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Gewerkschaften fordern besseren Schutz für Erntehelfer

Erntehelfer werden in Rheinland-Pfalz dringend benötigt. Die Arbeitsbedingungen sind hart, der DGB sieht unter den Bauern und Winzern «schwarze Schafe» am Werk.
Spargelernte
Spargelernte auf einem Feld. © Sebastian Willnow/dpa/Symbolbild

Ana Tcaciucs Arbeitsalltag hat in diesem Sommer jeden Tag um halb vier Uhr morgens begonnen. Dann seien sie und ihre Kollegen aus ihren Wohncontainer abgeholt und auf die Felder gefahren worden, sagt die 42-Jährige aus Rumänien der Deutschen Presse-Agentur mit Hilfe einer Übersetzerin. Das sechste Jahr in Folge kam sie im Sommer als Erntehelferin nach Rheinland-Pfalz und half bei der Zwiebelernte.

Pro Kiste Zwiebeln habe sie 1,90 Euro erhalten, sagte sie. Pro Stunde habe sie davon maximal zehn geschafft. Doch je mehr sie verdient habe, umso mehr sei ihr am Ende des Tages wegen «angeblicher Steuern» wieder abgezogen worden.

Tcaciucs Schicksal sei kein Einzelfall, berichtet Krisztina Németh, Beraterin des Europäischen Vereins für Wanderarbeiterfragen am Donnerstag in Mainz. Es sei schwierig, eine Statistik über die Zahl der Betroffenen zu erstellen, weil viele Erntehelfer schweigen würden, sagt Németh. «Die haben Angst, mit uns in Kontakt zu treten, weil die werden sofort nach Hause gesendet. Innerhalb von ein paar Stunden sind sie auf der Straße.»

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Rheinland-Pfalz/Saarland fordert besseren Zugang der Erntehelfer zu Beratungsstellen. «Die Hälfte aller Beschäftigten in der Landwirtschaft sind Saisonbeschäftigte», sagt Susanne Wingertszahn, Vorsitzende des DGB-Landesverbandes. Das sind demnach in Rheinland-Pfalz jedes Jahr etwa 40.000 Menschen.

Die Vertreter der Landwirtschaft hingegen klagen eher über Personalmangel: «Die Problematik, Saisonarbeitskräfte zu finden, hat zugenommen, und wird sich weiter verschärfen», sagt Andreas Köhr vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd.

Zum einen liegt das nach Einschätzung des Verbands an der großen Konkurrenz durch andere Branchen in Deutschland, die ebenfalls Arbeitskräfte brauchen. «Andererseits sorgen wirtschaftliche Entwicklungen in den bisherigen Herkunftsländern wie etwa Polen dafür, dass die bisherigen Arbeitskräfte nicht mehr auf Saisonarbeit in Deutschland angewiesen sind, sondern Beschäftigung im eigenen Land finden.»

An der Bezahlung liege es nicht. «Auch Saisonarbeitskräfte erhalten als Lohnuntergrenze den gesetzlichen Mindestlohn. Hier gibt es keine Ausnahmen. Unfall- und Krankenversicherung sind ebenfalls obligatorisch», sagt Köhr.

Ähnlich äußert sich der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau. «Ja, es ist sehr problematisch, Erntehelfer zu finden», sagt Barbara Wolbeck, Geschäftsführerin des Landwirtschaftlichen Arbeitgeberverbands. Es kämen immer weniger Arbeitskräfte aus osteuropäischen EU-Staaten, um in Deutschland saisonal tätig zu werden - etwa in der Weinlese.

«Die Menschen kommen vor allem aus Rumänien und Polen, die Zahl vor allem der polnischen Erntehelfer ist aber sinkend.» Weitere Länder seien etwa Bulgarien und Kroatien. Die Bezahlung ist demnach unterschiedlich, jedoch werde mindestens der Mindestlohn von zwölf Euro brutto gezahlt. «Schwarze Schafe sind uns nicht bekannt.»

Von «schwarzen Schafen» unter den landwirtschaftlichen Betrieben spricht der DGB allerdings ganz konkret. Arbeitsbedingungen und Unterbringung der Erntehelfer seien oft nicht ordnungsgemäß, sagte Thomas Kreten, stellvertretender Vorsitzender der IG BAU Rheinland-Pfalz-Saarland. «Da haben wir jedes Jahr mit sehr vielen Problemen zu kämpfen.» Németh nennt als Hauptprobleme fehlende Lohnabrechnungen, unklaren Versicherungsstatus, Sprachbarrieren und eine «enorme Abhängigkeit vom Landwirt».

«Unsere Forderung ist natürlich, dass derjenige, der bei uns hier in Deutschland arbeitet, ab dem ersten Euro auch sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist», sagte Kreten. Bisher seien ausländische Erntehelfer oft als kurzfristige Beschäftigte angestellt und dadurch nicht in Deutschland sozialversichert.

Auch Ana Tcaciuc berichtet von schlechten Erfahrungen. «Die Arbeitsbedingungen sind nicht gut. Die Leute werden schlecht bezahlt. Und wer krank war, musste trotzdem arbeiten», sagte die 42-Jährige. Sie selbst sei bei der Arbeit ausgerutscht und habe sich dabei an der Schulter verletzt. Zwei Tage habe sie nur Schmerzmittel bekommen, erst dann habe sie zu einem Arzt gedurft.

Weil sie nicht arbeiten konnte, habe ihr Arbeitgeber ihr nicht ihr gesamtes Gehalt ausgezahlt, sagte sie. Tcaciuc wandte sich deshalb an den Europäischen Verein für Wanderarbeiterfragen und verklagte ihren Arbeitgeber. Im nächsten Jahr will sie nicht wieder als Erntehelferin nach Deutschland kommen.

© dpa
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