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«Bin dauerhaft geschädigt» Opfer von Duisburg berichtet

Nach dem tödlichen Messerangriff auf einen 35-Jährigen und der Messerattacke mit vier Verletzten in einem Fitnessstudio in Duisburg hat ein IS-Anhänger die Taten gestanden. Nun kam der am schwersten verletzte Überlebende zu Wort.
Gerichtssaal
Das Strafgesetzbuch und Akten liegen in einem Gericht auf dem Tisch. © Swen Pförtner/dpa/Symbolbild

Im Mordprozess um die Anschläge eines geständigen IS-Anhängers in Duisburg hat das am schwersten verletzte Opfer von seinem Leidensweg berichtet. Der 21-jährige Lehramtsstudent sagte am Montag im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts als Zeuge aus.

Er habe am Tattag im Fitnessstudio in Duisburg trainieren wollen und sei in der Umkleide gewesen, als er plötzlich einen markerschütternden Hilfeschrei aus der Dusche gehört habe. «Ich habe gemerkt, da ist jemand in Todesangst. Ich wollte dann dahin, aber der Angeklagte kam mir schon entgegen und stach mit einem Aufschrei in meine rechte Seite. Was er geschrien hat, konnte ich nicht verstehen. Ich glaube, etwas Arabisches.»

Er habe das Messer noch wahrgenommen. «Aber es ging alles sehr schnell. Ich hatte keine Reaktionszeit. Er stand direkt vor mir. Es hat alles nur zwei bis drei Sekunden gedauert.»

Der Angeklagte, ein 27-jähriger Syrer, hat bereits ein Geständnis abgelegt. Im April hatte er laut Anklage auf offener Straße einen 35-Jährigen mit 28 Messerstichen ermordet und dann neun Tage später die Bluttat in einem Fitnessstudio mit vier Verletzten begangen. Angeklagt ist er wegen Mordes und dreifachen Mordversuchs.

Jemand habe gerufen: «Renn' um dein Leben!», berichtete der Zeuge am Montag weiter. Mehrere Menschen seien davongerannt. Er sei auch weggelaufen und vor der Frauenumkleide zu Boden gegangen. «Ich habe versucht, das Loch zuzuhalten.» Wie er heute wisse, habe er fünf Liter Blut verloren. «Ich habe Glück gehabt, dass eine Rettungssanitäterin privat vor Ort war und mir geholfen hat. Sie hat die Blutungen gestillt, so gut es ging und mich wach gehalten. Sie hat dafür gesorgt, dass ich durchhalte.»

Es habe eine Stunde gedauert, bis Rettungskräfte ihn behandelt hätten. «Bis ich im Krankenhaus war, habe ich alles mitbekommen.» Dann sei er drei oder vier Tage später aufgewacht. Eine Niere sei ihm entfernt worden, die andere habe wegen Komplikationen versagt. Sein Bauch sei immer wieder stark angeschwollen. Er habe mehrfach operiert worden müssen.

Nach einer Notoperation sei er dann nicht mehr in Duisburger Krankenhaus, sondern eine Woche später im Düsseldorfer Universitätsklinikum aufgewacht. Auch dort habe er sich noch mehreren Operationen unterziehen müssen. Eine größere Operation stehe ihm noch bevor.

Die ihm verbliebene Niere arbeite inzwischen wieder ein bisschen. Ihre Leistung liege derzeit aber nur bei 15 Prozent. «Das reicht nicht. Ich muss deswegen drei Mal pro Woche für viereinhalb Stunden an ein Dialysegerät.» Unter diesen Umständen sei es ein «Balanceakt, sein eigenes Leben unter Kontrolle zu bringen».

«Es hat ein paar Tage gedauert, bis ich realisiert hatte, was mir angetan worden ist.» Sein Studium habe er inzwischen in geringem Umfang wieder aufgenommen, allerdings nur online. Er könne keine Klausuren schreiben und auch nicht zur Universität fahren.

Ein Teil des Darms habe ihm ebenfalls entfernt werden müssen. Ein künstlicher Darmausgang behindere ihn sehr. Durch die lange Intubation habe er zudem vorübergehend seine Stimme verloren, die zum Glück inzwischen zurückgekehrt sei. «Ich bin dauerhaft geschädigt. Vor der Tat war ich topfit.»

Er habe sechs bis sieben Mal pro Woche Sport getrieben und sich sehr gesund ernährt. Das könne er wegen der Nierenprobleme nicht mehr. «Ich darf kein Obst und Gemüse essen», sagte er.

Sein Immunsystem sei sehr geschwächt, erst vor drei Wochen sei er mit einer schweren Lungenentzündung im Krankenhaus gewesen und als sich sein Katheter entzündet habe, sei er nur knapp einer Blutvergiftung entgangen.

Psychisch habe sich sein Zustand inzwischen verbessert. Er habe aber Angst in engen Räumen und vor Menschen mit langen Bärten. Nachts habe er Schlafschwierigkeiten. Seine Mutter habe zweieinhalb Monate Tag und Nacht neben ihm auf der Intensivstation verbracht, sie habe nicht arbeiten können deswegen.

Als ausgebildete Arzthelferin könne sie ihn zum Glück adäquat versorgen. «Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder so arbeiten kann, wie vor dem Vorfall.» Während des Studiums sei er als Sicherheitskraft bei Konzerten im Einsatz gewesen. Duisburger Kripobeamte hätten eine Spendenaktion für ihn gestartet. «Ich bin sehr dankbar dafür.»

Der Angeklagte hatte vor Gericht keine Spur von Reue gezeigt. «Ich wollte so viele Menschen wie möglich töten», hatte der 27-jährige gesagt, der als Flüchtling aus Syrien 2015 nach Deutschland gekommen war. «Ich wollte noch mehr Taten begehen, damit ich als Märtyrer sterbe, wenn ich dabei umgebracht werde.»

Nach der ersten Bluttat am 9. April in Duisburg hatte er eine Veröffentlichung der Terrorgruppe «Islamischer Staat» in seinem Facebook-Account weiter verbreitet: «Der Islamische Staat wird bleiben. Seine Soldaten erweitern die Kampffronten Tag für Tag, bis die ganze Erde zu einem einzigen Dschihad-Feld wird», heißt es darin.

© dpa ⁄ Frank Christiansen, dpa
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