«Aber bitte auf der Grundlage der Fakten dieses Falls und auch der Kriminalitätsstatistik, die uns mahnt, solche Debatten sehr ernsthaft zu führen.» Die beiden Mädchen, die die Tat gestanden haben, sind 12 und 13 Jahre alt und damit nach aktueller Gesetzeslage nicht strafmündig.
Es gebe zwar einen Anstieg bei der Zahl der tatverdächtigen Kinder in Nordrhein-Westfalen: «Ob da das Strafrecht richtig ist oder nicht, die Mechanismen der Erziehungs- und Jugendhilfe, das muss man sich aber sehr genau anschauen. Ich finde im Angesicht einer solch schlimmen Tat sind politische Schnellschüsse jetzt nicht die richtige Antwort.»
«Die konkreten Umstände dieses speziellen Falls muss man sich jetzt ganz genau anschauen, um die richtigen Maßnahmen daraus abzuleiten», sagte auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Donnerstag. «Das gilt auch für die Frage, ob uns eine Absenkung der Strafmündigkeit hier weiterbringt.» Glücklicherweise seien Kinder unter 14 Jahren in den vergangenen fünf Jahren in Nordrhein-Westfalen zuvor nur in einem einzigen Fall wegen Mord oder Totschlag verdächtig gewesen.
«Unabhängig von dieser Tat sehen wir, dass Kinder immer mehr Straftaten begehen, einfache Körperverletzung, Diebstahl, Sachbeschädigung. Hier sind wir als gesamte Gesellschaft dringend gefordert, gegenzusteuern, Elternhäuser, Schulen und natürlich auch die Polizei mit ihren präventiven Möglichkeiten», so Reul.
Tobias Singelnstein, Professor für Kriminologie und Strafrecht an der Goethe-Universität Frankfurt, sagte mit Blick auf die Debatte um die Strafmündigkeit: «Ich würde sagen, dass so ein extremer Einzelfall kein guter Anlass ist, daran jetzt wieder zu rütteln und diese Diskussion neu zu führen.» Etwas anderes wäre es, wenn man zum Ergebnis käme, dass Kinder und Jugendliche heute schon früher einsichts- oder steuerungsfähig seien. «Aber dafür sehe ich jetzt erstmal keine Anhaltspunkte», sagte er.
Zuvor hatte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) gesagt, dass er trotz der abscheulichen Tat keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf sieht. Kinder unter 14 Jahren würden zwar strafrechtlich nicht belangt, «aber unsere Rechtsordnung kennt andere Wege, um darauf zu reagieren, etwa das Kinder- und Jugendhilferecht sowie das Familienrecht», hatte er gesagt.
Nach Medienberichten über Mobbing gegen die getötete Luise kündigte Ministerpräsident Wüst Aufklärung an. «Es ist sicherlich immer richtig sich anzuschauen, wo wir noch besser werden können. Auch im Umgang von Schule mit Mobbing, auch mit Druck, der über soziale Medien aufgebaut wird. Da ist Druck auf dem Kessel. Das hört man auch von Eltern, die Kinder in dem Alter haben. Das ist völlig richtig. Es gibt Programme, es gibt Mechanismen. Jetzt muss man sich im Einzelfall anschauen, warum da was nicht funktioniert hat», sagte Wüst. «Also wir haben da eine Aufgabe. Mit Blick auf diesen Fall, aber auch ganz unabhängig davon», sagte er.
Ein Sprecher des NRW-Schulministeriums wollte zu der Frage, ob es im Zusammenhang mit der getöteten Luise Mobbing an ihrer Schule gab, aus rechtlichen Gründen keine Stellung nehmen.