«Heiliger Sand» Steinmeier besucht jüdischen Friedhof Worms

Speyer, Worms und Mainz waren im Mittelalter Zentren des europäischen Judentums. Dafür wurden sie unlängst ins Welterbe der Unesco aufgenommen. Nun besucht der Bundespräsident die steinernen Zeugen.
Zahlreiche Grabsteine stehen auf dem Friedhof «Heiliger Sand» in Worms. © Frank Rumpenhorst/dpa/Archivbild

Zum Auftakt seines Besuchs in Rheinland-Pfalz hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch den jüdischen Friedhof «Heiliger Sand» in Worms besichtigt. Steinmeier traf am Eingang des Unesco-geschützen Kulturdenkmals zunächst unter anderem Rabbiner Aharon Ran Vernikovsky und Landesinnenminister Michael Ebling (SPD). Die Gruppe ging gemeinsam zu historischen Doppelgrabsteinen und zu Grabsteinen von Rabbinern aus Worms.

Der «Heilige Sand» in Worms mit Hunderten Grabsteinen gilt als einer der ältesten jüdischen Friedhöfe in Europa. Die ältesten der oft schräg stehenden und teils eingesunkenen Tafeln stammen aus dem 11. Jahrhundert. Viele tragen Papierbotschaften unter kleinen Steinen, auch Steinmeier legte auf einen der Doppelgrabsteine einen kleinen Stein. Der Bundespräsident besuchte nach dem «Heiligen Sand» noch den Synagogenbezirk sowie das Raschi-Haus mit einem Gewölbekeller aus dem 12./13. Jahrhundert und trug sich mit seiner Unterschrift ins Goldene Buch ein.

Anlass des Besuchs Steinmeiers in Rheinland-Pfalz ist die Aufnahme der sogenannten Schum-Stätten 2021 als Welterbe in die Liste der Unesco, der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation. Der Name Schum-Stätten bezieht sich auf die hebräischen Anfangsbuchstaben Schin (sch) für Schpira (Speyer), Waw (u) für Warmaisa (Worms) und Mem (m) für Magenza (Mainz). Die drei Städte waren im Mittelalter Zentren jüdischer Gelehrsamkeit.

«Es ist ein großes, es ist ein wunderbares Geschenk, dass heute zum ersten Mal in Deutschland alte jüdische Kult- und Kulturstätten als Unesco-Welterbe anerkannt werden», sagte Steinmeier vor der Synagoge in Worms. «Wir werden heute weit zurückgehen in die Vergangenheit und doch sehr gegenwärtig mit unseren Botschaften sein.» Baudenkmäler wie in Worms erinnerten an die reiche jüdische Geschichte in Deutschland, erinnerten an eine Zeit, in der das Judentum in Deutschland blühte, und erinnerten an Zeiten, in denen Christen, Juden und Andersgläubige gerade hier in der Region nicht nebeneinander, sondern miteinander gelebt hätten. Aber diese Baudenkmäler erinnerten auch an die «dunklen Seiten der deutschen Geschichte», sagte Steinmeier weiter - «Zeiten, in denen Jüdinnen und Juden diskriminiert, verfolgt und getötet wurden bis hin zum nationalsozialistischen Rassenwahn nach 1933», als Millionen Juden und Jüdinnen ermordet worden seien und fast vollständig jüdisches Leben in Europa ausgelöscht worden sei.

Landesinnenminister Ebling sagte in Worms, Rheinland-Pfalz sei stolz darauf, mit den Schum-Stätten in Speyer, Worms und Mainz das erste und einzige jüdische Unesco-Weltkulturerbe auf deutschem Boden zu beherbergen. «Diese jüdischen Stätten stehen sinnbildlich für die hellen und dunklen Seiten der über tausendjährigen Geschichte des jüdischen Lebens nördlich der Alpen.»

Am Mittag war in der Synagoge der Landeshauptstadt Mainz eine Feierstunde geplant. Dabei sollte die Unesco-Generaldirektorin Audrey Azoulay die Anerkennungsurkunde an Steinmeier und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) übergeben. Das Projekt der Schum-Städte will bewusst machen, dass sich jüdische Geschichte in Deutschland nicht auf den Holocaust reduzieren lässt.

Steinmeier war bereits als Außenminister in Worms. Ein geplanter Besuch als Bundespräsident 2021 zum Jubiläum von Martins Luthers Widerrufsverweigerung war wegen der Corona-Pandemie abgesagt worden.

© dpa
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