Games Music Hörbücher Gymondo MyTone Alle Services
vodafone.de

Zwangsarbeit und Nazi-Netzwerk: Rolle Krupps wird erforscht

Der letzte Alleininhaber des Krupp-Konzerns Alfried Krupp ist in Nürnberg als Kriegsverbrecher verurteilt worden. Er war NSDAP- und SS-Mitglied. Doch war er tatsächlich ein überzeugter Nazi? Die Krupp-Stiftung lässt die Rolle ihres Gründers neu untersuchen.
Marburger Historiker Eckart Conze
Der Marburger Historiker Eckart Conze spricht bei einer Pressekonferenz. © Christoph Reichwein/dpa

Der letzte Alleininhaber des riesigen Krupp-Konzerns, Alfried Krupp (1907-1967) war NSDAP- und SS-Mitglied, im Unternehmen arbeiteten nach Schätzungen mindestens 100.000 Zwangsarbeiter. In Nürnberg wurde Krupp 1948 als Kriegsverbrecher zu langer Haft verurteilt. All diese Tatsachen sind lange bekannt - das Bild des Ingenieurs und Krupp-Managers bleibt jenseits der reinen Firmenpolitik in Beschreibungen aber vielfach blass und vage.

Das will die Krupp-Stiftung, die den Namen ihres Gründers trägt, nun ändern: Sie hat eine neue Untersuchung zur Haltung Alfried Krupps zum Nationalsozialismus in Auftrag gegeben, die auch politische Positionen und private Äußerungen einbezieht. «Wer war unser Gründer?», fragte die Kuratoriumsvorsitzende der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, Ursula Gather, am Freitag bei einer Pressekonferenz.

Beauftragt wurde der Marburger Historiker Eckart Conze, der zuvor eine einjährige Quellenrecherche zu dem Thema geleitet hatte. Dabei seien 14 nationale und internationale Archive für die Recherche ausgewählt worden, sagte er am Freitag in Essen. Gesichtet wurden außerdem zahlreiche andere Akten etwa zu den Nürnberger Prozessen und Alfried Krupps persönlicher Nachlass unter anderem mit zahlreichen Taschenkalendern aus den NS-Jahren. Ausgewertet wurde sogar eine Akte der CIA zu Krupps Rolle in der Nachkriegszeit.

Er sehe mögliche neue Erkenntnisse etwa bei Planungen von Krupp 1942/1943 für eine Produktionsstätte in Auschwitz unter Einbeziehung von KZ-Zwangsarbeitern, sagte Conze. Dabei müsse die persönliche Beteiligung Alfried Krupps untersucht werden.

Anders als vom Unternehmen nach dem Krieg behauptet, sei kein staatlicher Druck auf Krupp ausgeübt worden, das Werk in Auschwitz zu eröffnen, so die Ergebnisse. Und schon in dieser Vorbereitungsphase hätten etwa 270 KZ-Häftlinge in Auschwitz für Krupp gearbeitet - etwa beim Transport von Maschinen in die geplante Fabrik, sagte Conze. Insgesamt sei die Zahl der Krupp-Zwangsarbeiter wohl höher gewesen als die bisher vermuteten 100.000 Menschen, heißt es im vorläufigen Bericht.

Neuen Forschungsbedarf sieht der Wissenschaftler auch bei der «Landsberghilfe» - benannt nach dem Gefängnis in Bayern, in dem auch Krupp inhaftiert war. Alfried Krupp habe Kontakt zu 38 früheren Mithäftlinge gehabt - nicht wenige ehemalige hohe SS-Mitglieder, die wegen Verbrechen in Konzentrationslagern verurteilt worden waren. Er habe sie nach deren Entlassung mit Geld unterstützt oder ihnen neue Jobs vermittelt.

So habe er sich beispielsweise für einen ehemaligen Lagerarzt im KZ Dachau eingesetzt. Ein früheres Mitglied einer Einsatzgruppe, der an Massenerschießungen beteiligt gewesen sein soll, habe Krupp nach dem Krieg im mittleren Management in der Chemieindustrie untergebracht.

Über Alfried Krupps persönliches Engagement hinaus gab es laut den Forschungen auch auf Firmenebene ein weit größeres Netzwerk, an dem sich auch Firmen und Unternehmer wie Flick, Henkel oder Klöckner beteiligt hätten, sagte Conze. Zwischen 1951 und 1957 seien fast 100.000 Mark auf einem Sonderkonto eingegangen - genutzt für Lebensmittelpakete und Finanzhilfen für 183 Personen, mehr als die Hälfte davon mit SS-Hintergrund.

Ein weiteres Thema sind laut Conze Alfried Krupps Motive für die Mitgliedschaft in der SS als förderndes Mitglied bereits seit 1931. In die NSDAP soll er dagegen eher spät Ende 1938 eingetreten sein - nach einer Quelle auf direkte Anweisung Hitlers.

Kurz vor seinem Tod hatte Alfried Krupp sein Vermögen und die Firma in die gemeinnützige Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung eingebracht, die zurzeit als größte Aktionärin knapp 21 Prozent am Thyssenkrupp-Konzern hält. Die Erträge werden zur Förderung von Wissenschaft, Kunst und Kultur, Bildung, Gesundheit und Sport verwendet.

Eine Streichung Alfried Krupps aus dem Stiftungsnamen lehnte der Vorstandssprecher der Stiftung, Volker Troche, auf Nachfragen von Journalisten zum jetzigen Zeitpunkt ab. Allerdings könne «das Ganze auch kippen», räumte Troche ein. Er sei zuversichtlich, dass das nicht passiere. Dennoch: «Wenn unser Geschäft, wenn unser Auftrag der Gemeinnützigkeit gefährdet ist durch diesen Namen, muss man sich diese Frage in den Gremien stellen.»

© dpa ⁄ Rolf Schraa, dpa
Das könnte Dich auch interessieren
Empfehlungen der Redaktion
Helge Schneider
Musik news
Helge Schneider über KI, Musik und nervige Grammatik
Tokio Hotel
Musik news
Tokio Hotel gehen 2025 auf Europa-Tournee
Weihnachten mal anders: Alle Infos zum norwegischen Netflix-Weihnachtsfilm
Tv & kino
Weihnachten mal anders: Alle Infos zum norwegischen Netflix-Weihnachtsfilm
Vodafone-TechHacks: Diese Tipps von Selfiesandra, Herr David und Co. solltest Du unbedingt ausprobieren
Handy ratgeber & tests
Vodafone-TechHacks: Diese Tipps von Selfiesandra, Herr David und Co. solltest Du unbedingt ausprobieren
Volker Wissing
Internet news & surftipps
Wissing zu Regulierung von KI: Präzision vor Geschwindigkeit
Windows-Rechner
Das beste netz deutschlands
Achtung: Gefälschte Microsoft-Warnmeldungen im Browser
Erfolgreich
Sport news
Halbfinale lockt: Handball-Frauen bereit für WM-Coup
Ein imposanter Altbau
Job & geld
Verkauf der Mietwohnung: Das sollten Sie als Mieter wissen