Die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Smartphones in Deutschland betrug 2016 nach Angaben des Umweltbundesamtes nur zweieinhalb Jahre. Mittlerweile ist dieser Wert laut Schätzungen auf 40 Monate geklettert. Laut Statista.de besitzen 11% der Deutschen sogar ein Gerät, das älter als drei Jahre ist.
Die Gründe für diese Entwicklung sind vielschichtig. Zum einen sitzt das Geld bei vielen Bundesbürgern aufgrund der Inflation wegen der Corona-Krise und des Ukraine-Kriegs nicht mehr so locker, zum anderen hat der Gedanke der Nachhaltigkeit in der Zwischenzeit mehr Anhänger gefunden. So steigt nicht nur die Nutzungsdauer, sondern auch der Anteil gebraucht gekaufter Smartphones kontinuierlich.
Für wen lohnt sich das?
Das liegt daran, dass es mittlerweile viel mehr Sinn ergibt, sich ein gebrauchtes Gerät zu besorgen als noch vor ein paar Jahren. Die großen Hersteller haben die Versorgung mit Software-Updates massiv verbessert. So bekommen iPhones von Apple circa sechseinhalb Jahre lang Updates, Android-Marktführer Samsung liegt bei fünf Jahren und die Pixel-Smartphones von Google erhalten mindestens drei Jahre lang Updates. Aber auch die Hardware hat große Fortschritte gemacht. Ein neues Smartphone hält heutzutage locker fünf Jahre durch.
Der Kauf eines gebrauchten Smartphones lohnt sich im Prinzip also für alle Nutzer. Noch ein bisschen lohnt er sich jedoch für diejenigen, die High-End-Qualität suchen, etwas weniger Geld dafür ausgeben wollen und kein fehlerfreies Aussehen erwarten. Vor allem für Käufer von Android-Smartphones kann sich ein Gebrauchtkauf lohnen, denn diese Geräte verfallen schneller im Preis als iPhones.
Private und professionelle Anbieter
Private Angebote für gebrauchte Smartphones finden sich auf Kleinanzeigen-Portalen wie kleinanzeigen.de, Facebook Marketplace, Kalaydo, Locanto oder Quoka. Eine weitere Quelle sind Flohmarkt-Apps wie Shpock oder Letgo. Zudem gibt es im Internet zahlreiche professionelle Anbieter für gebrauchte Smartphones, so etwa Asgoodasnew.com, Buyzoxs.de, Clevertronic.de, Myswoop.de, Rebuy.de oder Refurbed.de. Das Portal Backmarket bündelt die Angebote einiger Reparaturdienstleister, Shops und Werkstätten.
Die Regeln ähneln denen beim Kauf eines gebrauchten Autos: Der Vorteil der Privatangebote ist der durchschnittlich niedrigere Preis, der für gebrauchte Smartphones aufgerufen wird. Professionelle Anbieter sind allerdings zwar meist teurer, aber dafür erhält der Käufer an Stelle unvollständiger Zustandsbeschreibungen und unscharfer Bilder eine detaillierte Beschreibung des Geräts und nicht zuletzt eine Gewährleistung. Allerdings beträgt diese meist – entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen – maximal ein Jahr.
Erst checken, dann kaufen
Wer bei einem Händler oder einer Privatperson vor Ort ein gebrauchtes Modell kauft, hat den Vorteil, dass er das Smartphone direkt auf sichtbare Beschädigungen überprüfen kann. Man sollte sich auch immer das komplette Zubehör mitgeben lassen und das Gerät einmal einschalten, um die wichtigsten Funktionen wie Display, Kamera oder Taschenlampe zu checken.
Gerade beim Privatkauf lohnt es sich, bei einem Anbieter in der gleichen Gegend etwas mehr zu bezahlen, denn beim Online-Kauf ist die Gefahr, auf einen Betrüger hereinzufallen, doch größer. Nichtsdestotrotz sind Online-Portale ein gutes Mittel, um den verlangten Preis mit denen der Konkurrenz zu vergleichen. Ist die Differenz groß, hat man Argumente, um den Preis herunterzuhandeln.
Der Vergleich mit den bekannten Online-Portalen gilt übrigens auch, wenn der Preis bei einem konkreten Angebot ungewöhnlich niedrig ist. Gerade Betrüger gehen mit niedrigen Preisen auf Kundenfang, sind rechtlich aber häufig nicht greifbar, weil sie ihren Sitz im Ausland haben.
Die Mängel-Klassiker
Der Vorteil eines gebrauchten Smartphones vom seriösen Händler ist die besagte Gewährleistung. Oft stellt sich nämlich erst nach einiger Zeit heraus, dass Bauteile Mängel aufweisen.
Ein Klassiker unter den Mängel-Kandidaten ist der Kopfhörer-Anschluss, da dieser anfällig für Staubschäden ist. Die 3,5-Millimeter-Klinkenbuchse ist bei den meisten Smartphones nämlich offen. Nur manche sogenannte Outdoor-Smartphones, die für den Einsatz in freier Natur oder in schwierigen Umgebungen wie Baustellen konzipiert sind, haben für diese Buchse einen eigenen Schutz.
Ebenfalls ein häufig beobachtetes Problem bei gebrauchten Smartphones ist der Akku. Gebrauchte Lithium-Ion-Akkus, die in den meisten Handys eingesetzt werden, haben teilweise eine kürzere Laufzeit als neue Akkus, weil sich die Kapazität mit jedem neuen Aufladevorgang vermindert.
Das Problem: Inzwischen wird die große Mehrheit gebrauchter Smartphones mit fest verbauten Batterien ausgeliefert. Ein Tausch im Handy-Shop kann auch mal bis zu 100 Euro kosten.
Wer hingegen ein gebrauchtes Smartphone mit wechselbarem Akku kauft, kann für vergleichsweise kleines Geld einen neuen Energiespeicher kaufen und diesen direkt selbst einsetzen. Bei Smartphone wie dem Fairphone 4 können sogar weitere Bauteile wie z.B. die Kamera ohne großen Aufwand selbst ausgebaut und getauscht werden.
„Refurbished“ statt neu
In der Vergangenheit kam es öfter vor, dass Kunden, die sich eigentlich ein neues Smartphone zulegen wollten, ein gebrauchtes Exemplar erhielten. So wurden z.B. bei Amazon Geräte mit einem sogenannten „Refurbished Certificate” angeboten. Allerdings enthielt die Produktinformation erst einmal keinen Hinweis auf ein gebrauchtes Modell.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen klagte gegen diese Amazon-Praxis und gewann vor dem Landgericht München I. Auch der Zusatz „Refurbished Certificate” reichte nach Ansicht der Richter nicht. Ein durchschnittlicher Verbraucher sei mit dem englischen Begriff „refurbished“ nicht vertraut und könne sich darunter nichts vorstellen.
Zwar kursiert der Begriff „refurbished“ noch immer im Netz, doch in Deutschland angesiedelte Anbieter müssen darauf hinweisen, dass es sich um ein gebrauchtes Smartphone handelt. Ein „Refurbished Certificate“ ist für Kunden, die gezielt ein gebrauchtes Smartphone kaufen möchten, eigentlich ein Kaufargument, verspricht es doch ein hohes Qualitats-Level, denn es ist ein Beleg dafür, dass das Gerät runderneuert ist.