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Das große Kinosterben - Hollywood kommt Rom zu Hilfe

«Ein Herz und eine Krone», «Dolce Vita», «Konklave»: Rom gehört zu den großen Städten des Weltkinos. Aber immer mehr Filmtheater werden verdrängt. Jetzt kommt Unterstützung aus den USA. Und das hilft.
Kinosterben in Rom - Hollywood kommt zur Hilfe
Kinosterben in Rom - Hollywood kommt zur Hilfe
Kinosterben in Rom - Hollywood kommt zur Hilfe
Kinosterben in Rom - Hollywood kommt zur Hilfe

Das «San Giovanni»: zu. Das «Cinema America»: mit Plastik verhangen. Das «Paris», das «Royal», das «Maestoso»: alle geschlossen. In Rom, eine der Welthauptstädte des Kinos, haben in den vergangenen Jahren mehr als 45 Filmtheater dicht gemacht. Wo die Leute früher vor der Leinwand zusammensaßen, werden Supermärkte eröffnet, Einkaufszentren oder Luxushotels. Aus Filmpalästen werden Paläste des Kommerz.

Dagegen regt sich schon seit einiger Zeit Widerstand, manchmal sogar mit Erfolg. Doch der Trend, den es auch in anderen Städten gibt, hält an: zu groß die Konkurrenz durchs Internet und vor allem die Streamingdienste, zu enorm die Ausfälle während der Corona-Pandemie und sicherlich auch zu viele beliebige Filme. 

Auch in der Filmstadt Cinecittà am Rande Roms, wo Klassiker wie «La Dolce Vita», «Ein Herz und eine Krone» und «Ben Hur» entstanden, wird jetzt mitunter Billigware gedreht.

«Italo-Fraktion» in Hollywood startet Appell 

Doch nun kommt Hilfe von sehr weit weg - aus Hollywood, wo es unter den Stars viele mit italienischer Familiengeschichte gibt. Mit einem Appell zur Rettung der römischen Kinos haben sich Ikonen der amerikanischen «Italo-Fraktion» wie Francis Ford Coppola («Der Pate», «Apocalypse Now«) und Martin Scorsese («Taxi Driver») an die italienische Politik gewandt. Weitere Erstunterzeichner sind Regisseur Wes Anderson und Filmemacherin Jane Campion. 

In dem Brief an Präsident Sergio Mattarella und Ministerpräsidentin Giorgia Meloni heißt es, die Umwandlung von Kinos in Einkaufsstätten sei ein «schwerer Frevel - nicht nur für die reiche Geschichte der Stadt, sondern auch für das kulturelle Erbe, das künftigen Generationen hinterlassen werden soll».

Inzwischen haben mehr als 5000 Kinoleute unterzeichnet, andere Hollywood-Größen wie Steven Spielberg und George Lucas, aber auch neue europäische Stars wie Edward Berger, der nach dem Vierfach-Erfolg «Im Westen nichts Neues» mit seinem in Rom gedrehten Vatikan-Film «Konklave» gerade wieder aussichtsreich im Rennen um den Oscar dabei ist. 

Stararchitekt Piano: Sogar Barbaren haben Rom bewahrt

Hintergrund ist ein neues Gesetz der Hauptstadtregion Latium, wonach stillgelegte Filmtheater leichter zu Verkaufsstätten umgebaut werden können, während es für bestehende Kinos weiterhin verboten bleibt. Als einer der ersten Prominenten protestierte vergangene Woche der Stararchitekt Renzo Piano, zu dessen bekanntesten Bauten das Centre Pompidou in Paris gehört.

In seinem Plädoyer für die Kinos der Ewigen Stadt mahnte der Italiener: «Nicht einmal die Barbaren, die einst in Rom eindrangen, haben gewagt, es umzubauen, sondern es bewahrt.» Heute jedoch kündigten Immobilien-Eigentümer lieber den Kinobetreibern und ließen ihre Häuser jahrelang leer stehen, um dann beim Einzelhandel abzukassieren. Seine Rechnung: Ein Kino mit 5000 Euro Monatsmiete bringt über 15 Jahre hinweg 900.000 Euro, das gleiche Gebäude nach der Umwandlung mehr als zehn Millionen. 

Neue Kino-Idee mit Erfolg

Aus der Politik gab es auf all die Bitten zunächst keine Antwort. Nun aber gibt es einen Kompromiss: Künftig sollen zehn Jahre Leerstand abgewartet werden müssen, bevor eine Kino-Immobilie zu anderen Zwecken umgebaut werden darf. Damit wären Kinos mit laufendem Betrieb geschützt - und auch alle anderen, in denen irgendwann im letzten Jahrzehnt noch Filme gezeigt wurden. Bleibt es dabei, hätten die Proteste aus Hollywood durchaus geholfen.

In Rom gibt es auch schon den Beweis, dass neue Ideen für alte Kinos funktionieren können: Im früheren Arbeiter- und heutigen Szeneviertel Trastevere, mitten in der Stadt, hat das «Troisi» viel Besuch: ein moderner Saal mit 300 Sesseln, dazu ein Foyer für Veranstaltungen, eine Terrasse und mehrere Dutzend Arbeitsplätze (auf neudeutsch: Coworking Spaces). 

Großes Kino nach Umbau

Das «Troisi» wird von der Stiftung Piccolo America betrieben, bekommt auch Geld aus der Kulturförderung. Geöffnet hat es 365 Tage im Jahr rund um die Uhr. Neben aktuellen Filmen wie derzeit dem Oscar-Mitfavoriten «The Brutalist» stehen Klassiker auf dem Programm. 

Kürzlich, an einem Samstagmorgen um elf, lief «Der Weiße Hai» von Steven Spielberg aus dem Jahr 1975, im englischen Original mit italienischen Untertiteln. Der Saal war fast bis auf den letzten Platz gefüllt, vor allem jüngere Zuschauer, aber auch viele, die den Film schon kannten. Egal: Irgendwann kreischten sie alle. Großes Kino.

© dpa ⁄ Christoph Sator, dpa
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