Problem für die Reisebranche
Für die Reisebranche ist die Zunahme von Fake-Bewertungen ein echtes Problem. Schließlich geht es dabei um viel Geld, denn Kundenbewertungen zählen zu den wichtigsten Kriterien für die Kundenentscheidung. Nach Angaben des Händlerbunds VDE beeinflussen Bewertungen anderer User 82% der Kaufentscheidungen im Einzelhandel. Diese Quote darf man wohl eins zu eins auf Portale zur Reisebuchung übertragen. Diese verlieren wegen der zunehmenden Fake-Bewertungen an Glaubwürdigkeit und gehen deshalb zum Gegenangriff über.
So klagte unlängst das Reiseportal Holidaycheck vor dem Münchner Landgericht gegen die Firma Fivestar – mit Erfolg. Das dubiose Unternehmen sitzt im mittelamerikanischen Kleinstaat Belize und stellt auf Bestellung getürkte Hotelbewertungen her. Die Münchner Richter erachteten dies als rechtswidrig. Trotzdem ist man Holidaycheck nicht so richtig glücklich, denn obwohl man dort mittlerweile ein Team von 60 Experten beschäftigt, das eigens für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Hotel-Ratings abgestellt ist, kam man den Betrügern erst sehr spät auf die Schliche.
Betrug leicht gemacht
Das Urteil gegen Fivestar ist nur die Spitze des Eisbergs. In der Reisebranche geht man mittlerweile davon aus, dass circa 20% der Bewertungen im Internet getürkt sind. Bei seriösen Reiseportalen wie Holidaycheck, Booking.com, Expedia, lastminute.de oder ab-in-den-urlaub.de mag die Quote niedriger sein, da hier alle Bewertungen grundsätzlich von Mitarbeitern überprüft werden. Grundsätzlich ausschließen kann man Fake-Bewertungen aber auch hier nicht.
Bei Google und der Plattform TripAdivsor sind hingegen so gut wie keine Kontrollmechanismen vorhanden. Die Rezensionen auf diesen Plattformen sind bei der Auswahl des Hotels nicht so relevant, weil die meisten User beim Buchen einer Herberge meist innerhalb eines Portals agieren und hier auch die Bewertungen anderer User lesen. Wenn es aber darum geht, in Andratx, Amalfi oder anderswo am Urlaubsort ein schönes Restaurant mit gutem Essen zu finden, sind Google und TripAdvisor häufig die einzige Informationsquelle.
Profis am Werk
Die Fake-Profis gegen immer geschickter vor. Sie bedienen sich unterschiedlicher IP-Adressen und Autoren, die nicht selten untereinander virtuell befreundet sind, um so Authentizität vorzugaukeln. Darüber hinaus nutzen sie schamlos aus, dass Internet-User einer BITKOM-Studie zufolge Bewertungen im Internet mittlerweile mehr vertrauen als dem Rat von Freunden und Verwandten. Die meisten Internet-User haben zudem nach eigener Aussage wenig Lust viel Zeit in die Recherche zu investieren.
Dabei ist es doch einleuchtend, dass man sich bei der Auswahl eines Restaurants nicht nur auf das Rating eines Portals verlassen sollte. Mit Suchmaschinen wie Google, Ecosia, Startpage oder Duck Duck Go findet man im Handumdrehen Bewertungen auf weiteren Portalen und, wenn man Glück hat, sogar Warnungen vor Gastronomen, die mit illegalen Kniffen versuchen sich einen oberen Platz im Beliebtheits-Ranking zu verschaffen.
Spitzenplatz dank Fake-Bewertung
Das Gute ist: Nicht immer sind die Fälschungen professionell gemacht und für den Laien schnell zu erkennen, wenn er ins Detail geht. So gibt es z.B. in meinem kleinen Urlaubsörtchen in Italien eine Unzahl von Pizzerien, aber ausgerechnet die nicht besonders gute Pizzeria 500 Meter vom Hotel entfernt führt das lokale Ranking bei TripAdvisor an. Auffällig ist die Zahl der Bewerter, die insgesamt nur eine oder nur ganz wenige Bewertungen insgesamt abgegeben haben. Häufig haben Giovanni T. und Eleonora D. kein Profilfoto und wenige befreundete User vorzuweisen.
Der Fake-Verdacht liegt im konkreten Fall also nahe. Hinzu kommt, dass dieselben User, die das Restaurant X mit der höchsten Punktzahl bewerten und in den höchsten Tönen loben, der wirklich guten und auch vom lokalen Hotelpersonal empfohlenen Pizzeria Y ein paar Meter weiter gern eine äußerst niedrige Punktzahl geben. Noch viel krasser fällt das Missverhältnis zwischen den Bewertungen auf Google und TripAdvisor gegenüber den Empfehlungen eines klassischen qualitativ hochwertigen Reiseführers aus, wenn man in von Touristen überlaufene Städte wie Florenz, Pisa oder Lucca fährt.
Echte Menschen statt Fakes
Man sieht: Wie immer hat die Authentizität der Bewertungen etwas mit der Pflege durch die Portalbetreiber zu tun. Im Falle von Google und TripAdvisor scheinen die Standards des Betreibers nicht allzu hoch zu sein. Das hat auch damit zu tun, dass man möglichst viele Daten sammeln und später verkaufen möchte. Fake-Bewertungen werden so aber Tür und Tor geöffnet.
Andere Portalbetreiber gehen im Vergleich deutlich strikter vor. Holidaycheck haben wir ja schon als positives Beispiel für ein Reiseportal mit eigenem Fake-Check-Team genannt. Bei der Suche nach einem guten Restaurant kann z.B. das Portal Yelp helfen, da hier Mitglieder, die besonders aktiv sind und qualitativ gute Beiträge verfassen, mit dem sogenannten Elitestatus ausgezeichnet werden.
Die gute alte Mund-zu-Mund-Propaganda
Es lohnt sich also genauer hinzusehen und nicht vorschnell ein Zimmer in einem Hotel oder einen Tisch in einem Restaurant zu buchen. Und vielleicht sollte der eine oder andere einfach öfter auf Freunde, Bekannte und Verwandte hören. Die Meinung eines wohlmeinenden Menschen sollte uns doch mehr wert sein als die von unbekannten Quellen aus dem Netz.