Den plötzlich vom Cheftrainer Bennet Wiegert geforderten Charaktertest hat der SC Magdeburg bestanden, das Spitzenspiel gegen Pokalsieger THW Kiel aber knapp verloren. Der deutsche Handballmeister musste zum Auftakt der Wochen der Wahrheit gegen den Vizemeister mit 33:34 (12:15) seine zweite Saisonniederlage hinnehmen. Dabei lag der SCM teilweise mit acht Toren zurück. Da rüttelte Wiegert nach 40 Minuten seine Spieler wach. «Es geht nicht um das Ergebnis, jetzt zeigt sich der Charakter. Wir wollen das Spiel noch gewinnen», appellierte der 40-Jährige in einer Auszeit ans Team.
Und das Meisterteam lieferte. In den letzten 20 Minuten starteten die Magdeburger eine kaum noch für möglich gehaltene Aufholjagd und hatten zum Schluss die Chance auf zumindest einen Punkt. Auch weil Wiegert auf eine offensive 3:2:1-Deckung umstellte und so Ballgewinne verbuchte. Zwei Minuten vor Schluss war der SCM bis auf einen Treffer heran. Und hatte nach der Roten Karte gegen Kiels Patrick Wienczek Überzahl. Doch am Ende war die Durchschlagskraft des THW-Rückraums zu groß.
«Dass ich darauf stolz bin, wie wir uns zurückfighten, ist keine Frage. Charaktertest bestanden», erklärte der Ur-Magdeburger Wiegert in der Pressekonferenz. Mit Blick auf die Stimmung in der Halle wurde der Coach kurz nachdenklich. «Wir wollen die Leute zum Wiederkommen überreden und das heißt, dass wir gewinnen und sie mit einem guten Gefühl nach Hause gehen. Ich weiß nicht, wie gut die Gefühlslage der Zuschauer ist, meine ist nicht so gut», sagte Wiegert.
Dabei war die Leistung auch vor der Pause nicht so schlecht, stellte er klar. «In der ersten Halbzeit ist mein Statistiktablet im grünen Bereich, weil es in der Angriffseffektivität mit 70 Prozent eigentlich gut läuft - aber bei Kiel läuft es halt noch besser.» Vom Rückstand habe sich sein Team verunsichern lassen und den Plan verloren. Zudem machten Kiels Weltklasse-Torhüter Niklas Landin und der treffsichere Rückraumschütze Eric Johansson mit acht Treffern den Unterschied.
Das Magdeburger Publikum feierte die Mannschaft trotz der Niederlage noch Minuten nach Schlusspfiff. Trotz der inzwischen fünf Minuspunkte für den SCM im Titelrennen ist noch nichts verloren. Auch in der Meistersaison unterlagen die Elbestädter daheim dem THW und verloren auswärts in Flensburg, exakt wie in der laufenden Saison. Bis zur Winterpause stehen in Liga, Pokal und Champions League noch zehn Partien an, darunter ein Auftritt in Berlin bei den Füchsen. Dann wird klarer sein, wo der SCM sich in dieser Saison einordnet.