Richterbund: Viele kostenträchtige Baustellen in Justiz

Systemausfälle, veraltete Hard- und Software, überlastete Servicehotlines: Wie kann die Justiz im Wettlauf mit technisch hochgerüsteten Tätern mithalten? Eine Antwort darauf suchen Richter und Staatsanwälte derzeit beim Justizgipfel in Weimar.

Der Deutsche Richterbund pocht auf eine umfangreiche Investitionsoffensive für den digitalen Umbruch in der Justiz. Notwendig sei eine gemeinsame finanzielle Kraftanstrengung von Bund und Ländern, um die Justiz technisch auf die Höhe der Zeit zu bringen, sagte die Vorsitzende des Berufsverbandes, Andrea Titz, am Mittwoch zur Eröffnung des Deutschen Richter- und Staatsanwaltstages in Weimar. «Auch die breiteste Datenautobahn lässt sich mit der Postkutsche kaum befahren.»

Titz verwies auf viele kostenträchtige Baustellen im Justizalltag wie einer veralteten oder schlecht funktionierenden Hard- und Software, stundenlangen Systemausfällen oder behördenübergreifend nicht kompatiblen Systemen. Zugleich würden mit dem Kampf gegen Cyber-Kriminalität, gegen Hass, Hetze und Kinderpornografie im Internet die Anforderungen an die technische Funktionsfähigkeit der Justiz steigen, betonte Titz.

Der Gesetzgeber schreibt außerdem bis Januar 2026 die flächendeckende Einführung der elektronischen Akte vor. Zur Realisierung des Digitalpakts sei in den nächsten Jahren daher eine Bundesbeteiligung von rund einer Milliarde Euro und deutlich mehr Personal erforderlich, verlangte Titz. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte den Ländern für die kommenden Jahre aber nur 200 Millionen Euro für Projekte zur Digitalisierung ihrer Justizbehörden in Aussicht gestellt. Weitere Mittel - etwa für zusätzliche Stellen - waren nicht Teil des Angebots.

Trotz der außerordentlichen Belastungen des Staatshaushalts aufgrund des Ukraine-Kriegs oder der Finanzierung der Energiepreisbremse dürften dringend notwendige Investitionen in die Dritte Gewalt nicht einfach gestrichen werden, mahnte Titz. «Wer an der Justiz spart, spart am Rechtsstaat.»

Auf dem Deutschen Richter- und Staatsanwaltstag beraten die rund 1000 Teilnehmer noch bis Freitag unter anderem über die Chancen und Risiken von künstlicher Intelligenz im Justizalltag. Deren Einsatz sei nicht generell zu verteufeln, sagte Titz. Bei Prozessen mit wachsenden Daten wie zivilrechtlichen Massenverfahren oder umfangreichen Ermittlungen beispielsweise bei Wirtschaftsstrafdelikten sei künstliche Intelligenz durchaus sinnvoll. Aber nur wer die Risiken kenne, könne eine seriöse Entscheidung darüber treffen, wo künstliche Intelligenz zu befürworten sei. Die richterliche Entscheidung könne und dürfe sie nie ersetzen.

Zum Auftakt des Treffens zeichnete der Deutsche Richterbund am Mittwoch die venezolanische Richterin Maria Lourdes Afiuni mit dem Menschenrechtspreis aus. Der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Joachim Lüblinghoff, würdigte die Preisträgerin als ein großes Vorbild und «eine Heldin des Rechts».

© dpa
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