Meisterschale diesmal knapp verpasst, DHB-Pokalfinale im Siebenmeter-Werfen verloren und jetzt bleibt noch eine Titelchance für den entthronten Meister: Der zweite Champions-League-Sieg nach 2002. Die abgelaufene Bundesliga-Saison ist dennoch als Erfolg zu werten, wenn man die vielen Rückschläge mit den Verletzungen der Stammspieler berücksichtigt. «Ich wusste, dass wir den THW Kiel heute nicht mehr angreifen konnten, so kämpferisch ich auch immer sein möchte, da muss man auch realistisch sein. Wichtig war, dass wir im Flow bleiben», sagte Trainer Bennet Wiegert nach dem 35:30 am Sonntag in Wetzlar und betonte mit Blick aufs Final Four: «Wenn viel passt an dem Wochenende, ist alles möglich. Und der Glaube daran, dass bei uns was passen könnte, der ist zu hundert Prozent da.»
Den Magdeburgern fehlten seit Dezember mit Omar Ingi Magnusson der bis dahin beste Torschütze, dazu riss sich Magnus Saugstrup das Kreuzband und zuletzt brach sich Spielmacher Gisli Kristjansson den Knöchel. Saugstrup und Kristjansson spielten unerwartet schon wieder. Das erhöht die Hoffnungen für das Final Four der Champions League am kommenden Wochenende in Köln erheblich, auch wenn der Halbfinalgegner FC Barcelona heißt. Die Magdeburger sind das einzige Team, das den spanischen Titelverteidiger in dieser Saison schon geschlagen hat: Mit 41:39 nach Verlängerung siegte Grün-Rot im Oktober bei der Vereinsweltmeisterschaft IHF Super Globe. Einen Titel hat der SCM also auf jeden Fall sicher. Die Deutsche Presse-Agentur listet die wichtigsten Köpfe der Saison auf:
Bennet Wiegert: Hauptverantwortlich für das Sportliche beim SCM ist «Benno» Trainer und Sportgeschäftsführer. Das Magdeburger Urgestein absolvierte gegen Stuttgart das 250. Bundesligaspiel als SCM-Trainer. Der in Magdeburg ausgebildete Spieler beklagt nicht Verletzungen, sondern hebt immer wieder die Teamleistung und den Zusammenhalt hervor. Wird einer seiner Akteure aber unterbewertet, lobt Wiegert auch mal explizit den einzelnen: Etwa Vladan Lipovina, der Magnusson-Vertreter Kay Smits vor allem defensiv entlastet. Ansonsten stellte der 41 Jahre alte Wiegert nach dem Ausfall von Kristjansson innerhalb von wenigen Tagen das gesamte Magdeburger Spielkonzept um - wichtige Siege gegen die Rhein-Neckar Löwen, Wisla Plock und Flensburg folgten.
Kay Smits: Kaum jemand glaubte nach dem Ausfall von Magnusson, dass diese Lücke irgendwie auch nur ansatzweise geschlossen werden konnte. Bis Smits aufdrehte. Er war plötzlich Dreh- und Angelpunkt des Spiels, erzielte aus allen Lagen Tore und war vom Siebenmeterpunkt abgezockt und cool. Am Saisonende war er bester Ligatorschütze der Magdeburger. Dass der Niederländer in der kommenden Spielzeit für Flensburg aufläuft, dürfte den SCM schmerzen, zumal sich die Verantwortlichen immer noch nicht zu einer Rückkehr von Magnusson geäußert haben.
Magnus Saugstrup: Der zweite schwere Schlag zu Jahresbeginn war der Kreuzbandriss des Kreisläufers im Februar. Bis dahin war der Däne Dreh- und Angelpunkt in Angriff und Verteidigung, einer der wichtigsten Spieler im SCM-Kader. Innerhalb weniger Tage holte der SCM mit Oscar Bergendahl einen Ersatzmann, der sofort einschlug und die Lücke gut schloss - bis Saugstrup völlig überraschend im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League gegen Wisla Plock wieder auf der Platte stand.
Gisli Kristjansson: Dieses Viertelfinale musste der SCM ohne Kristjansson bestreiten. Der isländische Spielmacher steht wie kein zweiter für das Magdeburger Offensivspiel, dass auf seinen schnellen Schritt in die Tiefe ebenso angewiesen ist wie auf seine genialen Anspiele - selbst unter Bedrängnis. Dass der 23-Jährige nur 29 Tage nach seinem Knöchelbruch schon wieder auf der Platte steht, wird Magdeburg vor dem Duell mit Barcelona viel Selbstvertrauen geben.
Marko Bezjak: Für ihn ist das Turnier in Köln der letzte Auftritt in Grün-Rot: Bezjak, der 2013 als genialer Spielmacher nach Magdeburg kam, wurde beim letzten Heimspiel verabschiedet. Nach zehn Jahren wechselt der heutige Abwehrspezialist zurück in seine Heimat Slowenien. In Magdeburg haben sie sein Trikot schon einmal provisorisch unter die Decke gehängt, auch wenn die endgültige Aufnahme in die «Hall of Fame» erst nach seinem Karriereende erfolgen wird. Nicht nur für Bezjak wäre ein Triumph in der Champions League ein fantastisches Ende seiner Magdeburger Zeit.