Oppositionsführer Christian Baldauf gibt überraschend sein Amt als rheinland-pfälzischer CDU-Fraktionsvorsitzender Ende März 2023 ab. «Es ist jetzt Zeit, den Übergang in der Landtagsfraktion einzuleiten», begründete der 55-Jährige am Donnerstag in Mainz seine Entscheidung. Bei einer Klausurtagung Anfang Januar werde die CDU die inhaltlichen und personellen Weichen für die künftige Fraktionsarbeit stellen. Der CDU-Fraktionschef hatte erst im März dieses Jahres auch den Vorsitz der Landespartei von Julia Klöckner übernommen. Die Trennung beider Ämter galt in der CDU als ein Grund für die Wahlniederlage 2021.
«Im März sind seit der letzten Landtagswahl zwei Jahre vergangen. Wir sind damals mit einer neuen, teils jungen Fraktion in die Legislaturperiode gestartet», heißt es in Baldaufs Mitteilung. «Mir war es wichtig, die Mannschaft zunächst als erfahrener Oppositionsführer zu begleiten. Inzwischen sind wir als Team zusammengewachsen.»
Baldauf hatte die Entscheidung am Mittwochabend auf einer Sondersitzung angekündigt. Offiziell gab er sie am frühen Donnerstagnachmittag schriftlich bekannt. Zu einer möglichen Nachfolge äußerten sich weder Baldauf noch die Fraktion. Im politischen Mainz wurde vor allem Generalsekretär Gordon Schnieder (47) als möglicher Nachfolger gehandelt, aber auch der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion Helmut Martin (59). Vom Zeitpunkt der Ankündigung Baldaufs - wenige Tage vor Weihnachten - zeigten sich viele politische Beobachter überrascht. Politische Gegner spöttelten über eine «Weihnachtsputsch»
«Der Zeitpunkt verwundert insofern, da die CDU bei den jüngsten Umfragen die SPD im Land überholt hat», sagte der Fraktionschef der Freien Wähler, Joachim Streit. «Die CDU hat jetzt die Aufgabe, die Lücke, die ein erfahrenen Landespolitiker hinterlässt, zu füllen. Die Frage ist: Schafft die CDU jetzt den Generationenwechsel oder wird es eine altgediente Zwischenlösung geben?»
Mit dem Ablauf von Baldaufs Rücktritt gibt die CDU nach Einschätzung von SPD-Fraktionschefin Sabine Bätzing-Lichtenthäler «erneut ein Bild einer Fraktion ohne Zusammenhalt und planvolles Vorgehen ab». «Dass offenbar Teile der Fraktion das Ende der Amtszeit quasi hinter dem Rücken des Fraktionschefs an die Presse durchstechen, zeigt, wie wenig geschlossen, strukturiert und respektvoll die größte Oppositionsfraktion auch intern agiert - und steht im Widerspruch zu Baldaufs Aussage, man sei «als Team zusammengewachsen».»
In Teilen der CDU-Basis gelte Baldauf als zu blass in seiner Rolle als Oppositionsführer, hieß es in der Partei. «Alle schätzen ihn, aber nicht alle trauen ihm den Wahlsieg zu.» Wenn sich jemand als Spitzenkandidat bekannt machen wolle, dann jetzt - der nächste Landtag wird voraussichtlich im Frühjahr 2026 gewählt. Es gab aber auch viel Lob für Baldauf, weil er den Weg frei mache, sich immer wider schützend vor die Partei gestellt und sich habe abwatschen lassen.
Nach Ansicht der AfD-Fraktion hat Baldauf mit seinem Rückzug «die Zeichen der Zeit erkannt und entsprechende Konsequenzen gezogen». Fraktionschef Michael Frisch sagte weiter: «Nun liegt es an der CDU-Fraktion, die Ära Merkel hinter sich zu lassen.»
Von einem konsequenten Schritt Baldaufs spricht auch die FDP-Fraktion. «Wie nach der Landtagswahl angekündigt, ebnet er damit den Weg für die Neuaufstellung der CDU-Fraktion», sagte FDP-Fraktionschef Philipp Fernis. Demokratie lebe vom Wettstreit unterschiedlicher politischer Ideen. «Diesen Diskurs mit Herrn Baldauf haben wir stets geschätzt.»
Der in Frankenthal geborene Politiker, Jurist und zweifache Vater hatte das Amt des CDU-Fraktionsvorsitzenden 2018 von Julia Klöckner übernommen, rund vier Jahre vor dem Parteivorsitz. Von 2006 bis 2011 war er schon einmal Fraktionschef. Seit 2006 ist Baldauf auch Mitglied des CDU-Bundesvorstandes.
In die Union hat ihn nach eigenen Angaben im Jahr 1983 die Politik von Helmut Kohl gebracht. 2021 war er bei der Landtagswahl gegen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) angetreten und verlor - wie zuvor auch schon Klöckner bei der Landtagswahl 2016. Mit Blick auf die Wahl 2011 hatte Baldauf als damaliger Landeschef 2010 zugunsten Klöckners auf den Vorsitz der Partei verzichtet.
Bei der Wahl im März 2021 holten Baldauf und die CDU lediglich 27,7 Prozent der Stimmen und lagen damit deutlich hinter der SPD von Dreyer mit 35,7 Prozent. Es war die siebte Niederlage bei einer Landtagswahl in Rheinland-Pfalz für die CDU und das schlechteste Ergebnis jemals. Nach dieser Wahl war Baldauf dennoch von der neuen Landtagsfraktion als Vorsitzender bestätigt worden.
«Der Weg, der vor der CDU Rheinland-Pfalz liegt, ist unbequem, der ist hart, der wird auch schmerzhaft», hatte Baldauf nach seiner Wahl an die Parteispitze im März 2022 gesagt - und eine umfassende Modernisierung angekündigt.