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Pflegebranche in Niedersachsen «extrem unter Druck»

Hunderttausende Menschen in Niedersachsen sind auf Pflege angewiesen, Tendenz steigend. Pflegeanbieter suchen deshalb händeringend nach Personal. Gemeinsam mit der Branche will die Landespolitik für Entlastung sorgen. Viele Fragen sind aber noch offen.
Pflege
Eine Pflegefachkraft hilft in der ambulanten Pflege einer Frau beim Umsetzen. © Sebastian Gollnow/dpa/Symbolbild

Angesichts der angespannten Lage in der Pflege wollen Niedersachsens Landesregierung und die Branche gemeinsam nach Wegen zur Entlastung suchen. Vier Jahre nach dem Beginn der sogenannten Konzertierten Aktion Pflege Niedersachsen (KAP.Ni) stellte Sozialminister Andreas Philippi (SPD) am Dienstag einen neuen Zehn-Punkte-Plan vor. Wie genau dieser umgesetzt werden soll, ist allerdings in vielen Fragen noch offen. Für den Abbau von Bürokratie etwa soll zunächst ein Projektdesign entwickelt, für neue Arbeitszeitmodelle eine Arbeitsgruppe eingeführt werden.

«Es geht darum, die Attraktivität des Berufes zu steigern», sagte Philippi. Denn während die Zahl der Pflegebedürftigen rasant wächst, sind Mitarbeiter, die sich um die Menschen kümmern, schwer zu finden.

Waren im Jahr 2019 noch rund 456.000 Menschen in Niedersachsen pflegebedürftig, sind es zwei Jahre später bereits knapp 543.000 gewesen - ein Anstieg um fast 20 Prozent. Die Zahl der Pflegekräfte stieg im selben Zeitraum hingegen nur um knapp 4 Prozent auf rund 143 000 Beschäftigte. Versorgt werden die allermeisten Pflegebedürftigen (83 Prozent) zu Hause, davon mehr als die Hälfte ausschließlich von Angehörigen.

«Das System ist extrem unter Druck», sagte Hans-Joachim Lenke, Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen. Viele Fachkräfte verließen den Beruf, weil die Arbeitsbelastung zu hoch sei, sagte Verdi-Landeschefin Andrea Wemheuer. Und Insolvenzen und Schließungen von Pflegeeinrichtungen gebe es mittlerweile «gefühlt täglich», sagte Thorsten Meilahn vom Bundesverband privater Pflegeanbieter.

Die Pflegenden seien ausgelaugt, auch durch die Corona-Jahre, räumte Minister Philippi ein. Dem Personal gehe es dabei nicht in erster Linie um mehr Geld, sondern etwa um eine verlässliche Planung von Diensten und freien Tagen. Außerdem führe die Bürokratie derzeit dazu, dass für ein warmes Wort oder einen Kaffee mit den Pflegebedürftigen keine Zeit mehr bleibe.

Mit der Konzertierten Aktion Pflege will die Landesregierung gegensteuern. Gemeinsam mit Wohlfahrtsverbänden, Pflegeanbietern, Pflegekassen, Pflegekräften und Kommunen ist das Ziel, Entlastung für alle Beteiligten zu schaffen - also Pflegekräfte, Pflegebedürftige und pflegende An- und Zugehörige.

Ein Baustein dafür könne eine einjährige Ausbildung zur Pflegeassistenz sein, forderte Meilahn. Das sei eine Ausbildung, die es in allen anderen Bundesländern bereits gebe. Entsprechende Modelle sollen nun, so steht es im Zehn-Punkte-Plan, auch in Niedersachsen geprüft werden. Denn trotz Bedenken mit Blick auf die Qualität der bisher in der Regel zweijährigen Ausbildung sagte auch Minister Philippi: «Wir brauchen auch helfende Hände.»

Der Opposition geht das zu langsam. «Die Einführung der ab dem ersten Tag vergüteten einjährigen Pflegehelfer-Ausbildung wäre ein Anfang, um schnell Abhilfe zu schaffen», sagte CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner. «Anstatt an den hohen Anforderungen festzuhalten, sollte Minister Philippi jetzt endlich vom Reden ins Handeln kommen.»

Darüber hinaus werde auch eine schnellere Zuwanderung von ausländischen Fachkräften benötigt, forderte Vera Lux, Vorsitzende des Niedersächsischen Pflegerats. Denn entscheidend sei für die Pflege am Ende ein angemessener Betreuungsschlüssel. Auf eine Pflegekraft dürften also nicht zu viele Pflegebedürftige kommen.

Fortschritte wurden den Aktionspartnern zufolge bereits bei der Bezahlung der Pflegekräfte erzielt. Seit September 2022 müssen Pflegeeinrichtungen ihr Personal nach Tarif beziehungsweise gemäß kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen bezahlen. Fälle, in denen Einrichtungen keine Zulassung erhielten, weil sie sich nicht daran halten, sind dem Sozialministerium nicht bekannt.

© dpa
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