Die erwartete Eintrübung der Konjunktur gefährdet die zuletzt positive Entwicklung der Finanzlage von Städten, Gemeinden und Landkreisen in Rheinland-Pfalz. Der Landesrechnungshof mahnte in seinem am Donnerstag veröffentlichten Kommunalbericht, dass die hohe Inflation zu einem deutlichen Anstieg der Ausgaben führen werde. Die Einnahmen würden damit nicht zwingend Schritt halten.
«Letztlich müssen sich die Kommunen auch in Krisenzeiten bemühen, ihre Haushalte auszugleichen», sagte dazu der Präsident des Rechnungshofs, Jörg Berres, der Deutschen Presse-Agentur. Es gehe darum, «Aufgaben noch wirtschaftlicher zu erledigen, Ausgaben einzusparen oder beispielsweise die Grundsteuern zu erhöhen». Leider hätten es rheinland-pfälzische Kommunen im Vergleich zu anderen Flächenländern versäumt, ihre Einnahmenstrukturen in der Vergangenheit ständig zu verbessern und damit die Haushalte krisenfester zu machen.
Risiken gebe es auch mit Blick auf steigende Zinsen, erklärte der Rechnungshof in seinem Bericht. Davon sind die Kommunen ganz unterschiedlich betroffen. So musste die Stadt Ludwigshafen im vergangenen Jahr 14,6 Prozent ihrer Steuereinnahmen für Zinsausgaben verwenden, während es in Landau nur 1,1 Prozent waren.
Im vergangenen Jahr aber hat sich die jahrelang düstere Finanzlage der Kommunen weiter aufgehellt. Die Steuereinnahmen schnellten um 27,6 Prozent nach oben, auf den Rekordwert von 5,9 Milliarden Euro. Allerdings entfallen fast 60 Prozent dieses Zuwachses auf die beiden Biontech-Standorte Mainz und Idar-Oberstein.
Die Gesamteinnahmen der Kommunen - darunter neben Steuern auch Gebühren, Gewinne und vor allem die Zuweisungen vom Land - stiegen 2021 um 12,0 Prozent auf 18,1 Milliarden Euro. Auch die Ausgaben stiegen überdurchschnittlich - um 7,4 Prozent auf 17,1 Milliarden, blieben damit aber unter den Einnahmen. Der positive Saldo war mit 956 Millionen Euro fast fünfmal so hoch wie im Vorjahr. Pro Kopf der Bevölkerung ergab sich ein positiver Saldo von 236 Euro, womit Rheinland-Pfalz an der Spitze aller deutschen Flächenländer lag.
Ihre Gesamtverschuldung konnten die Kommunen im vergangenen Jahr zwar um 509 Millionen auf 11,9 Milliarden Euro abbauen. Allerdings entfielen fast 70 Prozent der Tilgung auf Mainz und Idar-Oberstein. Und die Pro-Kopf-Verschuldung der Kommunen in Rheinland-Pfalz ist mit 2904 Euro so hoch wie in keinem anderen Flächenland - deren Durchschnittsverschuldung liegt ohne Rheinland-Pfalz bei 1500 Euro.
Von der Gesamtverschuldung entfielen noch 5,7 Milliarden auf Liquiditätskredite, die jetzt zur Hälfte vom Land übernommen werden sollen. Bei der anderen Hälfte hoffen die Kommunen auf eine Übernahme durch den Bund.
Da die vom Land geplante Teilentschuldung in den Jahren 2023 und 2024 greifen soll, könnten die Kommunen dann auch den «Spitzenplatz» bei der Verschuldung verlassen. Voraussetzung sei allerdings, erklärte ein Sprecher des Rechnungshofs, «dass die kommunale Verschuldung in den übrigen Ländern im Wesentlichen unverändert bleibt, die rheinland-pfälzischen Kommunen bis dahin nicht bedeutende weitere Schulden aufnehmen und dass sie in großer Zahl von dem Angebot der Schuldenübernahme Gebrauch machen».
Der Blick auf die Finanzlage der Kommunen insgesamt verbirgt allerdings sehr große Unterschiede. So hatte die Landeshauptstadt Mainz im vergangenen Jahr einen Einnahmenüberschuss von 2592 Euro pro Kopf der Bevölkerung. An zweiter Stelle der kreisfreien Städte lag Kaiserslautern mit einem Überschuss von 454 Euro. Hingegen hatte Pirmasens ein Pro-Kopf-Defizit von 281 Euro. Nicht viel weniger waren es in Frankenthal mit 273 Euro. Von den großen kreisangehörigen Städten hatte Idar-Oberstein mit 5315 Euro den höchsten Pro-Kopf-Überschuss an Einnahmen.
Weniger eklatant als bei den Städten waren die Unterschiede bei den Landkreisen. In dem von der Flutkatastrophe im Juli schwer getroffenen Kreis Ahrweiler fiel 2021 ein Defizit von 152 Euro je Einwohner an. Noch mehr waren es im ebenfalls von Überschwemmungen betroffenen Eifelkreis Bitburg-Prüm mit 159 Euro. Positive Pro-Kopf-Salden hatten die Kreise Mainz-Bingen (131 Euro), der Westerwaldkreis (128 Euro) sowie die Kreise Vulkaneifel (103 Euro) und Alzey-Worms (100 Euro).