Hannover oben, Braunschweig unten: Die sportliche Ausgangsposition lässt an der Favoritenrolle vor dem Niedersachsen-Derby keine großen Zweifel zu. Doch die Verantwortlichen bei Hannover 96 sind sich der Wirkung von brisanten Nachbarschaftsduellen bewusst. «Einfach zu zeigen, dass man bereit ist, für seine Farben zu leiden und für seine Farben zu gewinnen», formulierte 96-Coach Stefan Leitl am Freitag die vage, doch ebenso simple Erfolgsformel.
Die brisante Partie in der 2. Fußball-Bundesliga am Sonntag (13.30 Uhr/Sky) zieht die rivalisierenden Fans beider Lager wie immer in ihren Bann. Für manche Unterstützer ist der Derby-Sieg das Highlight einer Halbserie. Sportlich sind die Rollen schnell ausgemacht: Während die 96er durch kontinuierlich gute Leistungen auf Platz fünf verweilen, steht der ewige Kontrahent auf dem letzten Tabellenplatz.
96 ist trotz der aktuellen Probleme des größten Rivalen gewarnt. «Es wird ein hoch motivierter Gegner hierherkommen», sagte Leitl. «Wir sind gut vorbereitet, wir haben Bock, die Jungs haben gut trainiert und sie freuen sich auf das Spiel», fügte er hinzu und bekräftigte: «Wir unterschätzen niemanden.»
Auch aus Hannover heraus beobachtete Leitl wie sich beim Rivalen in den vergangenen Wochen «einiges getan» hat - so lautete zumindest Leitls diplomatische Umschreibung der Braunschweiger Krise. Nach nur vier Monaten hatte sich der Club von Trainer Jens Härtel getrennt. Das Vermächtnis: Tabellenletzter mit fünf Punkten. Interimstrainer Marc Pfitzner musste in seinem ersten Spiel an der Seitenlinie vergangene Woche ein klares 1:4 gegen Düsseldorf hinnehmen. Auch die Kaderplanung von Sport-Geschäftsführer Peter Vollmann wird von vielen Fans scharf kritisiert.
«Es gibt Spiele wie gegen Düsseldorf und jetzt auch gegen Hannover. Da muss fast alles passen, damit wir als Sieger vom Platz gehen», sagte Pfitzner am Freitag und fügte mit anerkennenden Worten hinzu: «Ich schätze sie als starkes Team ein, das eventuell bis zum Ende oben mitspielen wird.»
Die Derby-Bilanz der 2. Liga seit 2016 liest sich aus 96-Sicht etwas besser. Von sechs Spielen setzte sich Hannover in drei Partien durch, zweimal gab es Remis, einmal holte sich Braunschweig den Sieg. Und diesen Sieg feierte die Eintracht verdient beim 1:0 im März. Auch damals half der Eintracht eine kämpferische Leistung. Spielerisch wird die gebeutelte Braunschweiger Truppe wohl gegen die gut aufspielenden 96er keine Chance haben. Die Pfitzner-Elf muss auf die Magie und Unberechenbarkeit von Derbys setzen.
Nach einem ruckeligen Start des Kontrahenten aus der Landeshauptstadt, der auch mit scharfen Worten zwischen Mehrheitsgesellschafter Martin Kind in Richtung Trainer Leitl einherging, hat sich 96 deutlich verbessert. Und die Wogen haben sich geglättet. «Insgesamt hat sich die Mannschaft weiterentwickelt. Sie spielt auch Fußball, sogar ganz attraktiven Fußball», wurde Kind von der «Neuen Presse» zitiert.
Der attraktive Fußball sollte auch am Wochenende im Vordergrund stehen. Allerdings überschattet die Sicherheitslage rund um die Partie die sportlichen Nachrichten. Das Duell gilt deutschlandweit als eines der brisantesten Hochrisikospiele und wird von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet.