Warnstreik wird Verkehr weitgehend lahmlegen

Viele Reisende und Pendler in Rheinland-Pfalz werden am Montag von einem großen Warnstreik im öffentlichen Verkehr betroffen sein. An dem Vorgehen der Gewerkschaften gibt es auch Kritik. Unternehmer nennen die angekündigten Streiks «scham- und maßlos».
Ein Beschäftigter trägt bei einem Warnstreik eine Warnweste von Verdi. © Tom Weller/dpa/Symbolbild

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) in Rheinland-Pfalz geht von einer «sehr hohen» Beteiligung ihrer Mitglieder bei dem für diesen Montag ausgerufenen Verkehrsstreik aus. Der Zugverkehr werde bereits in der Nacht zu Montag für ganz Rheinland-Pfalz zum Erliegen kommen, teilte Lars Kreer, Mainzer Geschäftsstellenleiter der EVG, mit. Die Auswirkungen werden nach seinen Worten den gesamten Schienenpersonennahverkehr, den Reisezugverkehr sowie den Güterverkehr betreffen. Der Streikbeginn wurde für Montag, 00.00 Uhr ausgerufen, das Streikende wird um 24.00 Uhr erwartet. In einigen Werkstätten beginne der Streik bereits am Sonntagabend mit der Nachtschicht ab 22.00 Uhr, teilte die EVG mit.

«Es wird noch intensiver, als wir ursprünglich gedacht haben», sagte Kreer am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. «Die Streikbereitschaft ist enorm und größer als 2018.» Das gelte auch für die Beschäftigten in den Stellwerken. Schwerpunkte des Ausstands werden unter anderem Trier, Koblenz und Kaiserslautern sein. Er hoffe auf Verständnis in der Bevölkerung für den Streik. «Wir machen es uns als Eisenbahner nicht leicht», sagte er. Aber viele Beschäftigte litten unter der hohen Inflation, und deswegen sei diese Tarifrunde auch so wichtig.

Am Montag ist den Angaben zufolge eine gemeinsame Veranstaltung der EVG mit der Gewerkschaft Verdi auf dem Bahnhofsvorplatz in Mainz geplant. Die Demonstration soll 10.00 Uhr starten, eine Kundgebung beginnt gegen 10.45 Uhr.

Die Deutsche Bahn stellt an diesem Tag den gesamten Fernverkehr ein. Auch im Regionalverkehr werde «größtenteils kein Zug fahren», hatte der Konzern bereits am Donnerstag mitgeteilt. S-Bahnen und Regionalzüge im Gebiet des Rhein-Main-Verkehrsverbunds (RMV) werden betroffen sein, wie der Verbund auf seiner Internetseite schrieb.

Das Verkehrsunternehmen Vlexx ging davon aus, dass es am Montag bei ihnen «zu einem nahezu vollständigen Stillstand des Verkehrsbetriebs» kommen werde. Das Personal von Vlexx beteilige sich zwar nicht am Streik, aber aufgrund des Streikaufrufs bei der DB Netz AG werde die Schieneninfrastruktur wohl nicht zur Verfügung stehen. Fahrgästen werde empfohlen, «von Reisen mit der Bahn Abstand zu nehmen».

Kritik an den geplanten Streiks kam von der Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU). «Die Streiks sind maßlos und in ihrem Umfang ein Angriff auf unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt», teilte LVU-Präsident Johannes Heger am Freitag mit. Das Recht zu streiken sei eine wichtige Errungenschaft. Verdi und EVG nutzten dieses Recht schamlos, um neue Mitglieder zu gewinnen. Der volkswirtschaftliche Schaden werde enorm sein.

Wer angesichts des erwarteten Stillstands auf den Schienen auf Busse ausweichen will, dürfte vielerorts auch Probleme bekommen. Im Verdi-Landesbezirk Rheinland-Pfalz-Saarland werden sich nach Gewerkschaftsangaben die Mitarbeiter der Betriebe SWK Kaiserslautern, Verkehrsbetriebe Pirmasens, Mainzer Verkehrsgesellschaft, KRN Kommunalverkehr Rhein-Nahe GmbH und RNV Ludwigshafen an dem Streik beteiligen.

Darüber hinaus wurden die Beschäftigten der DB Regio Bus Mitte an den Niederlassungen Ingelheim und Mainz, die Strecken für die Mainzer Verkehrsgesellschaft fahren, zum Solidaritätsstreik aufgerufen. Auch die Mitarbeitenden der Wasser-und Schifffahrtsverwaltungen Mosel-Saar-Lahn an den Standorten Trier und Koblenz sowie die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung Oberrhein sollen den Angaben zufolge die Arbeit niederlegen. Das Saarland war von dem Verdi-Streikaufruf im ÖPNV nicht betroffen.

Bei großflächigen Ausfällen von Bussen und Bahnen könnten Erziehungsberechtigte am Montagmorgen entscheiden, ob der Schulweg für ihre Kinder noch zumutbar sei, teilte das Bildungsministerium am Freitag in Mainz mit. Falls sie nicht zur Schule gingen, müsste die Schule informiert werden. Volljährige Schüler entschieden selbst über den Schulbesuch. Zudem könnten Schulen abwägen, ob wegen des Streiks Unterricht ausfallen sollte.

Die Vertretung von Schülerinnen und Schülern in Rheinland-Pfalz warnte: Diese dürften nicht unter der Situation leiden. Es könne nicht sein, «dass wegen fehlender Beförderungsmöglichkeiten zahlreiche Kinder und Jugendliche den Unterricht verpassen oder zu spät kommen». Man fordere Kommunen und Städte auf, «schnellstmöglich Maßnahmen zu ergreifen», um die Beförderung zu gewährleisten - etwa mit Ersatzbussen.

Die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP) erließ eine Ausnahme vom Sonntagsfahrverbot für Lastkraftwagen. Es gehe darum, die Lieferketten möglichst stabil zu halten und die Versorgung nicht zu gefährden. Ziel sei es, die Auswirkungen des Warnstreiks auf Unternehmen und Bevölkerung so gering wie möglich zu halten. Leidtragende seien gerade die Betriebe und Beschäftigte, deren Arbeit nicht aus dem Homeoffice erledigt werden könne.

Mit dem Verkehrsstreik machen die Gewerkschaften Druck auf die laufenden Tarifverhandlungen. Verdi fordert gemeinsam mit dem Beamtenbund dbb für den öffentlichen Dienst 10,5 Prozent und mindestens 500 Euro pro Monat mehr Lohn.

© dpa
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