Wie wird der AfD-Politiker Robert Sesselmann den Landkreis Sonneberg als Landrat steuern? In Thüringen haben sich Landespolitiker besorgt gezeigt - vor allem mit Blick auf den Umgang mit Geflüchteten. Sesselmann sei zwar wie alle anderen an Recht und Gesetz gebunden, sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Madeleine Henfling, am Mittwoch im Landtag in Erfurt. «Meine Sorge ist aber tatsächlich, dass insbesondere Geflüchtete, aber auch andere im Landkreis Sonneberg in den nächsten Monaten es schwerer haben werden.»
Sesselmann wurde am Sonntag zum ersten AfD-Landrat Deutschlands gewählt, der zuständige Wahlausschuss stellte am Mittwoch fest, dass die Wahl ordnungsgemäß ablief. Thüringens AfD-Landespartei- und Fraktionschef Björn Höcke hatte den Wahlerfolg als «politisches Wetterleuchten» bezeichnet.
Henfling sagte, auch eine Verwaltung könne Menschen das Leben schwer machen. Es sei fraglich, wie sich beispielsweise eine Ausländerbehörde unter einem AfD-Landrat entwickele. «Was ich aber auch nicht einsehe, ist, dass wir jetzt Ausnahmeregelungen machen, weil ein Landrat jetzt der AfD angehört.» Sesselmann müsse auf die Finger geschaut werden, Geflüchtete in Sonneberg müssten unterstützt werden, forderte sie.
Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Torben Braga, sagte auf die Frage, welche AfD-Akzente Sesselmann als Landrat setzen könne, dass Geldleistungen auf Sachleistungen für Geflüchtete umgestellt werden könnten - «dort, wo es möglich ist». «Ich denke mal, das wird ein Fokus seiner Politik sein», sagte Braga. Zuvor hatte Thüringens AfD-Co-Chef Stefan Möller MDR Aktuell gesagt, es bestehe bei der Unterbringung von Flüchtlingen die Möglichkeit, «das Kontaktpotenzial und damit auch das Potenzial, der normalen Bevölkerung auf den Senkel zu gehen und auch friedlichen Asylbewerbern auf den Senkel zu gehen», zu minimieren.
Auch Braga wies darauf hin, dass ein Landrat eine Rolle bei der Entscheidung über die Form der Unterbringung von Flüchtlingen spiele. Zu dem Thema habe es in der Vergangenheit einen Antrag der AfD-Fraktion gegeben, dass «auffällig gewordene Flüchtlinge» gesondert untergebracht werden sollten.
Empört reagierte Braga auf die Ankündigung, dass Sesselmann wegen seiner Parteizugehörigkeit einem Demokratiecheck unterzogen werden soll. «Humbug, rechtswidrig, ein Angriff auf die Demokratie und ein Skandal», sagte Braga auf die Frage, was er von der Überprüfung hält.
Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft und beobachtet. Wegen dieser Einstufung soll Sesselmann überprüft werden. Im Kommunalwahlgesetz steht, dass zum Landrat nicht gewählt werden kann, «wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Landesverfassung eintritt».
Die geplante Überprüfung hatte das Thüringer Innenministerium am Dienstag bekannt gegeben. Zuständig ist als Rechtsaufsichtsbehörde das Thüringer Landesverwaltungsamt, das dann Informationen über Sesselmann zum Beispiel beim Verfassungsschutz oder dem Bundesarchiv einholen kann. Braga kritisierte das Vorgehen als «Gesinnungsprüfung» und kündigte an, dass die AfD den Vorgang in einer Aktuellen Stunde im Landtag thematisieren will.
Thüringens CDU-Fraktionschef Mario Voigt warnte davor, die AfD in eine Opferrolle zu bringen. «Ich hätte mir ein anderes Ergebnis gewünscht, aber das ist dann eine demokratische Entscheidung», erklärte er.
Linke-Fraktionschef Steffen Dittes dagegen sagte, es handele sich bei der Überprüfung um ein normales Verfahren. «Man kann ja auch nicht aus Angst vor einer politischen Reaktion, einer Gefahr für die Demokratie schutzlos entgegentreten.» Es sei aber bedauerlich, dass «diese Diskussion nicht schon vor der Wahl geführt worden ist».
Auch Dittes zeigte sich wie Henfling besorgt. «Wir haben ja die absurde Situation, dass möglicherweise Herr Sesselmann keinen Waffenschein bekäme - aufgrund der Einordnung der AfD und der rechtlichen Gesetzeslage -, aber gleichzeitig nun künftig Behördenleiter der die Waffenerlaubnis überprüfenden Ordnungsbehörde sein wird.» Es gebe da eindeutig Konflikte. Bei den meisten Aufgaben, die Landkreise aber zu bewältigen hätten, handele es sich um staatliche Aufgaben mit wenig eigenem Ermessen.