Im Iran ist der deutsch-iranische Doppelstaatsbürger Djamshid Sharmahd trotz internationaler Kritik an dem Todesurteil wegen Terrorvorwürfen hingerichtet worden. Wie das offizielle Justizportal Misan bekanntgab, erfolgte die Exekution am Morgen.
Deutschland hatte die Aufhebung des Urteils gefordert. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verurteilte dessen Vollstreckung nun scharf. Mehrfach sei ein hochrangiges Team in den Iran entsandt worden. «Dabei haben wir Teheran immer wieder unmissverständlich klar gemacht, dass die Hinrichtung eines deutschen Staatsangehörigen schwerwiegende Folgen haben wird», sagte Baerbock. Irans Justiz verweigerte bis zuletzt konsularischen Zugang zu Sharmahd.
Sharmahd wurde in der iranischen Hauptstadt Teheran geboren, wuchs in Deutschland auf und lebte zuletzt in den USA. Von dort aus setzte sich auch seine Tochter Gazelle vergeblich für die Rettung ihres Vaters ein. Weder flehende Appelle noch politischer Druck zeigten Wirkung.
So hatte etwa CDU-Chef Friedrich Merz eine politische Patenschaft übernommen. Er verurteilte die Hinrichtung als «scheußliches Verbrechen» und forderte, den iranischen Botschafter in Berlin auszuweisen. «Die Herabstufung der diplomatischen Beziehungen auf die Geschäftsträgerebene ist angezeigt», schrieb Merz auf der Plattform X.
Renata Alt (FDP), Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, sprach von einer «schrecklichen Nachricht». Die brutale Hinrichtung sei «ein weiterer Beleg dafür, dass mit diesem Terrorregime keine konstruktiven Verhandlungen möglich sind».
Urteil um die Exil-Oppositionsgruppe «Tondar»
Ein Revolutionsgericht hatte Sharmahd im Frühjahr 2023 wegen Terrorvorwürfen verurteilt. Hintergrund dürfte sein Engagement in der iranischen Exil-Oppositionsgruppe «Tondar» (Donner) sein. Die iranische Staatsführung wirft der monarchistischen Organisation vor, für einen Anschlag im Jahr 2008 in der Millionenstadt Schiras mit mehreren Todesopfern verantwortlich zu sein. Die Vorwürfe lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Sharmahds Familie und Menschenrechtler wiesen die Anschuldigungen vehement zurück.
In blau gestreifter Gefangenenkleidung, wie sie im Iran üblich ist, saß Sharmahd vor Gericht. Staatliche Medien veröffentlichten immer wieder Fotos des 69-Jährigen – mal mit Brille, mal mit Gesichtsmaske und weit geöffneten Augen. Die bedrückenden Bilder sind die letzten öffentlich bekannten Aufnahmen vor seiner Hinrichtung. Todesstrafen werden im Iran normalerweise durch Erhängen vollstreckt.
Kritiker bezeichneten den Prozess als grob unfair – Sharmahd durfte keinen eigenen Anwalt wählen, und sein Aufenthaltsort blieb bis zuletzt unbekannt. Geständnisse, die im Staatsfernsehen ausgestrahlt wurden, könnten unter Folter erzwungen worden sein. Der Deutsch-Iraner war im Sommer 2020 unter mysteriösen Umständen während einer Reise aus Dubai in den Iran verschleppt worden; mehrere Berichte sprechen von einer Entführung durch den iranischen Geheimdienst. Seitdem saß er in Isolationshaft.
Familie warf Bundesregierung Untätigkeit vor
Die Bundesregierung hatte das Todesurteil gegen ihn scharf kritisiert und Sharmahds Freilassung gefordert. Dessen Tochter Gazelle warf dem Auswärtigen Amt regelmäßig Untätigkeit vor. Die Vollstreckung des Todesurteils dürfte in den diplomatischen Beziehungen zwischen Teheran und Berlin zu neuen Spannungen führen.
Nach der Protestwelle im Iran im Herbst 2022 und dem gewaltsamen staatlichen Vorgehen gegen die Demonstranten haben sich die Beziehungen zwischen dem Iran und Europa verschlechtert. Auch für ihre Nahost-Politik und die militärische Unterstützung Russlands steht Irans Regierung in der Kritik.
Vorsitz im Prozess hatte «Richter des Todes»
Hinrichtungen europäischer Staatsbürger sind im Iran äußerst selten. Doch mit der Vollstreckung von Todesurteilen gegen einen Schweden und einen Briten, die beide auch die iranische Staatsbürgerschaft besaßen, löste die iranische Justiz im vergangenen Jahr einen Aufschrei aus. Experten kritisierten immer wieder, dass der Sicherheitsapparat des Irans Ausländer inhaftiert, um wichtige Funktionäre im Ausland freizupressen. Auch Sharmahds Familie hoffte bis zuletzt auf einen solchen Deal.
Der Fall des Deutsch-Iraners ist politisch äußerst brisant. Das zeigte sich auch in iranischen Reaktionen auf Kritik aus Berlin. Anfang 2023 erklärte der damalige Außenamtssprecher Nasser Kanaani, dass Deutschland zu emotional reagiere. «Die Islamische Republik Iran wird niemanden um Erlaubnis fragen, um gegen Terrorismus vorzugehen.»
Den Vorsitz im Sharmahd-Prozess hatte Abolghassem Salawati, auch bekannt als «Richter des Todes», der von den USA und der Europäischen Union mit Sanktionen belegt wurde.