Kasernen sollen Sammelunterkünfte für Geflüchtete werden

Jahrelang sollten Asylbewerber möglichst dezentral untergebracht werden, weil dies die Integration fördert. Doch angesichts der Wohnungsknappheit ist dies nicht mehr möglich. Wie kann das Land die Kommunen unterstützen?
Ein Mann hält einen ukrainischen Reisepass in der Hand. © Jens Büttner/dpa/Symbolbild

Angesichts der steigenden Zahl an Schutzsuchenden in Niedersachsen will das Land weitere Sammelunterkünfte schaffen. Derzeit wird laut Innenministerium unter anderem geprüft, ob Kasernen in Cuxhaven und Delmenhorst von der Größe her als Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes in Betracht kommen. Die Situation in den Kommunen sei sehr ernst und sehr belastet, sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) am Donnerstag. «Da ist vieles am Limit.»

Hintergrund ist die große Zahl an Kriegsvertriebenen aus der Ukraine sowie Asylsuchenden aus anderen Ländern. Im Vergleich zur Flüchtlingskrise 2015/2016 sei aktuell die Situation auf dem Wohnungsmarkt weit angespannter, dazu kämen noch Energiekrise und Inflation, erläuterte Pistorius.

«Wer werden diese Herausforderungen gemeinsam bewältigen», betonte der Innenminister nach einem Gespräch mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände und einiger Hilfsorganisationen in Hannover. Die niedersächsischen Kommunen hatten sich nach einem Treffen von Bund und Ländern zum Flüchtlingszuzug zwei Tage zuvor zunächst enttäuscht gezeigt - auch weil keine finanziellen Zusagen gemacht worden waren.

Wegen der angespannten Lage müsse sich das Land vorübergehend vom Anspruch der dezentralen Unterbringung von Geflüchteten in Wohnungen verabschieden, sagte Pistorius. In den Sammelunterkünften werde aber das besondere Schutzinteresse von alleinreisenden Frauen und Kindern berücksichtigt, betonte der SPD-Politiker, der nach eigener Aussage auch in einer neuen Regierung Innenminister bleiben möchte. Etwa die Hälfte der Kommunen hat laut Pistorius bereits Sammelunterkünfte eingerichtet, zum Beispiel in Sportstätten oder Stadthallen.

Der Präsident des Niedersächsischen Städtetages, Frank Klingebiel (CDU), betonte, dass den Geflüchteten auch Teilhabe ermöglicht werden müsse, das bedeute «Kita, Schule, Arbeit, Sprache». Der Oberbürgermeister von Salzgitter sagte, bei Kita und Schule sei seine Stadt schon am Limit, auch andere seien am Limit. «Wir haben keine Kapazitäten mehr.» Klingebiel appellierte an die Bundesregierung mit Blick auf weitere Kriegsvertriebene: «Wir brauchen europäische Verteilmechanismen.»

Der Vorstandsvorsitzende des DRK-Landesverbands Niedersachsen, Ralf Selbach, sicherte die Unterstützung der Hilfsorganisationen bei der Einrichtung und dem Betrieb weiterer Sammelunterkünfte zu. «Was wir brauchen, ist Planungssicherheit», betonte Selbach. Auch ein gewisser Vorlauf sei notwendig. Es gehe zum Beispiel darum, möglichst früh Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die jetzt noch in Corona-Impfteams tätig seien, neue Verträge in der Flüchtlingshilfe anzubieten. Viele Aufträge für Impfteams laufen zum Jahresende aus.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar sind laut Innenministerium etwa 105.000 Menschen aus der Ukraine nach Niedersachsen geflüchtet, davon sehr viele Frauen und Kinder. Nach Pistorius Angaben sind daneben etwa 115.000 Asylbewerber aus verschiedenen Ländern angekommen.

© dpa
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