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Digitale Weihnacht überall

Das Weihnachtsfest 2020 ist wie kein anderes zuvor. Weniger Familienfeiern, weniger Kirchgänger, weniger Lametta – wie gut, dass uns das Internet hilft den Corona-Weihnachts-Blues zu überwinden.
Digitale Weihnacht überall
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Die Gnade der kurzen Reisedistanz

Ich weiß, dass ich in einer privilegierten Position bin. Meine Mutter wohnt in derselben Stadt und so kann ich problemlos mit ihr Weihnachten feiern. Man sucht zusammen einen schönen Tannenbaum aus, bestellt beim Metzger das gute Fleisch für das Weihnachts-Frikassé und lässt sich am Heiligen Abend von besinnlicher Musik berieseln – ein Stückchen Kindheit im Jahr 2020.

Viele andere Menschen sind im Vergleich dazu richtig arm dran. Froh ist, wer ein Auto hat und ohne Kontakt zu vielen anderen Reisenden zu den Eltern fahren darf. Ebenfalls froh ist, wer ein Ticket der Deutschen Bahn hat, wenngleich das Virus im Zug immer mitfährt. Nicht so froh ist, wer hingegen mit dem Flixbus in die Heimat fahren wollte, denn das Fernbus-Unternehmen bietet wegen des neuerlichen Shutdowns keine Fahrten zwischen dem 17. Dezember 2020 und dem 11. Januar 2021 an.

Geschäfte mit der Not

Zwar werden die Tickets erstattet, aber man mag sich mit Grauen vorstellen, wie es bei Anbietern von Mitfahrgelegenheiten zugeht. Ein guter Freund von mir, der zu Weihnachten immer zu den Eltern fährt, hat mir berichtet, dass ihm Mitfahrer tatsächlich zehn oder sogar 20 Euro extra geboten haben, nur um auch tatsächlich mitgenommen zu werden.

Er lehnt sowas aus ethischen Gründen ab, aber windige Geschäftemacher nutzen die Notsituation gern aus und verlangen hohe Preise. Wiederum andere potenzielle Mitfahrer schaffen es gar nicht eine Fahrt über die diversen Mitfahrzentralen im Netz zu buchen, weil die Server überlastet oder alle Plätze gebucht sind.

Familien werden zu WhatsApp-Gruppen

Da kann ich die Leute gut verstehen, die aus Angst vor Ansteckung gar nicht erst zu den Eltern fahren und nun tatsächlich WhatsApp-Gruppen gründen, um einander virtuell näher zu sein – eine richtig schöne Idee, wie ich finde, zumal sie einfach umzusetzen ist. Voraussetzung ist natürlich, dass die Eltern einen PC oder ein Smartphone haben und mit den sozialen Medien umzugehen wissen.

Umso schöner ist es dann, wenn Klein-Jacqueline ihr Weihnachtsständchen vor der Smartphone-Kamera einsingt und alle Familien- bzw. Gruppen-Mitglieder live dabei sein können. Oder wenn Onkel Herbert und Tante Erna den anderen über die sozialen Medien Fotos von Weihnachtsbaum und Geschenken schicken. Strahlende Kinderaugen, wenngleich nur virtuell, waren und sind das schönste Weihnachtsgeschenk.

Tristesse im Seniorenheim

Trotzdem sind solche digitalen Weihnachten irgendwie traurig, denn sie können den echten Besuch von Kindern und Enkelkindern nicht ersetzen. Richtig leid tun mir in diesen Tagen die älteren Herrschaften im Seniorenheim, denen vielleicht nur noch das Telefon bleibt, um mit ihren Lieben in Verbindung zu bleiben. Einsamkeit an Weihnachten – das ist wohl das Schlimmste, zumal wenn man bedenkt, dass die Seniorenheime schon im ersten Corona-Lockdown im Frühjahr keine direkten Kontakte mit Angehörigen zuließen.

Doch nicht nur Oma und Opa fehlt die Familie. Den jüngeren Generationen geht es genauso. Einige backen zum ersten Mal in ihrem Leben Plätzchen und versuchen so ein bisschen Weihnachts-Feeling einziehen zu lassen. Die Küchen-Novizen verlassen sich dabei auf die Rezept-Ratschläge der Oma oder ganz modern und digital auf Plattformen wie Chefkoch.de. Natürlich sollte man sich die Zutaten rechtzeitig besorgt haben, um dann stolz das Ergebnis über die sozialen Medien zu präsentieren.

Gutschein statt Last-Minute-Geschenk

Wiederum andere haben kurz vor dem Fest immer noch kein Geschenk und entscheiden sich der Empfehlung des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) zu folgen. Der meinte, er sei besser angesichts geschlossener Geschäfte nicht bei Amazon zu kaufen, sondern stattdessen einen Gutschein zu erwerben, um so den Einzelhandel zu unterstützen.

Endlich mal eine praxisnahe Empfehlung eines Politikers, wenngleich dieser genauso wie die anderen Ministerpräsidenten und die Bundesregierung die Entscheidung der kurzfristigen Schließung der „nicht systemrelevanten“ Geschäfte zum 16. Dezember verfügt hat. Das Praktische ist jedoch, dass nicht nur die großen Einzelhandels-Ketten, sondern auch immer mehr kleinere Geschäfte Online-Gutscheine anbieten – auch mit Hilfe von Unternehmen wie Gurado.de, die Einzelhändlern individuelle Gutschein-Lösungen anbieten.

Früher war mehr Lametta

Nicht nur im Einzelhandel, auch in den Kirchen war früher mehr Lametta. Wenn zu Weihnachten vor allem diejenigen Schäfchen die Kirchen fluteten, die sonst nur selten den Weg ins Gotteshaus fanden, freuten sich der Pfarrer und nicht zuletzt der Klingbeutel. Unter Corona-Bedingungen sind aber viel weniger Kirchenbesucher zugelassen, so dass die Kirchen schon jetzt voraussagen, dass sie in diesem Jahr deutlich weniger für gute Zwecke einsammeln werden.

Wer den Kirchgang wegen Corona ausfallen lässt, hat aber trotzdem die Möglichkeit zu spenden – online sind „Adveniat“, „Brot für die Welt“ oder auch andere Hilfswerke wie UNICEF vertreten. Und immer mehr Gottesdienste werden selbstverständlich online übertragen. Entsprechende Links finden sich auf den Seiten des jeweiligen Bistums.

2021 wird alles besser

Es bleibt also die Hoffnung, dass 2021 tatsächlich alles besser wird, zumal die Verteilung der Corona-Impfstoffe nun auch in der EU beginnt. Haben Sie derweil ein paar besinnliche Weihnachtsfeiertage!

 

© Tom Meyer
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