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Wie Schulen in Hessen mit dem Nahostkonflikt umgehen

Der Angriff der Hamas auf Israel und der Krieg in Gaza wühlt Schüler auf und fordert Lehrer heraus. Die GEW wünscht sich in dieser Debatten eine neue Haltung: Weniger «Ich erkläre Euch die Welt», mehr «Ich höre Euch zu».
Thema Nahostkonflikt in Schulen
Mike Josef (SPD, l.), Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt, nimmt zusammen mit Awa Javari an einer Diskussion über den Nahostkonflikt und Antisemitismus teil. © Arne Dedert/dpa/Archivbild

Die Ereignisse im Nahen Osten bergen Konfliktpotenzial auch für hessische Schulen. Das Thema sei «eine schwere Herausforderung für die Lehrkräfte», sagte der Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW Hessen, Thilo Hartmann, der Deutschen Presse-Agentur. «Lehrkräfte haben uns in den vergangenen Wochen immer wieder rückgemeldet, dass die Situation in Israel und dem Gazastreifen ein Thema ist, dass alle emotional berührt und beschäftigt.» Strafrechtlich relevante Vorfälle gab es nach übereinstimmenden Einschätzungen der GEW Hessen und des Kultusministeriums bisher aber wohl kaum.

Das Kultusministerium will Lehrer in diesen Debatten unterstützen. Es sei wichtig, die Situation altersgemäß zu thematisieren «und zu verhindern, dass sich Hassgefühle und Gewalt - auch im Klassenzimmer oder auf dem Schulhof - ausbreiten», sagte Kultusminister Alexander Lorz (CDU) in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der SPD-Abgeordneten Nina Heidt-Sommer.

Das Ministerium habe Hilfen für den Unterricht und den Umgang mit Konflikten zusammengestellt. Infos und Materialien könnten über die Internetseite des Kultusministeriums abgerufen werden. Es gebe Angebote für verschiedene Themen: Nahostkonflikt, Antisemitismusprävention, Beratungsangebote, Projekte, rechtliche Hinweise und Meldestellen.

Das Ministerium habe «getan, was man tun konnte», sagte Hartmann. Wie oft die Angebote genutzt wurden, kann die Gewerkschaft aber nicht einschätzen, schließlich komme all das «on top» zu einem vollen Stundenplan und vielen kranken Kollegen. Viele Schulen hätten auch selbst Konzepte entwickelt, viele Lehrer hätten sich stark engagiert. «Ich habe den Eindruck, dass das an vielen Schulen gut gelaufen ist», sagte Hartmann.

Wichtig sei der GEW dabei, dass die Schulen das komplexe Thema Nahostkonflikt nicht von oben herab behandeln: als wüssten die Lehrkräfte Bescheid und die Schüler müssten es lernen. «Die meisten Pädagogen kennen den Konflikt nur aus den Nachrichten, die Schülerinnen und Schüler haben aus der eigenen Biografie heraus aber oft einen ganz anderen Bezug zu dem Thema.»

Schüler mit palästinensischen Wurzeln seien teils verunsichert, schildert Hartmann die Rückmeldungen seiner Kollegen. «Sie fühlen sich nicht ausreichend gesehen. Sie wissen nicht, wie sie ihre Sorgen artikulieren können, ohne als antisemitisch wahrgenommen zu werden.»

Die Haltung der Lehrkräfte sollte daher nicht sein: «Ich erkläre Euch die Welt», sondern: «Ich höre Euch zu», betonte Hartmann. So könne die Schule helfen, Emotionen zu kanalisieren und damit Konflikten vorzubeugen. «Mehr zuhören ist wichtig, um die Gesellschaft wieder zusammenzuführen. Die Schule ist der richtige Ort, das zu lernen.» Dafür aber bräuchten die Lehrkräfte mehr Zeit und weniger Druck.

Ein Positivbeispiel war kurz vor den Ferien eine Veranstaltung in der Frankfurter Musterschule mit Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef (SPD). Der Politiker diskutierte offen mit den Jugendlichen, fragte nach, hörte zu. Die Lehrerinnen und Lehrer des Gymnasiums hatten die elften Klassen im Politikunterricht auf diese Debatte vorbereitet.

«Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich Antisemitismus und Hassgefühle im Klassenzimmer oder auf dem Schulhof zeigen», schrieb Kultusminister Lorz in seiner Antwort auf die Kleine Anfrage. Darauf müsse «mit aller Klarheit und Entschlossenheit reagiert werden».

Schulleitungen seien verpflichtet, antisemitische Vorfälle der zuständigen Schulaufsichtsbehörde zu melden. Diese müssen dann über weitere Maßnahmen entscheiden. «Neben einer Strafanzeige können die Maßnahmen aus Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern sowie deren Erziehungsberechtigten bis hin zu Ordnungsmaßnahmen wie dem Ausschluss vom Unterricht für den Rest des Schultages oder der Verweisung von der besuchten Schule bestehen.»

Auf Nachfrage teilte das Kultusministerium mit, dass sich die Zahl der aktenkundigen Verstöße «in sehr niedrigem Bereich» bewege. An die Schulämter seien weniger als ein Dutzend Vorfälle gemeldet worden, bei denen ein Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt angenommen wird, sagte ein Sprecher. Beim Verdacht einer Straftat werden die Fälle den zuständigen Strafverfolgungsbehörden zur weiteren Bewertung übergeben. Die Bandbreite der Reaktionen an den Schulen sei groß, darüber werde aber keine landesweite Statistik geführt.

Auch der GEW Hessen liegen keine Erkenntnisse über eine Häufung solcher Meldungen vor. «Wir haben von keiner Schule Hinweise bekommen, dass es vermehrt antisemitische, rassistische oder anderweitig strafrechtlich relevante Vorfällen gab», sagte Hartmann. Dass so etwas den Aufsichtsbehörden gemeldet würde, sei selbstverständlich. «Wir gehen davon aus, dass die Staatlichen Schulämter sich der Brisanz des Themas bewusst sind und die Schulen juristisch und pädagogisch unterstützen», sagte Hartmann.

© dpa ⁄ Sandra Trauner, dpa
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