Glasfaser soll es in Rheinland-Pfalz bis 2030 flächendeckend geben - für alle 1,93 Millionen Haushalte, Gewerbegebiete und öffentlichen Institutionen. Eine entsprechende Gigabit-Charta hat das Netzbündnis bei seiner siebten Sitzung am Mittwoch in Mainz unterzeichnet. «Die Telekommunikationsbranche hat bundesweit Investitionen von rund 50 Milliarden Euro in den Glasfaserausbau angekündigt und wir werden weiterhin mit Fördermitteln dort für Anschub sorgen, wo es zwingend notwendig ist», sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). «Mit der jetzt geschlossenen Gigabit-Charta richten wir unsere Ziele neu aus und stellen die Weichen für die kommenden Jahre des Jahrzehnts.»
Die Geschäftsführerin des Breitbandverbands ANGA aus Köln, Andrea Huber, sagte: «Rheinland-Pfalz geht mit großem Engagement beim Gigabit-Ausbau voran.» Die Gigabit-Charta sei ein Baustein von mehreren, mit denen es sich aus dem Kreis der Länder hervortue.
Dem 2017 von der Regierungschefin initiierten Netzbündnis gehören neben der Landesregierung Vertreterinnen und Vertreter der Telekommunikationsbranche, deren Verbänden, der kommunalen Spitzenverbände sowie der Industrie- und Handelskammer und der Handwerkskammer an. Das Bündnis habe den Netzausbau beschleunigt, sagte Dreyer. «Seit 2018 wurden fast eine Million Haushalte in Rheinland-Pfalz neu mit hohen Bandbreiten erschlossen.» Für sie sei es wichtig, dass auch weniger stark besiedelte Landstriche gut angeschlossen würden. «Darauf haben wir uns mit der privatwirtschaftlichen Telekommunikationsbranche geeinigt.»
Das Land setze weiterhin auf den Vorrang des eigenwirtschaftlichen vor dem geförderten Ausbau, sagte Digitalisierungsminister Alexander Schweitzer (SPD). «Wir wollen, dass Investitionen in den Netzausbau effizient und wirtschaftlich eingesetzt werden und die öffentliche Hand nur dort fördert, wo ein wirtschaftlicher Ausbau sich nicht darstellen lässt.»
Das Netzbündnis habe sich zur Umsetzung des Ziels auf Eckpunkte geeinigt. Die Vereinbarung enthalte auch Zusagen zur Anbindung von Mobilfunkmasten mit Glasfaser sowie zur Bereitstellung von Daten über das Ausbauvolumen. «Kooperationen und gegenseitige Zugangsgewährung sollen branchenseitig zur Auslastungserhöhung der Netze beitragen und den Glasfaserausbau noch schneller vorantreiben, ohne den Wettbewerb zu beschränken», sagte Schweitzer. Um die Verfahren zu beschleunigen könne das gemeinsam von Rheinland-Pfalz und Hessen entwickelte Breitband-Portal genutzt werden. «Durch die digitale Antragstellung können Ausbauverfahren schneller genehmigt und umgesetzt werden.»
Der Telekommunikationskonzern Vodafone verstärkt seine Glasfaser-Anstrengungen in Rheinland-Pfalz. Die Tochterfirma OXG solle in den nächsten sechs Jahren bis zu 335 000 Haushalte mit Glasfaser versorgen, teilte das Unternehmen anlässlich der Unterzeichnung der Gigabite-Charta mit. Gestartet werde mit dem großflächigen Ausbau in der Landeshauptstadt Mainz für mehr als 48 000 Haushalte, kündigte Michael Jungwirth an, Mitglied der Geschäftsleitung von Vodafone Deutschland.
Das Breitbandprojekt befindet sich zurzeit noch in der Planungsphase, sagte Stefan Rüter, Geschäftsführer der OXG Glasfaser GmbH. Für den gesamten Netzausbau werde OXG in Mainz Glasfaser-Leitungen auf einer Länge von mehr als 250 Kilometern auf öffentlichem Grund verlegen. Die Maßnahme umfasse insgesamt zehn Ausbaugebiete.
Während Vodafone erst kürzlich den Startschuss gab für den Glasfaser-Ausbau mit der Tochterfirma, bei der eine Luxemburger Finanzholding als Kapitalgeber mit an Bord ist, sind Konkurrenten bereits deutlich weiter - allen voran die Telekom, die das Ausbau-Tempo in Deutschland schon im Jahr 2020 anzog.
Die Telekom plant gemeinsam mit der GlasfaserPlus - dem Gemeinschaftsunternehmen der Deutschen Telekom und des IFM Global Infrastructure Funds - bis 2020 in Rheinland-Pfalz für bis zu eine Million Haushalte Glasfaseranschlüsse zu bauen. Mehr als 150 000 Anschlüsse davon sollen allein im Jahr 2024 entstehen, wie Unternehmenssprecher Maik Exner sagte.
«Hiervon profitiert neben ländlichen Gebieten unter anderem auch die Stadt Mainz.» Gemeinsam mit der Landeshauptstadt habe die Telekom eine Erklärung unterzeichnet, wonach bis Ende 2024/Anfang 2025 ein Glasfasernetz für rund 40 000 Haushalte gebaut werden soll. «Anschließend wird die Telekom den wirtschaftlichen Vollausbau der ganzen Stadt Mainz mit Glasfaser weiterführen», sagte Exner.
Es geht um «Fiber to the Home» (FTTH), bei dem die Glasfaser-Kabel bis in die Wohnungen liegen. Diese Art der Übertragung gilt als die beste Technologie, auch weil sie nicht so schwankungsanfällig ist wie Internet, das über Fernsehkabel geleitet wird. FTTH ist zudem viel schneller als Telefonkabel (VDSL). Allerdings sind Glasfaser-Verträge relativ teuer. Viele Bürgerinnen und Bürger verzichten daher auf den Abschluss eines FTTH-Vertrags. Auf lange Sicht wird sich das angesichts des rasant steigenden Datenbedarfs im Digitalzeitalter aber wohl ändern.
ANGA-Geschäftsführerin Huber lobte als Vertreterin der deutschen Breitbandbranche, dass die Charta den Vorrang des eigenwirtschaftlichen Ausbaus klar hervorhebe. «Der Ausbau der Gigabit-Infrastrukturen erfolgt am besten und am schnellsten, wenn die Netzbetreiber ihn selbst organisieren.» Damit dies in Zukunft noch besser funktioniere, brauchten die Unternehmen die richtigen Rahmenbedingungen.
Mit dem Breitbandportal habe Rheinland-Pfalz mit Hessen einen wichtigen Schritt getan, sagte Huber. Es müsse aber kontinuierlich weiterentwickelt werden mit dem Ziel, alle notwendigen Genehmigungsverfahren in allen Bundesländern über ein zentrales Portal abwickeln zu können. «Hier sind die Länder gefordert. Es muss bei den Genehmigungsprozessen dringend vorangehen, damit wir weiterkommen und in Deutschland beim Glasfaserausbau nicht den Anschluss verlieren.»