Boehringer Ingelheim sieht Standort Deutschland in Gefahr

Unternehmensführung und Betriebsrat suchen den Schulterschluss gegen Pläne des Bundesgesundheitsministeriums gegen das Defizit der gesetzlichen Krankenkassen. Die Pläne lassen bei dem Medikamentenhersteller die Alarmglocken schrillen.
Das Logo des Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim. © Andreas Arnold/dpa/Archivbild

Wegen der Pläne der Bundesregierung zum Ausgleich eines Milliardenlochs bei den gesetzlichen Krankenkassen fürchtet der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim um den Forschungs- und Produktionsstandort Deutschland. «Wenn das Gesetz durchkommt, ist das eine Entmutigung für Investitionen in Deutschland», warnte die Deutschland-Chefin des Konzerns, Sabine Nikolaus, am Dienstag. Deutschland könne es sich nicht leisten, diese Schlüsselindustrie zu verlieren.

Die geplanten Auflagen wie eine Erhöhung des Herstellerrabatts und ein Einfrieren der Medikamentenpreise würden die Innovationskraft der Pharmabranche in Deutschland mindern und hätten zudem dauerhafte negative Folgen für Patienten und Arzneimittelversorgung, sagte Nikolaus. Sie wies darauf hin, dass das Familienunternehmen nur 9 Prozent seines Umsatzes in Deutschland erwirtschafte, dass aber etwa jeder dritte der weltweit 52.000 Arbeitsplätze in Deutschland angesiedelt sei. Zudem würden 48 Prozent der weltweiten Investitionen in Forschung und Entwicklung in Deutschland ausgegeben.

Die Betriebsratsvorsitzende am Stammsitz Ingelheim, Sibylle Anhorn, sagte, bisher habe sich das Unternehmen dem Trend entgegengestemmt, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern. Das könnte sich wegen der Pläne des Bundesgesundheitsministeriums nun ändern. Es gehe nicht nur um 17.000 «hochwertige» Arbeitsplätze in Deutschland bei dem Unternehmen selbst, sondern um weitere 36.000 Arbeitsplätze bei Zulieferern, Dienstleistern und anderen.

Das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zusammengeschnürte Finanzpaket, gegen das auch Branchenverbände seit Wochen mobil machen, soll ein für 2023 erwartetes Minus von 17 Milliarden Euro auffangen. Bestandteile sind unter anderem auch ein zusätzlicher Bundeszuschuss von zwei Milliarden Euro, ein Abbau von Finanzreserven bei den Kassen, der Wegfall einer Extra-Honorierung für Neupatienten in Praxen und ein Beitrag der Pharmaindustrie.

Nikolaus kündigte an, dass der Konzern bis 2027 insgesamt 15 «innovative Therapien» - also keine Nachahmerprodukte - auf den Markt bringen will. «Die Pipeline ist prall gefüllt», sagte sie. Es gehe unter anderem um Medikamente aus den Bereichen Herz-, Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen, Immunologie, Krebsbekämpfung und Krankheiten des Zentralen Nervensystems.

Das familiengeführte Unternehmen mit Hauptsitz in Ingelheim (Kreis Mainz-Bingen) gehört mit weltweit über 52.000 Beschäftigten - davon etwa 17.000 in Deutschland - zu den größten deutschen Pharmaherstellern. Gewinn und Umsatz waren im vergangenen Jahr kräftig auf 3,4 Milliarden Euro beziehungsweise 20,6 Milliarden Euro gestiegen. Zweiter großer Standort in Deutschland ist Biberach in Baden-Württemberg mit knapp 6900 Beschäftigten.

© dpa
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