Der Bund der Steuerzahler hat am Mittwoch neue «Verschwendungsfälle» aus Sachsen-Anhalt präsentiert, bei denen Steuergelder aus seiner Sicht unzureichend eingesetzt werden. Die Organisation kritisiert in ihrem Schwarzbuch Kostensteigerungen der Bundestraße 6n sowie zusätzliche Ausgaben für den Bau von Straßenmeistereien und die Errichtung einer weiteren Flüchtlingsunterkunft des Landes in Stendal. Zudem wird die Größe der Landesparlamente in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen angeprangert.
B6n wird teurer und später fertig
Erhebliche Kostensteigerungen und zeitliche Verzögerungen beim Bau der B6n stoßen auf scharfe Kritik. Den Angaben zufolge sind die Kosten für ein Teilstück zwischen Köthen und dem Anschluss zur A9 von ursprünglich 51 Millionen Euro auf 75 Millionen Euro gestiegen. Die Fertigstellung sei für 2026 vorgesehen, ursprünglich war diese für 2018 geplant. Die «extremen Verzögerungen und Verteuerungen» seien «nicht hinnehmbar», heißt es.
Die Gründe sollen unter anderem zusätzliche Artenschutzmaßnahmen sein. Es sind seltene Krötenarten entdeckt worden. Laut dem Steuerzahlerbund sollen 229 Tunnel für die Amphibien errichtet und Ausgleichsflächen angelegt werden. «Maßnahmen zum Artenschutz kosten Geld und müssen eingeplant werden.» Aufwand und Nutzen seien jedoch nur schwer nachzuvollziehen.
Neue Autobahn-Strukturen kosten Millionen
Seit 2021 werden die Autobahnen nicht mehr von den Ländern für den Bund, sondern vom Bund selbst betrieben. Hierzu hat der Bund eine neue Gesellschaft gegründet, die Autobahn GmbH. In Sachsen-Anhalt muss der Betriebsdienst für die Bundes- und Landesstraßen deshalb neu organisiert werden - es werden neue Gebäude errichtet. Gesamtkosten: rund 30,5 Millionen Euro. Das betrifft unter anderem die neu zu bauenden Straßenmeistereien in Bernburg (14 Millionen Euro) und in Berga (9,5). Es sei unverständlich, funktionierende Strukturen aus Gründen des Zuständigkeitswechsels zu zerschlagen, rügt die Organisation. «Die Steuergelder in Millionenhöhe werden sich nach hiesiger Einschätzung nicht rentieren.»
Flüchtlingsunterkunft in Stendal wird teurer
Das Land will in Stendal eine zweite Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge einrichten. Die Modernisierung der ehemaligen Kaserne mit 1000 Plätzen sollte zunächst 30 Millionen Euro kosten und 2020 fertig sein. Nun soll es laut dem Steuerzahlerbund wegen mehrerer Mängel mindestens vier Jahre länger dauern, die Kosten sind demnach auf rund 45 Millionen Euro gestiegen. Der Steuerzahlerbund kritisiert «falsche Planungen, nicht rechtzeitig erkannte Bausubstanzschäden und auch noch das Festhalten an alten fragwürdigen Konzepten».
Parlamente sollen mit weniger Abgeordneten auskommen
Der Steuerzahlerbund monierte die Größe der Landesparlamente von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Alle drei Landtage leisteten sich zu viele Abgeordnete, die Abweichungen zum Durchschnitt der Flächenländer seien gravierend. «Bei einer moderaten Reduzierung von jeweils 20 Abgeordneten in jedem der drei Landtage würde immer noch eine weit überdurchschnittliche und großzügige Ausstattung bestehen», so das Fazit. Sachsen könnte so pro Legislaturperiode rund 11,5 Millionen Euro sparen, in Sachsen-Anhalt und Thüringen seien es 11,3 Millionen beziehungsweise 9,4 Millionen Euro.
Außerdem wurden Auslandsreisen von Landtagsausschüssen in Sachsen-Anhalt angeprangert. Der Steuerzahlerbund warnte vor «Polit-Tourismus», weil Kosten und genaue Ablaufpläne zunächst nicht bekannt gewesen seien. Das Parlament will künftig besser über Reisen informieren. Dies sei im Sinne der Transparenz dringend notwendig, so der Steuerzahlerbund. «Die künftige Praxis der Landtagsverwaltung bleibt abzuwarten.»