Das Anwerben von Lehrkräften gestaltet sich weiterhin schwierig: Niedersachsen sucht für das neue Schuljahr noch rund 500 Lehrerinnen und Lehrer. Aktuell gebe es 1735 Einstellungsmöglichkeiten zum 14. August 2023, teilte das Kultusministerium in Hannover auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Bislang seien 1200 Lehrkräfte für eine Stelle ausgewählt worden, unter ihnen 49 Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger. Zum 1. Februar 2023 waren nach Daten des Ministeriums von mehr als 1300 ausgeschriebenen Stellen knapp 300 unbesetzt geblieben.
Wegen des Lehrkräftemangels fallen an vielen niedersächsischen Schulen Unterrichtsstunden aus, teilweise können bestimmte Fächer vorübergehend gar nicht oder nur mit weniger Stunden unterrichtet werden. Die sogenannte Unterrichtsversorgung lag Anfang September 2022 bei 96,3 Prozent - dies war der niedrigste Wert seit Beginn der Erfassung vor 20 Jahren. Wie der Wert in diesem Jahr aussehen werde, bleibe abzuwarten, sagte eine Ministeriumssprecherin. «Tatsache ist aber: Wir haben bundesweit einen großen Fachkräftemangel, der nicht nur den Bereich Schule tangiert.»
Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) hatte Ende 2022 gesagt, dass der Lehrkräftemangel noch mindestens zehn Jahre andauern werde. Der Bildungsgewerkschaft GEW zufolge fehlen den niedersächsischen Schulen rund 10.000 Beschäftigte, davon etwa 7000 Lehrkräfte. Zuletzt arbeiteten an den allgemeinbildenden Schulen rund 70.000 Lehrkräfte.
20 Millionen Euro werden nach Angaben des Kultusministeriums zur Verfügung gestellt, um Verträge von Schulbeschäftigten im Rahmen des Programms «Startklar für die Zukunft» bis zum Jahresende zu verlängern. Bei dem Programm geht es eigentlich um die Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie.
Ein weiterer Baustein sind demnach befristete Einstellungen. Beschäftigt werden können Lehrkräfte, die eigentlich schon in Pension sind sowie Lehramts-Studierende. Für das erste Schulhalbjahr 2023/2024 stehen der Ministeriumssprecherin zufolge Mittel bereit, die 200 Vollzeitstellen entsprechen. Von diesen seien bisher Verträge im Umfang von 106 Vollzeitstellen abgeschlossen worden, hieß es.
Die Unterrichtsversorgung in Niedersachsen sei weiterhin sehr angespannt, betonte Torsten Neumann, Vorsitzender des Verbandes Niedersächsischer Lehrkräfte (VNL). Dies gelte vor allem für nicht-gymnasiale Schulen der Sekundarstufe I, aber auch für Grundschulen.
Neumann schlägt vor, Lehrkräfte aus Behörden in die Schulen zurückzuholen. «Man kann nicht als Kultusministerium unzählige Ämter mit Lehrern versehen, die dann in der Schule fehlen», sagte der Verbandsvorsitzende. Auch Abordnungen von allen Schulformen seien notwendig, «um die Misere für alle erträglich zu halten». In diesen Fällen wird zum Beispiel ein Gymnasiallehrer vorübergehend an eine Grundschule geschickt.
Die rot-grüne Landesregierung will zudem unter anderem die Bezahlung von Grund-, Haupt- und Realschullehrern auf das Niveau von Gymnasiallehrern anheben, um den Beruf attraktiver zu machen. Dies haben andere Bundesländer bereits umgesetzt. «Abwanderungen finden immer noch statt, weil die Umsetzung von A13 für alle noch auf sich warten lässt», kritisierte Neumann.
Dem widersprach die Ministeriumssprecherin. Ihr zufolge konnte der jetzige Besetzungsgrad der Stellen unter anderem auch durch rund 170 Bewerbungen aus anderen Bundesländern erreicht werden.