«Außenwelt nicht gesehen»: Kind jahrelang festgehalten

Kein Kindergarten, keine Schule, keine anderen Kinder: Im Sauerland soll einem Mädchen ein Großteil seiner Kindheit geraubt worden sein. Mutter und Großeltern wird vorgeworfen, das Kind seit Jahren in einem Haus festgehalten zu haben. Wohl nicht mal die Nachbarn ahnten etwas.
Ein Blaulicht leuchtet auf dem Dach eines Polizeiwagens. © David Inderlied/dpa/Symbolbild

Ein acht Jahre altes Mädchen soll nahezu sein gesamtes Leben lang in einem Haus im Sauerland festgehalten worden sein. Sie Staatsanwaltschaft in Siegen ermittelt gegen die Mutter des Kindes und die Großeltern, wie Sprecher Patrick Baron von Grotthuss am Samstag sagte. Man gehe davon aus, dass diese Personen dem Mädchen nicht ermöglicht hätten, «am Leben teilzunehmen» - nicht am Kindergarten, nicht an der Schule und nicht am Spiel mit anderen Kindern. Das Mädchen habe mutmaßlich knapp sieben Jahre lang in dem Haus der Großeltern im Ort Attendorn gelebt, ohne es verlassen zu dürfen. Mehrere Medien hatten über den Fall berichtet.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft soll die Mutter beim Jugendamt einst angegeben haben, dass sie samt Kind nach Italien umziehe. Das Jugendamt habe dann allerdings Hinweise erhalten, dass sich das Kind gar nicht dort aufhalte. Italienische Behörden hätten anschließend bestätigt, dass Mutter und Kind nicht vor Ort seien - und wohl auch nie dort gewesen seien.

Daher sei das Jugendamt mit der Polizei im September an dem Haus vorstellig geworden. «Man musste mit richterlichem Beschluss rein», erklärte Oberstaatsanwalt Baron von Grotthuss. Beamte hätten erzählt, dass ihnen das Kind - es sei nun fast schon neun Jahre alt - dann auf der Treppe entgegen gekommen sei.

Die Hintergründe sind noch völlig unklar. Mutter und Großeltern machen nach Angaben der Ermittler von ihrem Recht zu schweigen Gebrauch. Daher tappe man noch im Dunkeln, «was da möglicherweise in den Köpfen der Menschen vorgegangen ist», wie Baron von Grotthuss sagte. Attendorn liege auf dem Land. «Man denkt ja, die Sozialkontrolle funktioniert da noch», sagte er. Aber selbst die Nachbarn hätten nicht gewusst, dass Mutter und Kind im Haus gewesen seien.

Das Mädchen sei nun in einer Pflegefamilie. Hinweise auf eine körperliche Misshandlung oder Unterernährung gebe es momentan nicht. «Allerdings haben wir die Situation, dass es die Außenwelt nicht gesehen hat», sagte Baron von Grotthuss. Die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen.

© dpa
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