Neuer Stabsraum: «Herzstück» für Einsätze bei Katastrophen

Klimawandel und Ukraine-Krieg setzen Rheinland-Pfalz unter Druck: Das Bundesland will den Katastrophenschutz verbessern. In einer einstigen Turnhalle und Flüchtlingsunterkunft präsentiert der Innenminister ein neues Herzstück des Bevölkerungsschutzes.
Eine Luftaufnahme zeigt das Ausmaß der Zerstörungen an der Ahr, nachdem in der Nacht auf den 15. Juli 2021 eine Flutwelle das Dorf Insul überschwemmt hat. © Boris Roessler/dpa/Archivbild

Eineinhalb Jahre nach der tödlichen Ahrflut hat die Landesregierung einen neuen Stabsraum für die Bewältigung großer Katastrophen vorgestellt. Von dieser Koordinierungszentrale in der Koblenzer Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzakademie (LFKA) aus sollen Führungsstab, Verbindungspersonen und Fachberater im Ernstfall Einsätze steuern. «Das ist das Herzstück hier eines operativ-taktischen Führungsstabs», sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) am Dienstag. «Es gibt im Moment mehr Gefahren denn je.» Die Bürgerinnen und Bürger sollten sich auf einen guten Katastrophenschutz verlassen können.

Der große Stabsraum ist mit moderner Technik in einer ehemaligen Turnhalle der LFKA eingerichtet, in der auch schon einmal Flüchtlinge untergebracht waren. An einer Stirnseite können auf einer riesigen digitalen Lagekarte bei Katastrophen viele Informationen erscheinen - teils mit Ampelfarben, die Dringlichkeiten unterstreichen. Nebenräume dienen Besprechungen von Fachleuten. Laut Ebling wurde die LFKA mit ihrem Lehrbetrieb zur Schulung von Feuerwehrleuten auch gewählt, weil hier Katastrophenschützer im Ernstfall von der Großküche mit Essen versorgt und in bis zu 108 Schlafräumen unterkommen können.

Damit verfügt das Land laut Innenministerium neben seinen bisherigen Räumen in der Trierer Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) für die Koordinierung von Einsätzen über zusätzliche Räumlichkeiten bei Großkatastrophen. Ebling erklärte: «Unter den Eindrücken der Flutkatastrophe, einer veränderten Bedrohungslage in Form von Waldbränden und Starkregenereignissen infolge des Klimawandels und des brutalen russischen Angriffs auf die Ukraine hat sich das Innenministerium im Spätsommer (2022) auf den Weg begeben, den Katastrophenschutz des Landes deutlich zu stärken.» Der Minister nannte auch die Gefahr von Angriffen auf Infrastruktur und sprach insgesamt von einem Paradigmenwechsel beim Katastrophenschutz.

Im neuen Stabsraum sollen laut Ministerium im Ernstfall sechs sogenannte Sachgebiete (S) eingerichtet werden. S 1 beispielsweise soll die Übersicht über die Einsatzkräfte führen und S 2 alle relevanten Informationen sammeln und auswerten. S 4 etwa kümmert sich um die Ausrüstung und Verpflegung von Einsatzkräften.

Dem Innenministerium zufolge gehört der neue Stabsraum zu den «ersten Ergebnissen eines noch lange andauernden Prozesses». Dazu soll künftig auch ein rund um die Uhr beobachtendes Lagezentrum zählen. Dies soll laut Ebling erkennen, falls sich «was zusammenbraut». Er ergänzte: «Das stellt bundesweit für die Flächenländer ein absolutes Novum dar und setzt neue Maßstäbe.» Bis es so weit ist, wird laut Ministerium zügig «eine ständig verfügbare Rufbereitschaft von Fachleuten des Bevölkerungsschutzes eingerichtet, die im Bedarfsfall das Lagezentrum der Polizei im Innenministerium ansteuern».

Langfristig sei zudem an die Gründung eines Landesamtes für den Bevölkerungsschutz gedacht. Es soll die Strukturen der Koblenzer LFKA und des zuständigen Referats der Trierer ADD bündeln. Ebling sagte hier zum weiten Zeithorizont: «Es ist noch verdammt viel zu tun.»

Er erklärte weiter, am wichtigsten bei der Stärkung der Landesstrukturen im Katastrophenschutz sei die personelle Aufstockung: «Im Doppelhaushalt 2023/24 haben wir dazu mit 55 zusätzlichen Planstellen einen wichtigen Schritt getan.» Für die Verbesserung des kommunalen Katastrophenschutzes hat das Land laut Innenministerium mit zwei Millionen Euro die Anschaffung etwa von geländegängigen Fahrzeugen und von Containern mit Ausrüstung beispielsweise für Einsätze bei Waldbränden und Hochwasser gefördert.

Die Flut im engen Ahrtal mit mindestens 134 Todesopfern und Tausenden verwüsteten Häusern nach extremem Starkregen im Juli 2021 hatte in den Augen vieler Experten Defizite im Katastrophenschutz offengelegt. So war etwa die damalige kommunale Einsatzleitung in der Kreisverwaltung Ahrweiler in einem beengten Kellerraum mit schlechtem Handyempfang untergebracht.

© dpa ⁄ Jens Albes, dpa
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