Ob verbale oder körperliche Attacke - ein Deeskalationstraining soll Rettungskräfte in Rheinhessen auf brenzlige Situationen während Einsätzen vorbereiten. Das Angebot des Vereins «Helfer sind tabu» mit Sitz in Ingelheim richtet sich an die gesamte Blaulichtfamilie, von Notfallsanitätern bis hin zu Feuerwehrleuten, wie Frank Dernbach erklärt. Er ist stellvertretender Leiter Rettungsdienst für den Bereich Rheinhessen beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) und gleichzeitig Deeskalationstrainer des Vereins.
In den Kursen des Vereins «Helfer sind tabu», bei dem Vertreter der Rettungsdienstbehörde des Landkreises Mainz-Bingen, der Feuerwehr der Stadt Mainz sowie der Hilfsorganisationen DRK, Arbeiter Samariter Bund (ASB), Malteser und Johanniter sowie des Rettungsdienstes Corneli dabei sind, wird etwa gezeigt, wie sich ein Gegenüber anhand von Gestik und Mimik besser einschätzen lässt, wie frühzeitig möglicher Aggression begegnet werden kann, wie kommunikativ und von der Haltung her gegengesteuert werden kann.
Es sei ein sehr einsatzbezogenes Training, schildert Dernbach. Es gehe darum, wie Helfer Situationen entschärfen und sich im Fall des Falles schützen könnten. Körperliche Übergriffe nähmen zwar nicht exorbitant zu, wohl aber verbale, die bis hin zur Beschädigung von Fahrzeugen und Ausrüstung gehen könnten. So etwas werde fast schon als normal empfunden, sagt er. «Da wollen wir entgegenwirken.»
Teilnehmer eines Kurses in der Berufsfachschule Rettungsdienst des DRK in Mainz schubsen einander während des Trainings, gehen dicht aufeinander zu, wahren bewusst nicht die Distanz, schreien sich an, gestikulieren wild. Es gehe darum, wie sich so was anfühle, erklärt Dernbach. An Kissen werden abwehrende Schläge geübt, um zu sehen, wie viel Wucht es dafür brauche, wie kraftraubend das sein könne.
Ein Kursteilnehmer ist Armin Leimer, DRK-Rettungsassistent in Alzey, seit 35 Jahren in dem Job. Er sei schon einmal bei einem Patienten gewesen, bei dem der Verdacht auf einen Herzinfarkt bestanden habe. Es habe letztlich aber keine Lebensgefahr bestanden, also sei der Rettungswagen ohne Blaulicht ins Krankenhaus gefahren, habe an roten Ampeln gehalten. Das sei dem betrunkenen Sohn des Patienten nicht schnell genug gegangen, habe diesen in Rage gebracht. Am Ende sei der Mann auf den Notarzt losgegangen, er habe eingegriffen und unter anderem zwei gebrochene Rippen davongetragen, berichtet Leimer. Mit dem Angreifer habe er sich nach einer Mediation später die Hand gegeben und doch begleite ihn der Vorfall weiterhin. Insofern sei es für alle Rettungskräfte gut, ein solches Training zu absolvieren.