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Urteil im «Ku-Klux-Klan»-Prozess

Der Angriff auf Klima-Aktivisten in Seehausen in der Altmark sorgte im Sommer 2021 bundesweit für Aufsehen. Einer der Angreifer trug eine Ku-Klux-Klan-Kutte. Dabei geht es um mehr als Schüsse aus einer Paintball-Waffe.
Nach Angriff auf Klima-Aktivisten
Blick auf den Bahnhof Seehausen. © Florian Voigt/dpa

Es ist nur ein kurzes Handyvideo, das den Vorfall vom Juni 2021 zeigt. Eine Person mit weißer Kutte und spitzem Hut, die an den rassistischen Ku-Klux-Clan aus den USA erinnern, geht die Stufen zum Bahnhof Seehausen in der Altmark hinauf. Schüsse sind zu hören, wie aus einem Maschinengewehr. Über die Gleise hinweg schießt die Person auf eine Gruppe junger Menschen, die sich an dem verlassenen Bahnhof aufhält: Klima-Aktivisten, die gegen den Weiterbau der A14 protestieren. Mindestens 20 Schüsse sind es, sie stellen sich als Schüsse einer Paintball-Waffe heraus. Drei Personen werden leicht verletzt.

Am Freitag wurden drei Angeklagte am Landgericht Stendal verurteilt. Der Hauptangeklagte, der die Schüsse abgegeben hatte, wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Die beiden Mitangeklagten, die nach Ansicht des Gerichts die Tat filmten und das Fluchtauto fuhren, bekamen eine Geldstrafe in Höhe von 4000 Euro, sowie wegen Vorstrafen eine Haftstrafe von elf Monaten. Den Angeklagten sei es darum gegangen, die Aktivisten aus der Region zu vertreiben, begründete die Richterin das Urteil, «wenn nötig auch mit Gewalt».

Dabei gehe es um mehr als nur um diese eine Tat, sagt die Mobile Opferberatung im Norden Sachsen-Anhalts, die sich um Opfer rechter Gewalt kümmert. Denn der Vorfall hat eine Vor- und eine Nachgeschichte: Im Sommer 2021 besetzen Aktivisten aus ganz Deutschland Bäume im Losser Forst, unweit von Seehausen. Sie protestieren gegen den Weiterbau der A14. Im verlassenen Bahnhof von Seehausen richten Unterstützer aus der Gegend einen Info-Punkt ein. «Dann gab es eine massive Häufung von Übergriffen», sagt die Sprecherin der Opferberatung. Einbrüche, Brandangriffe, Verwüstungen, Körperverletzungen, Drohungen.

«Vorher hatten wir über Jahre in Seehausen keine rechten Vorfälle», so die Opferberatung. «Schlagartig änderte sich das und da wurde uns klar: Da hat das Feindbild gefehlt.» Im Verlauf des Prozesses habe sich durch vorgetragene Chatnachrichten von einem sichergestellten Handy herausgestellt, dass viel mehr Leute beteiligt gewesen seien, die Unterstützung vor Ort gegen die Klima-Aktivisten deutlich größer gewesen sei - und auch radikaler.

In den Chatnachrichten geht es um «Zecken», um Munition mit Stahlkern, um Gewaltfantasien. Bei einem der Angeklagten wird eine «Bombenwerkstatt» gefunden, wie ein Polizist während des Prozesses darstellt. Es soll nach Informationen der Ermittlungsbehörden auch eine «Verbindungsperson zwischen AfD-Funktionären und den gewaltbereiten Rechtsextremen» geben. Die Nebenklage sprach daher explizit von einer «rechtsextremen Gruppierung», die Tat wird auch vom Innenministerium als rechte politische Straftat bewertet. Verhandelt wurden jetzt nur die Schüsse mit der Paintball-Waffe. Um eine Bombenexplosion, bei der niemand verletzt wurde, geht es demnächst noch in einem weiteren Verfahren.

Der Soziologie Matthias Quent von der FH Magdeburg-Stendal beschäftigt sich seit Jahren mit Rechtsextremismus und erkennt im Kampf der Rechten gegen Klima-Aktivisten tieferliegende Muster. Es gehe um eine Bewahrung von Privilegien, sagte Quent vor einiger Zeit in einem Vortrag. «Der Kampf gegen die ökologische Wende ist letztlich ein Kampf für ein Weiter so.»

Das Innenministerium Sachsen-Anhalt teilte auf Anfrage mit, dass in den vergangenen zwei Jahren mindestens sieben Angriffe auf Klima-Aktivisten festgestellt wurden. Drei dieser Taten rechnet das Ministerium explizit dem rechten Spektrum zu.

In Seehausen ist es inzwischen wieder ruhiger geworden. Der Bahnhof ist durch einen Brand stark beschädigt. Die Waldbesetzer mussten im vergangenen Jahr das Lager im Wald räumen. Auch die Familie eines der Opfer zog weg. «Jetzt ist es wieder nichts», sagt die Sprecherin der Opferberatung. «Alle waren total überrascht davon, was für ein Gewaltpotenzial in diesem kleinen Örtchen steckt.»

© dpa ⁄ Simon Kremer, dpa
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