Gedenkstätten: Kampf gegen Desinformation im Netz

Die Relativierung von NS-Verbrechen und antisemitische Verschwörungslegenden im Netz will Buchenwald-Gedenkstättenleiter Wagner nicht unkommentiert stehen lassen. Gedenkstätten müssten geschichtspolitisch mehr eingreifen, fordert er.
Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, steht auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora. © Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild

Gedenkstätten sollten sich noch stärker als bisher gegen Desinformationen im Internet stellen - diese Ansicht vertritt der Buchenwald-Gedenkstättenleiter Jens-Christian Wagner. Man müsse dem Halbwissen und der Desinformation im Netz «so etwas wie eine quellengesättigte, fundierte Auseinandersetzung mit der Geschichte entgegensetzen», sagte Wagner der Deutschen Presse-Agentur. Es gebe eine Radikalisierung im Internet, die dazu beigetragen habe, dass sich antisemitische Verschwörungslegenden so rasant verbreiteten.

Wagner räumte ein, dass auch ihn die starke Wiederkehr des «klassischen Antisemitismus» mit der Behauptung einer «jüdischen Weltverschwörung» überrascht habe. «In Deutschland haben wir in den letzten zwei Jahren eine starke Zunahme des Antisemitismus gemerkt - im Zusammenhang mit der Pandemieleugnung und entsprechenden Verschwörungslegenden.» Diese Entwicklung erfülle ihn mit Sorge.

Holocaustleugner hätten vor 20 Jahren noch Bücher geschrieben, die von Kleinstverlagen herausgebracht worden seien. «Aber das hat nicht die große Masse erreicht. Mittlerweile kann ich so etwas im Netz posten und es verbreitet sich viral.» Es sei eine große Herausforderung, dass Wissensvermittlung und Meinungsbildung heutzutage vor allem im digitalen Raum stattfinde.

Für Gedenkstätten bedeute dies, dass sie nicht gute Bildungsarbeit vor Ort machen müssten, sondern auch im digitalen Raum stärker präsent sein sollten. Dazu gehörten digitale Bildungsformate.

Das sei aber nicht alles. «Wir wollen der Fake History mit seriöser und quellengestützter Arbeit entgegenwirken.» Dafür müssten historische Quellen zunehmend digital aufbereitet und im Internet zugänglich gemacht werden.

«Ich sehe unsere Aufgabe auch im Sinne der geschichtspolitischen Intervention», betonte Wagner. Als Beispiel nannte er Äußerungen des früheren Bundesverfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen, der bei Twitter behauptet hatte, Stoßrichtung der «treibenden Kräfte im politischen-medialen Raum» sei ein «eliminatorischer Rassismus gegen Weiße». Gedenkstättenleiter Wagner sagte dazu in der «Jüdischen Allgemeinen», diese Position sei als «klassische rechtsextreme Schuldumkehr» einzuordnen. Seine Reaktion auf Maaßens Äußerung sei eine «geschichtspolitische Intervention» gewesen: «Ich fühle mich immer dann gefordert, wenn NS-Verbrechen relativiert werden und Geschichtsrevisionismus betrieben wird.»

© dpa
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