Die Vergabe des Nobelpreises für Medizin an die jahrelang für Biontech tätige Forscherin Katalin Karikó lenkt die Blicke auf den Forschungsstandort Mainz. Karikó erhält den Preis gemeinsam mit dem US-Amerikaner Drew Weissman für ihre grundlegenden Arbeiten, die unter anderem mRNA-Impfstoffe gegen Covid-19 ermöglichten, wie das Karolinska-Institut in Stockholm am Montag bekanntgab. Karikó arbeitete länger eng mit den Biontech-Gründern Ugur Sahin und seiner Frau Özlem Türeci zusammen, war in zentraler Funktion bei Biontech tätig und ist noch immer Beraterin der Mainzer Firma, die mit ihrem Impfstoff gegen Covid-19 weltbekannt wurde.
Glückwünsche für Karikó und auch Weissman kamen von Biontech sowie der rheinland-pfälzischen Landesregierung. Ihre Arbeit sei wegbereitend gewesen und habe eine der wichtigen Innovationen für den mRNA-basierten Covid-19-Impfstoff von Biontech und Pfizer gebracht, teilte Biontech in Mainz mit. «Wir schätzen Kati und Drew für ihre Leidenschaft, ihre Beharrlichkeit und ihr Engagement.» Dieser Nobelpreis solle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf der ganzen Welt daran erinnern, ihre Forschungsarbeit fortzusetzen und das volle Potenzial neuer Wirkstoffklassen auszuschöpfen.
Die 1955 in Ungarn geborene Karikó arbeitet derzeit an den Universitäten Pennsylvania (USA) und Szeged (Ungarn). 2013 traf sie den Biontech-Mitbegründer Sahin. Der «New York Times» sagte sie einmal, er habe ihr noch am selben Tag einen Job angeboten. Statt wie geplant zwei sei sie neun Jahre geblieben, sagte Karikó 2023 dem Leopoldina-Newsletter. Von 2013 bis 2022 war sie Senior Vice President für RNA-Protein-Ersatztherapien bei Biontech. Dann verließ sie das Unternehmen, seit Anfang Oktober 2022 ist sie noch dessen Beraterin - sie wolle neben vielen Vorträgen und Ehrungen weiter Zeit haben, sich auf dem neuesten Stand der Forschung zu halten, sagte sie.
Das Nobelkomitee betonte, Karikó und auch Weissman hätten mit ihrer Forschung «zu dem beispiellosen Tempo der Impfstoffentwicklung während einer der größten Bedrohungen für die menschliche Gesundheit in moderner Zeit» beigetragen. Die beeindruckende Flexibilität und Geschwindigkeit, mit der mRNA-Impfstoffe entwickelt werden könnten, ebnet nach den Worten des Nobelkomitees den Weg auch für Impfstoffe gegen andere Infektionskrankheiten. «In Zukunft könnte die Technologie auch zur Verabreichung therapeutischer Proteine und zur Behandlung bestimmter Krebsarten eingesetzt werden.»
Nach Einschätzung des rheinland-pfälzischen Wissenschaftsministers Clemens Hoch (SPD) rückt die Vergabe des Nobelpreises für Medizin Mainz in den Fokus. «Als Wissenschaftsminister erfüllt es mich natürlich mit großem Stolz zu sehen, dass heute die ganze Welt auf den Wissenschaftsstandort Mainz schaut», teilte der SPD-Politiker mit. Karikó habe mit ihrer Arbeit einen Paradigmenwechsel in der Medizin ausgelöst und Wege gefunden, die mRNA-Technologie zum Wohl der Gesellschaft nutzbar zu machen.
«Und das in Lichtgeschwindigkeit», betonte Hoch in Anspielung auf das Projekt «Lightspeed». Im Rahmen dieses Projekts wurde von der Biontech-Führung um Sahin und Türeci entschieden, alle Ressourcen des Unternehmens darauf zu konzentrieren, die jahrelang vor allem für die Krebsbekämpfung entwickelte und erforschte mRNA-Technik für die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs zu verwenden.
Minister Hoch sagte weiter, mit der Erfindung des modernen Buchdrucks durch Johannes Gutenberg habe schon einmal eine revolutionäre Erfindung von Mainz aus die Welt erobert und verändert. «Rund 600 Jahre später stehen wir durch die bahnbrechende Leistung von Ihnen, Frau Karikó, wieder am Anfang einer technologischen Revolution aus Mainz, die die Welt verändern wird - dieses Mal im Bereich der Medizin.»
Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) gratulierte Karikó. Ihr sei die Entwicklung einer mRNA-Technologieplattform gelungen, die maßgeblich für die weltweite Erstzulassung eines Corona-Impfstoffs durch Biontech gewesen sei. Die Technologie habe das Potenzial, unterschiedlichste Erkrankungen des Immunsystems künftig besser therapieren zu können und werde weit über die Corona-Pandemie hinaus für die Gesellschaft von unschätzbarem Nutzen sein.
«Wir verneigen uns allesamt mit größter Hochachtung vor der bahnbrechenden Entwicklung, welche Teile der Medizin auf eine neue Ebene verholfen hat», reagierte der Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) auf die Auszeichnung. «Ich gratuliere der Preisträgerin zu dieser außerordentlichen Ehrung und freue mich zugleich, dass die Landeshauptstadt Mainz erneut im Fokus der Weltöffentlichkeit steht.»