Ich habe meinem Übergangsmann das Stilmagazin der GQ aufs Klo gelegt. Er soll sich wohlfühlen bei mir und etwas lernen. Der Mann bleibt lange auf dem Klo, nachdem er das Heftchen entdeckt hat. Er ruft seine Anmerkungen durch die Klotür hinaus, er hat eine Menge zu sagen.
Die Modestrecke empört ihn, ihm missfallen die Bärte der Models. „Milchbubis! Mit so einem Gesicht darf man gar keinen Bart tragen. Lächerlich!“ Anschließend liest er Preise vor. „Ha! Wir rechnen mal eben kurz durch, ja? Parka 1350 Euro, Pullover 530 Euro. Hose 200, Schuhe 500. Wir sind bei… warte kurz… 2600 Euro für ein Outfit. Das ist mein Nettomonatsgehalt.“ Ich habe vorher nicht gewusst, was der Mann verdient. 2600 Euro sind grundsätzlich OK, aber er hat neben mir auch noch seine Frau zu verwöhnen. Da wird es dann schon etwas knapp.
Er spricht sonst nicht so viel, der Mann, aber die GQ bringt ihm zum Plappern. „In was für einer Welt leben wir? Hier, Handtäschchen von Dolce & Gabbana. Preis auf Anfrage. Mann, Mann, Mann! Die haben noch nicht mal mehr die Eier, zu sagen: Leute, es ist wie es ist, das Ding kostet nun mal fünfeinhalb Riesen.“
Von „10 Tricks, die sie fitter und attraktiver machen“ finden nur zwei seine Gnade: viel schlafen und reichlich Orgasmen haben. Dann kommt George Clooney. Clooney, steht in der GQ, fuhr mal im echten Leben frontal mit dem Roller auf ein Auto, flog durch die Luft, landete auf der Straße und schrie vor Scherzen. Leichte Knieprellung. „Was für ein Weichei,“ sagt der Mann. „Ich habe nicht geschrien, als ich auf die Straße krachte und mir die Schulter zerschmettert habe.“
Danach wird es endlich erfreulich. Eine Strecke über den Paul Newman. „Siehst Du,“ sagt der Mann und zeigt durch den Türspalt ein Foto von Newman im blau-weiß gestreiften Shirt. „Wenn man gut aussieht, muss man sich nicht aufhübschen, da trägt man einfach gestreift.“ Der Mann selber trägt an sechs von sieben Tagen gestreifte Shirts, ich versuche, es ihm abzugewöhnen. Manchmal trägt er jetzt ein gestreiftes Hemd.