Lob und Kritik für Dresdner Urteil gegen Lina E.

Das Oberlandesgericht Dresden befindet vier Anhänger der linken Szene mehrerer Gewalttaten für schuldig und verhängt mehrjährige Haftstrafen. Das Urteil spaltet - wie schon das gesamte Verfahren.
Urteilsverkündung
Ein Angeklagter hält einen Aktenordner vor sein Gesicht. © Sebastian Kahnert/dpa

Das Dresdner Urteil gegen die Studentin Lina E. und drei Mitstreiter wegen mehrerer gewalttätiger Angriffe auf tatsächliche und vermeintlich Rechtsextreme hat Zustimmung gefunden und Kritik ausgelöst. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) begrüßte den Richterspruch am Mittwoch. «Extremismus bekämpft man nicht mit Extremismus. Wir müssen unsere liberale Demokratie schützen vor ihren Feinden, doch nicht mit Selbstjustiz», schrieb der Politiker auf Twitter. Recht und Gesetz gelten für alle, hieß es weiter. «Wo die Grenzen der Rechtsordnung überschritten werden, sind Staatsanwaltschaft & Polizei gefordert.»

Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden verurteilte die gebürtig aus Kassel (Hessen) stammende und zuletzt in Leipzig lebende Lina E. am Vormittag zu fünf Jahren und drei Monaten Gefängnis, unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und gefährlicher Körperverletzung. Gegen drei mitangeklagte Männer von 28 und 37 Jahren aus Leipzig und Berlin verhängte die Staatsschutzkammer Freiheitsstrafen zwischen zwei Jahren fünf Monaten und drei Jahren drei Monaten.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht eine zunehmende Gefahr durch linksextreme Gewalttäter. «In linksextremistischen Gruppen sind Hemmschwellen gesunken, politische Gegner auch mit äußerster Brutalität anzugreifen», sagte die Politikerin zum Urteil. «Im demokratischen Rechtsstaat dürfe es keinen Raum für Selbstjustiz geben», hieß es in einer Mitteilung. Kein Ziel rechtfertige politische Gewalt.

Faeser mahnte, die Radikalisierungs- und Gewalt-Spirale dürfe sich nicht weiterdrehen. «Unsere Sicherheitsbehörden haben die gewaltbereite linksextremistische Szene sehr genau im Blick und werden weiter konsequent handeln», hieß es. Die Behörden würden zudem die linksextremistische Szene in den kommenden Tagen und Wochen weiter in den Fokus nehmen.

Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) kündigte weitere Ermittlungen an. Das Urteil habe unabhängig von der Höhe eine starke Signalwirkung und zeige, dass linksextremistische Gewalt nicht toleriert wird», erklärte er. «Die Ermittlungen verdeutlichen, dass die vier Verurteilten nicht alleine gehandelt haben. Wir werden weiter ermitteln, das Netzwerk weiter aufdecken und sind zuversichtlich, auch weitere Straftäter vor Gericht bringen zu können.» Das Urteil sei «ein Weckruf für die linksextreme Szene, nicht unterzutauchen und die Gewaltspirale weiterzudrehen, sondern sich zu mäßigen und auf den Boden des gewaltfreien demokratischen Diskurses zurückzukehren».

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) sieht ein «klares Signal eines funktionierenden Rechtsstaates». Die Justiz habe sich von deren monatelangen Drohungen nicht einschüchtern lassen, sagte DPolG-Bundesvorsitzender Rainer Wendt laut Mitteilung. Die Haftstrafen seien «angemessen und richtig». Die Polizei stehe als Trägerin des staatlichen Gewaltmonopols im Fokus gewaltbereiter Linksextremisten, wie auch Justiz und Justizvollzug.

Der Unterstützerverein Rote Hilfe (Göttingen) sprach auch unter Verweis auf eine «absolut dünne» Beweislage von einem «politischen Skandal». Der Prozess habe «von vornherein» zum Ziel gehabt, die Angeklagten «stellvertretend für die antifaschistische Bewegung zu kriminalisieren und einzusperren», teilte die Bundesgeschäftsstelle mit. So seien fragwürdige Anhaltspunkte zu Ungunsten der Beschuldigten interpretiert und entlastendes Material systematisch ignoriert worden. Das Urteil stelle «eine klare Verschärfung der politischen Justiz dar».

Auch der Co-Vorsitzende der Grünen Jugend, Timon Dzienus, stellte das Urteil infrage, nannte es «skandalös» und eine Farce. «Mit einem völlig übertriebenem und auf fragwürdigen Indizien beruhenden Prozess wird mit aller Härte gegen Lina E. und andere Linke vorgegangen», schrieb er auf Twitter. Er verwies auf ein deutlich geringeres Strafmaß für zwei Angeklagte aus der rechtsextremistischen Szene, denen ein Gericht zur Last legte, zwei Journalisten attackiert und schwer verletzt zu haben.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries kritisierte die Äußerungen von Dzienus auf Twitter. «Keine Distanz zur Gewalt und linksextremistischen Straftätern. Ich denke, die Grüne Jugend hat ein echtes Extremismusproblem», schrieb er. «So ein Sprecher wäre in jeder demokratischen Jugendpartei untragbar.» Er forderte die Grünen zum Handeln auf.

© dpa
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