetreten - innerhalb weniger Stunden keine hundert Kilometer voneinander entfernt. Es ist der Kampf um vielleicht entscheidende, wenige Zehntausend Stimmen. Harris und Trump buhlen in den letzten Tagen vor dem Wahltermin am Dienstag (5. November) um genau die gleichen Wähler.
Harris griff Trump in ihrer Rede deutlich an: Er sei «zunehmend instabil», besessen von Rache und auf unkontrollierte Macht aus. Trump nannte Harris ein «Individuum mit niedrigem IQ».
North Carolina an der US-Ostküste gehört zu den hart umkämpften «Swing States»: Bei der Wahl 2020 konnte sich Trump haarscharf mit etwas mehr als einem Prozentpunkt vor dem späteren Präsidenten Joe Biden durchsetzen. In diesem Jahr sehen Umfragen in dem Bundesstaat ein sehr knappes Rennen voraus, mit einem hauchdünnen Vorsprung für Trump.
Neue Umfrage sieht Harris in konservativem Iowa vorn
Insgesamt liegen Trump und Harris den Erhebungen zufolge dicht beieinander. Als entscheidend gilt der Wahlausgang in den sogenannten Swing States, wo sich deshalb auch der Wahlkampf in den letzten Tagen konzentriert.
Doch am Wochenende sorgt eine neue Umfrage für Aufsehen: Harris liegt demnach im konservativen Bundesstaat Iowa vor Trump. Bei der Befragung der Regionalzeitung «Des Moines Register» in Zusammenarbeit mit Mediacom Iowa Poll und dem Meinungsforschungsinstitut Selzer & Company gaben 47 Prozent der befragten wahrscheinlichen Wählerinnen und Wähler an, für Harris stimmen zu wollen - 44 Prozent würden ihre Stimme Trump geben. Harris' Vorsprung liegt im Bereich der Fehlertoleranz von 3,4 Prozentpunkten.
Iowa gilt eigentlich als republikanisch wählender Staat. Zwar sollte man einzelnen Umfragen in den USA generell nicht zu viel Bedeutung beimessen, sie können allerdings durchaus einen Trend widerspiegeln. Die Webseite FiveThirtyEight, die zahlreiche Umfragen auswertet, sieht Trump weiter deutlich vor Harris. Eine andere, ebenfalls am Wochenende veröffentlichte Umfrage sieht Trump in Iowa zehn Prozentpunkte vor seiner Konkurrentin.
Trump wittert Wahlbetrug
In einer Rede im Bundesstaat Virginia sprach Trump der US-Vizepräsidentin Harris die Fähigkeit zur Präsidentschaft ab. «Sie wird völlig überfordert sein, Zusammenbruch, und Millionen Menschen werden sterben», sagte er für den Fall eines Wahlsiegs der Demokratin voraus. Es gebe Menschen, die unter Druck aufblühten - und solche, die dann in Depressionen verfielen.
Erneut schürt Trump kurz vor der Wahl bei seinen Anhängern die Erwartung, dass ihm ein Sieg nur durch Betrug genommen werden kann. «Lasst sie betrügen, denn das ist es, was sie tun», sagte Trump über die Demokraten. Er sei zuversichtlich, nicht nur die Mehrheit der Wahlleute, sondern auch die Mehrheit der Wählerstimmen insgesamt zu gewinnen.
Nach der Wahl 2020 hatte Trump behauptet, der Sieg sei ihm durch großangelegten Wahlbetrug der Demokraten genommen worden. Dutzende Klagen des Trump-Wahlkampfteams scheiterten jedoch vor Gerichten. Es gab nie Hinweise auf Unregelmäßigkeiten, die den Ausgang der Abstimmung verändert hätten. Trump behauptet das aber weiterhin. Seine Äußerungen führten Anfang 2021 auch zum Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol in Washington, den Sitz des US-Kongresses.
Trump lobt seine «schöne weiße Haut»
Trump versuchte zudem gezielt, Frauen als Wähler zu umwerben. Man habe ihm geraten, Frauen nicht mehr «schön» zu nennen, sagte der 78-Jährige. «Deshalb werde ich euch nicht sagen, wie schön ihr seid.»
Der republikanische Kandidat sprach auch erneut von seiner «schönen weißen Haut». «Ich müsste heute Abend nicht bei euch sein», sagte er. «Ich könnte an einem Strand sein, meine schöne weiße Haut würde schön gebräunt.»
Harris will per Brief wählen
Harris betonte, sie wolle die Steuern für die Mittelschicht senken und Preisabzocke durch Unternehmen verbieten. Sie werde für ein bezahlbares Gesundheitswesen sorgen. Als sie von lauten Rufen zum Gaza-Krieg unterbrochen wurde, betonte Harris: «So sieht Demokratie aus.» Sie wolle für das Recht der Menschen kämpfen, ihre Meinung zu sagen. «Aber jetzt gerade spreche ich», rief sie den Demonstranten zu.
Die 60-Jährige will selbst voraussichtlich per Brief wählen. Dies sei zumindest der Plan der US-Vize, zitierte unter anderem der US-Sender CNN einen Sprecher von Harris' Wahlkampfteam. Sie wolle ein Vorbild für andere Wählerinnen und Wähler sein und aufzeigen, dass es verschiedene Möglichkeiten zur Stimmabgabe gebe. Offen blieb, ob Harris den Stimmzettel bereits eingereicht hat.
Ihr Ehemann Doug Emhoff postete auf X, dass er seine Stimme bereits per Brief abgegeben habe. Wenig überraschend stimmte er demnach für seine Ehefrau. «Ich habe für Kamala Harris als Präsidentin für die Vereinigten Staaten gestimmt. Ich werde diesen Moment nie vergessen», schrieb er.
CNN: Rund 70 Millionen Stimmen schon abgegeben
Der US-Sender CNN berichtete unter Berufung auf eigene Erhebungen in Zusammenarbeit mit Instituten, dass bisher rund 70 Millionen Stimmen abgegeben worden seien. Die Zahl entspricht knapp 45 Prozent der rund 158 Millionen Stimmen, die im Jahr 2020 bei der Präsidentschaftswahl abgegeben wurden.