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Bayer will Ruder mit Organisationsumbau herumreißen

Von klassischen Chemikalien hat sich Bayer längst getrennt, seine Agrarchemie und Arzneimittel bleiben den Leverkusenern erhalten. Der Vorstand legt Aufspaltungspläne zu den Akten, vorerst zumindest.
Bayer
Das Bayer Kreuz, das Logo des Unternehmens, leuchtet auf dem Werksgelände von Bayer. © Thomas Banneyer/dpa/Symbolbild

Nach einem Milliardenverlust und angesichts hoher Glyphosat-Rechtsrisiken in den USA setzt der Pharma- und Agrarchemie-Konzern Bayer beim Management den Rotstift an, um effizienter zu werden und Kosten zu senken. Der Konzern legte am Dienstag in London Zahlen zum Geschäftsjahr 2023 vor. Der Umsatz sank um gut 6 Prozent auf rund 47,6 Milliarden Euro. Vor allem wegen Wertberichtigungen in der Agrarsparte verbuchte der Konzern einen Verlust von 2,9 Milliarden Euro. 2022 war es noch ein Gewinn von 4,2 Milliarden Euro gewesen.

Die Zahlen verdeutlichen, dass der Konzern, dessen Börsenkurs im Keller ist und immer weiter sinkt, stark unter Druck steht. Einer von nicht wenigen Investoren geforderten kompletten Aufspaltung oder einer Aufgabe eines Teilbereichs - konkret des Geschäfts mit rezeptfreien Medikamenten - erteilte Konzernboss Bill Anderson aber eine Absage, vorerst zumindest. Die Antwort auf die Frage nach einem Teilverkauf laute «nicht jetzt», sagte Anderson. «Aber das sollte nicht als "nie" missverstanden werden. Natürlich werden wir für alles offen bleiben.» 

Das Hauptaugenmerk liege «auf der Bewältigung unserer Herausforderungen, der Steigerung unserer Performance und der Schaffung strategischer Flexibilität». Eine Trennung von Consumer Health wäre mit hohen Kosten und Steuereffekten verbunden, merkte der US-Amerikaner an.

Monsanto-Übernahme belastet 

Der Konzernchef ist erst seit vergangenem Sommer im Amt. Er ist Nachfolger des glücklosen Vorstandsvorsitzenden Werner Baumann, der die Übernahme des US-Rivalen Monsanto 2018 durchsetzte und sich damit auch dessen Rechtsprobleme um das Herbizid Glyphosat ins Haus holte. Die Monsanto-Übernahme kostete mehr als 60 Milliarden Dollar (heute 55 Milliarden Euro). Seither ging es an der Börse bergab, Bayer ist dort nur noch etwa die Hälfte des damaligen Monsanto-Kaufpreises wert, und zwar inklusive Monsanto. Der Bayer-Börsenkurs ist so niedrig wie seit 2005 nicht mehr.

Mit Blick auf die Rechtsstreitigkeiten in den USA sollen «neue Ansätze inner- und außerhalb der Gerichtssäle» verfolgt werden, um rechtliche Risiken und die damit verbundenen Unsicherheiten zu reduzieren, hieß es von Bayer. Anleger kritisieren schon lange, dass es dem Konzern bisher nicht gelang, unter die Glyphosat-Problematik einen Schlussstrich zu ziehen. Per Ende Januar waren rund 54.000 Fälle offen, 2000 mehr als im Oktober. Die auch dafür gebildeten Rückstellungen beliefen sich per Ende 2023 noch auf 6,3 Milliarden US-Dollar (5,7 Mrd Euro). «Glyphosat ist sicher», betonte Anderson.

Management-Posten sollen wegfallen

Anstatt sich gesundschrumpfen zu wollen, will Bayer mit seinen bisherigen Geschäftsbereichen Agrarchemie (Crop Science), rezeptpflichtige Arzneimittel (Pharma) und rezeptfreie Tabletten und Cremes (Consumer Health) weitermachen und die eigene Bürokratie bekämpfen. Die Arbeitsabläufe sollen einfacher und effizienter werden. Aus Sicht des Vorstands gibt es viel zu viele Manager in dem Konzern, bis zu zwölf Ebenen bestehen den Angaben zufolge zwischen dem Vorstandsvorsitzenden Anderson und dem Kunden.

Von den knapp 100.000 Beschäftigten im Konzern - 22.000 davon in Deutschland - sind gut 17.000 Führungskräfte, von denen knapp ein Drittel kleine Teams von vier oder weniger Mitarbeitern führt. «Dies schafft nicht nur Komplexität, es zeigt auch die grundlegenden Herausforderungen eines hierarchischen Modells», sagte Personalchefin Heike Prinz. Künftig solle es nur noch fünf bis sechs Ebenen geben, jeder Manager soll mindestens 15 Mitarbeiter haben. «Wir stellen also unser Unternehmen vom Kopf auf die Füße – in allen unseren Geschäften», so Prinz.

Wie viele Management-Positionen dadurch wegfallen, ist noch offen. Erst will Bayer seine Strukturen durchleuchten und den Bedarf ermitteln. Im Pharmabereich in den USA hat Bayer die nun konzernweit anstehende Umstrukturierung bereits vorangetrieben. Die Anzahl der Manager wurde dort den Angaben zufolge um 40 Prozent reduziert, die Teamgröße wuchs von bisher acht bis neun auf jetzt 15 bis 20. «Dies hat bereits zu radikalen Veränderungen geführt und enorme Kräfte freigesetzt», sagte Prinz. «Mit einer viel flacheren Organisation, in der mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von viel weniger Führungskräften gecoacht und geleitet werden.»

125 Jahre Aspirin

Analysten reagierten zurückhaltend auf die Jahreszahlen und Pläne der Leverkusener Traditionsfirma. Man habe eine Aufspaltung von Bayer erwartet, schrieb Analyst Peter Spengler von der DZ Bank. Damit entfalle nun ein möglicher Kurstreiber. «Allerdings gibt es meist keine schnellen und einfachen Lösungen für bestehende Probleme.» Der Ansatz, das Unternehmen operativ zu verbessern, erscheine vielversprechend, aber auch langfristig angelegt. Markus Manns, Fondsmanager bei Union Investment, sah die Jahreszahlen im Rahmen seiner niedrigen Erwartungen. «Die Abspaltung von Consumer Health bleibt lediglich eine Option für die Zukunft», erklärte er. «Sollte der Aktienkurs sich nicht spürbar und dauerhaft erholen, wird das Thema schnell wieder zurück auf die Tagesordnung kommen.»

Wie viel Tradition in dem Leverkusener Unternehmen steckt, macht ein Jubiläum am Mittwoch deutlich: Am 6. März 1899 wurde das Schmerzmittel Aspirin beim Kaiserlichen Patentamt in Berlin eingetragen – danach wurde es zum meistverkauften Schmerzmittel der Welt und ein langjähriger Kassenschlager von Bayer. Die darin enthaltene Acetylsalicylsäure wirkt gegen Fieber, Schmerzen und Entzündungen sowie zur Prävention von Herzinfarkten. Für den Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer ist das Geschäft mit Aspirin noch immer wichtig, er führt weiterhin Forschungen zu dem Präparat durch. Produziert wird Aspirin in Bitterfeld in Sachsen-Anhalt und in Lerma in Mexiko. 

© dpa ⁄ Michael Schilling, dpa-AFX, und Wolf von Dewitz, dpa
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