Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg rechnet damit, dass der Lehrermangel an den Schulen noch viele Jahre anhalten wird. «Mindestens zehn Jahre werden wir durch eine Talsohle gehen, wo wir nicht ausreichend Lehrkräfte haben werden», sagte die Grünen-Politikerin in einem Interview des NDR. Man werde daher im nächsten Jahr auch bundesweit über kurzfristige Maßnahmen diskutieren müssen, um einheitliche Antworten zu finden.
Bereits Anfang Dezember hatte Hamburg der Deutschen Presse-Agentur gesagt: «Wir müssen feststellen, dass wir den Fachkräftemangel nicht kurzfristig beheben können, er wird in den nächsten Jahren zum Alltag gehören. Wir brauchen also Maßnahmen, um diesen Mangel zu gestalten.»
Konkret prüfe die Regierung derzeit, wie man den Schulen zusätzliches anderes Personal zur Verfügung stellen könne von dem Geld, das das Land durch die unbesetzten Lehrerstellen spart. «Das kann auch Personal in der Verwaltung und der IT sein oder für den Werkunterricht oder Textiles Gestalten. Was immer der Schule hilft. Das soll die Schule entscheiden können», sagte die Ministerin der dpa. «Dafür müssen wir noch einige rechtliche und Haushaltsfragen klären. Ich würde mich freuen, wenn wir das bis zum neuen Schuljahr schaffen, aber es wird eine sehr große Herausforderung, so dass ich das heute nicht versprechen kann.»
Die CDU warf der Kultusministerin einen «Fehlstart» in ihr Amt vor. «Sie gibt offen zu, dass sich der Lehrkräftemangel und die daraus resultierende schlechte Unterrichtsversorgung zu einem Dauerzustand in Niedersachsen entwickeln werden», kritisierte der CDU-Abgeordnete Christian Fühner am Dienstag. «Aber statt Wege aus der Krise und konkrete Lösungen aufzuzeigen, spricht die Ministerin allen Ernstes nur davon, dass nun eine bundesweite Diskussion geführt werden sollte. Das ist an Dreistigkeit gegenüber unseren engagierten Lehrkräften, unseren Schülerinnen und Schülern und deren Eltern nicht zu überbieten, die unter der jetzigen Situation leiden.»
Der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte (VNL) warnte, der Personalmangel an den Schulen gefährde die Zukunft der Schülerinnen und Schüler. VNL-Chef Torsten Neumann begrüßte Hamburgs Plan, verstärkt Unterstützungspersonal einzustellen. Die Lehrkräfte müssten endlich wieder zum Unterrichten kommen. Allerdings sei auch der Arbeitsmarkt für Zusatzpersonal leergefegt, gab Neumann zu bedenken.
Der Verbandschef verwies zudem auf mittlerweile größere Klassen durch den Zuzug der Ukraine-Flüchtlinge. Das steigere die Belastungen an den Schulen nochmals. Ministerin Hamburg stehe somit vor einer «Quadratur des Kreises», erklärte Neumann.
Hamburg hatte das Amt der Kultusministerin Anfang November von Grant Hendrik Tonne (SPD) übernommen.