Der saarländische Landtag hat die Rückkehr zu einem neun Jahre dauernden Gymnasium (G9) im Saarland auf den Weg gebracht. Das Parlament stimmte mit der SPD-Regierungsmehrheit und bei Enthaltung der oppositionellen CDU in erster Lesung einem entsprechenden Gesetzentwurf zu. Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) sagte, die Abkehr vom Abitur nach acht Jahren Gymnasium sei «eine der wichtigsten bildungspolitischen Reformen für die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen.»
Scharfe Kritik kam von der Opposition. Wenn die Reform wirklich ein zukunftsfähiges Gymnasium im Saarland schaffen wolle, dann müsse an dem Gesetzentwurf «in den nächsten Wochen massiv nachgebessert werden», sagte Jutta Schmitt-Lang (CDU). Mit der vorgesehenen Stundentafel von 178 Jahreswochenstunden in der Sekundarstufe I habe das Saarland angesichts eines Bundesdurchschnitts von 185 Wochenstunden die «rote Laterne»: «Das ist eine Mangelverwaltung», sagte Schmitt-Lang.
Seit 2010 dauerte der Weg zum Abitur an den Gymnasien im Saarland nur acht Jahre. Dies war von der Landesregierung von Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU) eingeführt worden. «G8 war ein Experiment, das gescheitert ist», sagte die Ministerin. Man habe junge Menschen so schnell wie möglich an den Arbeitsmarkt bringen wollen: «Nach den Konsequenzen für die junge Generation wurde damals nicht gefragt.» Man werde nun das saarländische Bildungssystem «auf die Höhe der Zeit» bringen.
Von Beginn des Schuljahres 2023/24 an soll die Gymnasialzeit demnach im Saarland wieder neun Jahre dauern. Streichert-Clivot sagte, die Lehrpläne und die Stundentafeln würden sowohl inhaltlich als auch pädagogisch modernisiert: «Wir geben mehr Zeit zum Lernen bei gleichzeitiger zeitlicher Entlastung.» Unter anderem wird Informatik als neues Unterrichtsfach eingeführt. Der Sozialkundeunterricht wird verstärkt. Zwischen der fünften und der sechsten Klasse gibt es künftig keine Versetzungsentscheidung. Die Rückkehr zu G9 erfordere 149 zusätzliche Planstellen für Lehrkräfte.
Schmitt-Lang kritisierte, dass es keine verbindlichen Zugangsvoraussetzungen für die Gymnasien mehr geben solle. Wenn man die Gemeinschaftsschulen nicht «abhängen» und die Gymnasien nicht «in ungerechte Losverfahren schicken» wolle, müsse hier noch «eine Vollbremsung hingelegt» werden. Bei Eltern und Lehrerverbänden, die jahrelang für die Rückkehr zu G9 gekämpft hätten, habe man jetzt Angst, dass die Reform «das Einfallstor in die Einheitsschule» werden solle. Die Oppositionsabgeordnete kritisierte auch, dass die Betroffenen nicht ernst genommen würden: «Bei Entscheidungen dieser Tragweite kann nicht an Familien vorbei beschlossen werden.» Der Gesetzentwurf sei «handwerklich schlecht, mut- und kraftlos».
Auch der AfD-Fraktionsvorsitzende Josef Dörr warnte vor einem «Gymnasium light» und einer damit verbundenen Abwertung der Gemeinschaftsschule, die dann zu einer «Restschule» werden könne.