Nach dem Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet hat sich NRW-Landtagsvizepräsidentin Berivan Aymaz für Visa-Erleichterungen für betroffene Menschen in der Katastrophen-Region ausgesprochen, die Angehörige in Deutschland haben. «Wer beispielsweise seine Großmutter, die die Erdbeben überlebt, aber nun keine Unterkunft mehr hat, zeitweise nach Deutschland holen will, soll dies unkompliziert tun können», sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag in Düsseldorf.
Viele Menschen in NRW hätten Angehörige und Freunde in den betroffenen Regionen, sagte Aymaz. «Viele Mitbürgerinnen und Mitbürger bangen in diesen Tagen um Verwandte, Freundinnen und Freunde, warten auf erlösende Nachrichten oder trauern um Verstorbene.»
NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) bat am Donnerstag die Schulleiterinnen und Schulleiter, in allen rund 5500 Schulen in Nordrhein-Westfalen um 11.00 Uhr mit einer Schweigeminute der Opfer des schweren Erdbebens zu gedenken. Gerade zwischen Nordrhein-Westfalen und der Türkei gebe es viele familiäre und freundschaftliche Verbindungen, aber auch aus Syrien seien in den vergangenen Jahren viele Menschen nach NRW gekommen, betonte die Ministerin. Zuvor hatte der Westdeutsche Rundfunk über die geplante Schweigeminute berichtet.
NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) erwägt angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Erdbebengebiet an der türkisch-syrischen Grenze einen vorübergehenden Abschiebestopp. «Wir stehen derzeit im Austausch mit dem Bund und prüfen, ob Rückführungen in die Türkei aufgrund der aktuellen Naturkatastrophe weiterhin möglich sind», sagte eine Ministeriumssprecherin am Donnerstag der «Westdeutschen Allgemeinen Zeitung» (Freitagsausgabe). Abschiebungen nach Syrien hätten zuletzt wegen der politischen Lage im Land ohnehin nicht stattgefunden. In die Türkei seien hingegen im Jahr 2022 noch 80 Personen aus NRW zurückgeführt worden.
Das NRW-Innenministerium ordnete für Freitag anlässlich der Erdbebenkatastrophe eine Trauerbeflaggung für die obersten Landesbehörden an. Bei dem Erdbeben kamen fast 20.000 Menschen ums Leben.
Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) traf am Donnerstag den türkischen Botschafter Ahmet Başar Şen in Berlin und trug sich in der türkischen Botschaft in das Kondolenzbuch für die Erdbebenopfer ein. «Zahlreiche Menschen in Nordrhein-Westfalen bangen um Verwandte und Freunde im Erdbebengebiet und warten sehnsüchtig auf Lebenszeichen», sagte auch Wüst. Die betroffenen Regionen benötigten schnelle und wirksame Hilfe. NRW werde in Abstimmung mit dem Bund alles tun, um die Hilfe bereitzustellen.
In NRW leben knapp eine Million Menschen mit türkischen Wurzeln und eine halbe Million Menschen mit türkischer Staatsangehörigkeit.
Seit den Erdbeben am Montag sind bislang mehr als 19.000 Tote gemeldet worden. Hinzu kommen um die 70.000 Verletzte in der Türkei und in Syrien. Unter den Trümmern der Tausenden eingestürzten Gebäude in beiden Ländern sind vermutlich noch Zehntausende Opfer zu befürchten.
Die Kölner SPD-Ratsfraktion forderte von der schwarz-grünen Landesregierung, eine Luftbrücke über den Flughafen Wahn in das Katastrophengebiet zu organisieren. Viele Menschen sammelten Sachspenden, um zu helfen. Allerdings gebe es derzeit keine direkte, schnelle Transportmöglichkeit für die Hilfe in das Krisengebiet.